»Du wirkst heute anders als sonst. Ist wirklich alles okay bei dir?«, fragte Nate, schon zum zweiten Mal an diesem Tag und ich zuckte kurz zusammen, ehe ich antwortete.
»Nein. Alles okay, wirklich.« Dabei war absolut gar nichts okay. Ich wollte es ihm so sehr sagen, aber traute mich einfach nicht die wenigen Worte auzusprechen.
Ich war eben doch ein Feigling.
»Wenn du willst können wir deinen Lieblingsanime zusammen anschauen. Ich habe das Gefühl, es würde dir jetzt gut tun«, meinte Nate dann und ich atmete aus. Ich wusste, dass er Anime zwar nicht komplett ablehnte, aber normalerweise nicht wirklich welche schaute. Trotzdem war ihm bewusst, dass ich gerade aufgeregt oder nervös war und er wollte mir etwas gutes damit tun, da er wusste welche Wirkung es auf mich haben würde, wofür ich sehr dankbar war.
Konnte er eigentlich noch attraktiver auf mich wirken?
Während wir uns die ersten Folgen meines Lieblingsanimes ansahen, rutschte ich gefährlich Nahe an Nate heran, diesmal allerdings nicht unbewusst sondern mit voller Absicht. So viel zum Thema dass diese unterschwelligen Andeutungen bescheuert waren... jetzt tat ich genau das, was ich selbst für so dumm hielt. Ich wünschte mir sogar, dass er jetzt seinen Arm um meine Schulter legen und mich an sich ziehen würde...
Ich mutierte zum 13 Jährigen Mädchen. Hilfe!
Sag es ihm doch einfach!, flüsterte die Stimme in meinem Kopf, die ich versuchte zu ignorieren. Wieso war sie nur so penetrant und nervig? Jetzt war definitiv nicht der richtige Moment dafür.
Ich schaffte es irgendwann mich doch auf den Anime zu konzentrieren was gut war. Wie Nate es vorausgesagt entspannte ich mich tatsächlich etwas. Nate schien es sogar zu gefallen, denn er schaute konzentriert auf den Bildschirm und schien sich zu amüsieren. Erleichtert atmete ich aus.
Wir schauten die Hälfte der ersten Staffel, dann wurde es langsam spät und wir beschlossen aufzuhören, bevor wir noch die ganze Staffel zu Ende schauten und Nate bei mir übernachten musste. Nicht, dass ich etwas dagegen hätte.
»Es tut mir leid, dass du den Tag jetzt Anime schauend mit mir verbringen musstest, wenn du eigentlich etwas anderes vor hattest. Es hat aber geholfen, es geht mir wirklich etwas besser«, meinte ich entschuldigend und Nate zuckte nur mit der Schulter.
»Ich fand den Anime sogar ganz gut... lass ihn uns das nächste Mal weiter schauen. Es ist auch nicht schlimm, dass meine Pläne heute ins Wasser gefallen sind, im Gegenteil ist vielleicht auch besser so.«
»Was hattest du denn vor?«, fragte ich und er seufzte.
»Tony wollte mal wieder mit mir feiern gehen, er ist in letzter Zeit ständig in Feierlaune. Allerdings bin ich nicht mehr so wie früher sondern mir geht das mittlerweile eigentlich nur noch auf die Nerven. Insbesondere, weil ich genau weiß er macht das nur, weil er entweder versucht mich nach meinem gescheiterten Date mit jemandem zu verkuppeln oder will, dass ich irgendjemanden kennenlerne«, meinte er und ich schluckte, spürte ein eigenartiges Gefühl in mir aufsteigen. Das war nicht die Antwort gewesen, die ich gerne hätte hören wollen. Ohne es zu wollen ließ ich das Gefühl in mir die Kontrolle übernehmen und begann zu reden, wobei ich wie ein trotziges, eifersüchtiges Kind klang.
»Weißt du Nate, es gefällt mir nicht, wenn du feiern gehst um jemanden kennenzulernen oder ein Date hast. Ich weiß dass du ein erwachsener Mann bist der tun und lassen kann was er will, aber es stört mich einfach und macht mich total krank. Die Vorstellung verursacht ein unangenehmes Gefühl in meinem Inneren und ich beginne mir die schlimmsten Szenarien auszumalen. Zum Beispiel wie du jemand anderen küsst, ihn liebevoll ansiehst, umarmst, mit ihm flirtest... oder sogar noch einen Schritt weiter gehst. Wenn du dich verliebst und mit jemand anderem solche...« Weiter kam ich nicht, denn in dem Moment hatte Nate meinen Kopf zur Seite gedreht und küsste mich sanft, ehe er mit einem Lächeln von mir abließ. Ich merkte wie ich rot anlief. Was hatte ich mir bei diesem kindischen Gefühlsausbruch nur gedacht? Das klang ja fast, als wollte ich Nate nur für mich alleine haben...
»Ich liebe dich auch«, meinte er dann und ich klappte den Mund erst ein paar Mal hilflos auf und zu, ehe ich in der Lage war zu antworten.
»Ich... ich habe nicht gesagt, dass ich dich liebe...«, murmelte ich verlegen.
»Ich habe einfach zwischen den Zeilen gelesen. Liege ich etwa falsch?«
»Nein... tust du nicht.« Er wuschelte mir durch die Haare, dann stand er auf.
»Ich rauche noch eine, dann fahre ich nach Hause. Leistest du mir noch ein wenig Gesellschaft?«, fragte er und ich sprang sofort auf.
»Natürlich.«
Wir gingen nach unten und setzten uns wie auch das letzte Mal auf die Treppe vor der Eingangstür. Er steckte sich seine Zigarette an, nahm einen kräftigen Zug und schaute mich dann sehr ernst an.
»Bevor wir eine Beziehung eingehen möchte ich ein paar Dinge klar stellen«, begann er und seine Stimme klang so ernst, dass es bei mir ein richtiges Schaudern auslöste.
»Wenn das für dich nur ein Experiment ist, weil du neugierig bist wie es ist mit einem Mann zusammen zu sein und du keine ernsthaften Gefühle für mich hast, dann schlag dir das alles sofort aus dem Kopf. Ich werde keine Beziehung mit dir eingehen, wenn du es nur aus einer Laune heraus ohne echte Gefühle ausprobieren willst. Solltest du es ernst meinen und mit mir zusammen sein wollen, weil du doch etwas für mich empfindest, will ich das du weißt, dass ich manchmal sehr schwierig sein kann.«
Ich nickte, dann atmete ich geräuschvoll aus.
»Ich mag dich Nate. Mehr als nur einen normalen Freund und ich weiß auch, dass es dir sicher schwer fällt mir zu glauben, immerhin habe ich dich bereits zweimal abgewiesen, weil ich meine eigenen Gefühle nicht verstanden habe. Ich könnte es verstehen, wenn du mir nicht glauben würdest... sind wir mal ehrlich, mir würde das auch schwer fallen und ich hätte meine Zweifel daran. Eigentlich hätte ich eine Ablehnung von dir sogar verdient, immerhin habe ich dich verletzt nur weil ich ein Vollidiot war. Die ganzen letzten Wochen habe ich darüber nachgedacht, wie ich dir glaubhaft meine Gefühle zeigen kann... ich habe sogar meine Mangasammlung durchgewühlt, obwohl ich genau weiß wie unrealistisch sie sind... und am Ende habe ich mich nicht einmal getraut überhaupt etwas zu sagen, weil ich nicht wusste wie und ich Angst vor deiner Reaktion hatte. Dabei wäre es jetzt an mir gewesen mich zu bemühen und dir zu zeigen wie ernst ich es mit dir meine und jetzt hast du doch wieder den ersten Schritt gemacht...Ich komme mir so dumm vor, dass ich nicht einmal das geschafft habe. Ich würde niemals eine Beziehung mit dir eingehen, wenn ich es nicht auch so meinen würde, aber es ist schon schwer für mich mir erst einmal wirklich einzugestehen und mir bewusst zu werden, dass du ein Mann bist. Daher nimm es mir bitte nicht übel, wenn ich Zeit brauche bis wir zu bestimmten... Dingen in unserer Beziehung kommen. Wenn es für dich kein Problem ist und du mich trotzdem noch willst, auch wenn ich so ein Vollidiot war, dann würde ich gerne mit dir zusammen sein.« So viel am Stück hatte ich lange nicht mehr gesagt und ich traute mich nicht Nate anzusehen. Wie peinlich war meine Rede denn nur gewesen? Er musste sonst etwas von mir denken.
»Key, ganz ehrlich... du liest viel zu viele Manga. Du hättest mir nicht so eine lange Rede halten müssen damit ich dir glaube und ich habe auch nicht vor dich jetzt sofort flachzulegen, wie es in Boyslove Manga der Fall ist. Deine Worte freuen mich aber trotzdem sehr, also lass es uns miteinander versuchen.« Erleichtert atmete ich aus, ich hatte gar nicht bemerkt, wie ich die Luft angehalten hatte.
Nate trat seine Zigarette aus, dann beugte er sich zu mir. Er küsste mich nicht, vermutlich weil wir draußen waren, also lächelte er mich nur an und wuschelte mir durch die Haare, ehe er aufstand.
»Wir sehen uns«, meinte er und ich stand ebenfalls auf.
»Schreib mir bitte!«, sagte ich noch schnell, bevor er Richtung Motorrad ging.
»Natürlich.«
Das Kapitel ist diesmal etwas länger als sonst, aber ich wollte es so gut wie möglich rüber bringen.
An die Animefans unter euch: Was ist denn euer Lieblingsanime?
Bei mir ist es schwer zu sagen, da ich mich nie so ganz entscheiden kann, aber meine Top 3 wären im Moment My Hero Academia, Jojo's Bizarre Adventure und Katekyo Hitman Reborn.
DU LIEST GERADE
Dark Shame (Boyslove)
Roman pour AdolescentsKey ist ein Otaku, wie er in sämtlichen Klischee Büchern anzutreffen ist: Regale voller Manga, Figuren und Merchandise, seine Freizeit verbringt er zum Großteil mit Anime schauen. Er kennt sich in den Genren welche er mag aus, ist oft das "Animelexi...