32.Kapitel

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Der Flughafen war überfüllt, es war laut und obwohl ich meine Musik schon fast auf Anschlag hochgedreht hatte, konnte ich noch immer die ganzen Hintergrundgeräusche wahrnehmen. Ich seufzte genervt auf und hoffte, dass Dennis nicht allzu lange brauchen würde.

Es dauerte eine gefühle Ewigkeit, bis ich Dennis inmitten der Menschen ausmachen konnte. Er trug einen schwarzen Hut, blaue Jeans und ein lockeres Hemd, seine Haut war gebräunt und er lief wie immer mit seinem typischen, idiotischen Grinsen durch die Gegend. Ich stand auf und er begann noch breiter zu grinsen als er mich sah, dann hielt er vor mir an.

»Lange nicht gesehen«, meinte er nur und obwohl es stimmte, fühlte es sich dennoch so vertraut an, als wäre er nie weggewesen. Machte das nicht eine gute Freundschaft aus? Auch nach einer so langen Zeit noch immer so gut befreundet zu sein, als hätte es diese Stille nie gegeben?

Wir gaben uns einen Handschlag zur Begrüßung, dann zog mich Dennis in eine sehr kurze, eher unbeholfene Umarmung. Wir beide waren nicht der Typ dafür uns mit irgendwelchen netten Worten aufzuhalten und normalerweise umarmten wir uns auch nicht – aber selbst wenn er es nicht aussprach wusste ich, dass er mir mit dieser Geste sagen wollte, dass er mich zumindest ein klein wenig vermisst hatte.

»Es ist so schön wieder hier zu sein«, meinte er nur, dann drückte er mir seine völlig überfüllte Sporttasche in die Hand, während er selbst seinen großen Koffer hinter sich herzog. Wir gingen zum Parkplatz, stopften die Sachen in den Kofferraum und er ließ sich dann auf meinen Beifahrersitz fallen.

»Ich habe genug Bier und Snacks für den Abend gekauft. Ich gehe mal davon aus, dass du die Nacht über bei mir bleibst«, meinte ich und er nickte.

»Musst du morgen nicht arbeiten?«

»Nein, du hast das wunderbare Glück, dass du genau dann wieder kommst, wenn ich die nächsten drei Tage frei habe, weil ich noch Überstunden abarbeiten muss.« Wieder grinste er, dann fuhren wir los. Ich musste Dennis gar nicht erst danach fragen, wie es in Australien gewesen war – er würde mir heute Abend genug erzählen und zwar so ausführlich, dass es mir so vorkommen würde als wäre ich selbst dort gewesen.

Ich würde es nie zugeben, aber ich hatte ihn schon ein wenig vermisst. Auch wenn ich die letzten Monate kaum an ihn gedacht hatte, da meine Gedanken einfach viel zu sehr mit Nate beschäftigt waren.

~~~

»Demnächst, wenn ich mal ein paar Wochen nach Australien fahre müssen wir unbedingt zusammen hin. Ich glaube es würde dir dort gefallen – es will dich zwar alles umbringen was dort auf der Erde kriecht und es ist ekelhaft heiß, aber es lohnt sich.« Dennis nahm noch einen kräftigen Schluck von seinem Bier, dann lehnte er sich zurück und schaute mich prüfend an.

»Und jetzt erzähl mal – wie ist es dir in dem Jahr ergangen? Ist etwas nennenswertes passiert?«, fragte er dann neugierig und ich seufzte.

»Eigentlich ist sogar eine ganze Menge passiert.« Er hob bei meinem ernsten aber irgendwie auch erschöpften Tonfall fragend eine Augenbraue. Dennis kannte mich immerhin schon seit der Schule und wusste eigentlich so ziemlich alles von mir, aber das würde jetzt auch für ihn neu sein.

»Ich habe jemanden kennengelernt...«

»Oh-uh.«

»...einen Mann.« Er klappte den Mund auf und senkte die Flasche Bier, musterte mich als wüsste er nicht genau was er darauf antworten sollte.

»Wirklich? Das überrascht mich jetzt doch. Ich dachte, ich kenne dich in und auswendig und dann überraschst du mich doch mit etwas neuem. Bist du schon mit ihm zusammen? Wie ist er so? Wo hast du ihn kennengelernt?« In Kurzform erzählte ich ihm die ganze Geschichte, als ich geendet hatte nahm er einen weiteren Schluck.

»Du bist ein Vollidiot, aber ich kann auch verstehen, warum es so lange gebraucht hat, bis du verstanden hast was in dir vorgeht. Ehrlich, wenn ich mich jetzt plötzlich zu einem Mann hingezogen fühlen würde, wüsste ich auch nicht wie ich damit umgehen sollte. Solange es noch einmal gut ausgegangen ist... stell ihn mir demnächst mal vor.« Ich nickte, dann trank ich meine Flasche Bier aus. Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile, dann beschlossen wir, langsam schlafen zugehen. Zwar musste ich morgen nicht arbeiten, aber der Schlafmangel der letzten Tage machte sich doch langsam bemerkbar und auch Dennis schien es so zu gehen, kein Wunder er kam ja aus einer ganz anderen Zeitzone.

Mir war klar gewesen, dass Dennis die Tatsache, dass ich einen Freund hatte einfach so hinnehmen würde. Er war schon immer sehr locker gewesen was so etwas anging und wir wären nicht schon so lange befreundet, wenn dem nicht so wäre.

Ich verschwand ins Schlafzimmer, wo ich mich schnell umzog und mich dann ins Bett fallen ließ. Immer wenn ich getrunken hatte wurde ich kuschelbedürftig und irgendwie kam mir jetzt der Gedanke, wie schön es wäre Nate neben mir liegen zu haben. Leider musste er arbeiten und hatte an dem Wochenende etwas vorgehabt, sonst hätte ich meine Zeit liebend gerne mit ihm verbracht.

Vielleicht ergab sich ja das nächste Mal die Gelegenheit mehrere Tage mit ihm zu verbringen...

Obwohl es schon recht spät war, griff ich nach meinem Handy und rief Nate an. Ich musste jetzt einfach seine Stimme hören.

»Ja?«, murmelte er verschlafen.

»Ich wollte deine Stimme hören«, sagte ich auch sofort und er gab ein Seufzen von sich, dann hörte ich wie er sich im Bett umdrehte.

»Hast du getrunken?«, fragte er dann.

»Nein.«

»Key...«

»Okay, vielleicht ein bisschen. Ich habe morgen frei, da sollte das kein Problem sein. Ich weiß, es ist spät aber ich wollte dich einfach anrufen.« Nate seufzte.

»Kannst du nicht schlafen?«

»Nein, ich muss ständig an dich denken.« Ich ließ den Satz mit Absicht so zweideutig klingen, was Nate nur mit einem amüsierten Schnauben kommentierte.

»Achja? Und was erwartest du jetzt von mir, wenn du mich mitten in der Nacht anrufst?«

»Ich... also...eigentlich nichts.«

»Sicher?«

»Ja... glaub schon.«

»Schade, ich hätte dir geholfen.« Ich hörte das Grinsen in seiner Stimme und es dauerte einen Moment, bis ich begriffen hatte, was genau er damit gemeint hatte.

»Oh... also...Nate!«, stammelte ich und er lachte.

»Vielleicht ein andermal. Gute Nacht.« Damit legte er auf und ich starrte mein Handy an.

Je länger ich mit ihm zusammen war, umso öfter sagte Nate Sachen, die man bei seinem gelangweilten Gesichtsausdruck niemals vermuten würde.

Ich war so was von erledigt sollte es je dazu kommen.               

Dark Shame (Boyslove)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt