18.Kapitel

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NATE

Mit einer absolut miesen Laune warf ich mich auf mein Bett und starrte mal wieder an die Decke, als wäre sie äußerst interessant. Ich war frustriert, sauer auf mich selbst und wünschte mir die Zeit zurückdrehen zu können. Trotz der jetzigen Situation bereute ich es nicht Key geküsst zu haben – für mich hatte es sich mehr als nur richtig angefühlt, und die Tatsache dass ich bemerkt hatte dass er gezögert hatte mich zurückweisen hatte ich mir auch nicht einfach nur eingebildet – aber ihn so damit überrumpelt zu haben war eine ganze andere Sache. Kein Wunder, dass er dann ständig in meiner Gegenwart zusammengezuckt war und mit den Gedanken ganz woanders hing, nicht mehr bemerkte was um ihn herum passierte. Natürlich hatte auch er jetzt jede Menge Dinge im Kopf, über welche er in Ruhe nachdenken musste und Zeit brauchte um das alles erst einmal zu verarbeiten. Vermutlich wusste er nicht, wie er sich mir gegenüber jetzt verhalten sollte ohne dabei meine Gefühle zu verletzten, was ich ihm auch nicht übel nehmen konnte. Selbst wenn ich mich sonst immer so gut beherrschen konnte, diesmal hatten meine Bremsen komplett versagt und in diesem Moment hatte ich alles an Selbstkontrolle hatte über Bord geworfen und somit Dinge überstürzt, die ich lieber langsam hätte angehen oder gar nicht erst geschehen lassen sollte. Das Resultat war von Anfang an klar gewesen und selbst wenn meine Gefühle plötzlich die Oberhand gehabt hatten und ich ihm unbedingt zeigen wollte wie es in meinem Inneren aussah und was er in mir für Emotionen auslöste, hätte ich wesentlich elegantere Wege wählen können um ihm das mitzuteilen.

Jetzt hatte ich vielleicht unsere Freundschaft zerstört, ganz toll gemacht Nate, dafür verdienst du einen Preis.

Frustriert seufzend drehte ich mich auf die Seite und schloss meine Augen.

Wann war es das letzte Mal, dass mich jemand so durcheinander gebracht hatte, dass ich tagelang darüber nachdenken musste? Dass ich sogar meine Selbstbeherrschung verlor? Ich war kein Jugendlicher mehr, der sich Hals über Kopf in jemanden verliebte und dann der festen Überzeugung war, die Liebe seines Lebens gefunden zu haben und nie wieder jemanden zu finden, der vergleichbar wäre. Ich war zu realistisch für eine solche Denkweise, aber es war eine unbestreitbare Tatsache, dass Key es geschafft hatte schon in kürzester Zeit Gefühle in mir auszulösen, die lange nicht dagewesen waren. Ohne es zu wollen hatte er mich um den Finger gewickelt und in seinen Bann gezogen und das wesentlich schneller als ich für möglich gehalten hatte. Normalerweise tat ich mich immer recht schwer mich in jemanden zu verlieben, aber diesmal... als wäre das eine billige Romanze, ich erkannte mich selbst kaum wieder.

Von Anfang an war ich fasziniert von ihm gewesen, einfach weil er einen gänzlich so anderen Lebensstil hatte, dass ich mehr darüber erfahren wollte. Niemals hätte ich geglaubt mich in ihn zu verlieben... und vor allem auch nicht, dass es so weh tun würde von ihm zurück gewiesen zu werden.

Es war natürlich nicht das erste Mal, dass mich jemand, für den ich anfing Gefühle zu entwickeln, zurück wies – wenn man schwul war passierte das nicht gerade selten – aber normalerweise versetzte es einem zwar einen Stich, aber wenn man sich wieder beruhigte und sich damit abfand, war es meistens nach einigen Tagen oder Wochen wieder verschwunden.

Bei Key hatte ich allerdings das Gefühl, dass ich es nicht so schnell hinter mir lassen konnte. Jemand besonderen wie ihn traf man so schnell nicht wieder und das war auch der Grund warum ich trotzdem weiterhin mit ihm befreundet bleiben wollte, ob das nun dumm war oder nicht. Ich würde schon über ihn hinweg kommen, dass hatte ich auch bei anderen geschafft.

»Nate?« Alina platzte ins Zimmer, wie immer ohne anzuklopfen und schaute mich dann mit hochgezogener Augenbraue an. Normalerweise hätte ich ihr jetzt genervt einen Vortrag darüber gehalten, dass sie nicht ohne anzuklopfen reinkommen sollte, aber dazu fehlte mir die nötige Energie. Eigentlich war ich sogar ziemlich froh über diese Störung, sie unterbrach mich in meinen doch eher negativen Gedanken und verhinderte, dass ich mir, zumindest vorerst, noch weiter den Kopf darüber zerbrechen konnte.

»Ja?« Ich richtete mich im Bett auf und sie schaute mich verwirrt an, es kam selten vor, dass ich so ruhig reagierte obwohl sie in mein Zimmer platzte.

»Mom meinte du sollst runter kommen. Es gibt Essen.« Ich warf einen Blick auf die Uhr, es war wirklich schon spät, das hatte ich gar nicht bemerkt.

»Ich komme gleich.« Sie schloss die Tür wieder hinter sich, wobei sie mir noch einen verwunderten Blick zu warf.

Mit einem Seufzen stand ich auf und ging die Treppe nach unten. Ich sollte mich nicht so gehen lassen und meine Gefühlswelt langsam wieder auf die Reihe bekommen.

»Da bist du ja endlich Schatz. Deckst du bitte den Tisch?«, fragte meine Mutter, die gerade damit beschäftigt war die letzten Kleinigkeiten zu erledigen. Sie war eine gute Köchin, hatte auch deutlich viel Spaß beim kochen und probierte immer wieder neue Dinge aus, die jedes Mal aber auch fantastisch schmeckten.

»Du siehst etwas blass aus. Ist alles okay?«, fragte sie dann besorgt, hielt in ihrer Tätigkeit inne und schaute mich mit diesem Blick voller mütterlicher Fürsorge an, dass ich einmal mehr dankbar darüber war dass sie meine Mutter war.

»Die Arbeit ist nur sehr stressig«, gab ich meine Standardanwort der letzten Wochen zurück und sie schien sich, zumindest für den Moment, damit zufrieden zu geben.

 Ich sollte Key dringend aus meinem Kopf verbannen.


Mit diesem Kapitel habe ich mich sogar recht schwer getan, es hat etwas gedauert es zu schreiben... aber dafür sind die nächsten drei Kapitel schon geplant und je nachdem wie viel Zeit ich habe, werde ich so schnell wie es geht daran schreiben. 
Was für einen Beruf glaubt ihr, hat Nate eigentlich?

Dark Shame (Boyslove)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt