NATE
Neben dem Menschen aufzuwachen, den man über alles liebte, wurde generell immer viel zu sehr überbewertet. Natürlich freute man sich, wenn das Erste, was man morgens sah, das Gesicht von demjenigen war, den man liebte, aber man gewöhnte sich nach einer gewissen Zeit daran und es hörte auf etwas besonderes zu sein. Mittlerweile hatte ich ihn so oft beim Schlafen beobachtet, dass sich jeder Zentimeter seines Gesichtes in mein Gehirn gebrannt hatte und ich mir sicher war, es nicht zu vergessen – genauso kannte ich mittlerweile sowohl seine Schlafgewohnheiten, wie auch sämtliche andere Angewohnheiten, die er hatte. Zum Beispiel schlief er immer auf der linken Betthälfte und immer sehr nah an der Kante, er hatte immer eine Flasche Wasser neben seinem Bett stehen, weil er direkt vor dem Schlafen gehen, wenn er sich gerade hinlegte immer einen Schluck trank. Er aß immer den Rand des Brotes zuerst, ehe er die Mitte aß, er süßte seinen Tee mit genau einem Teelöffel Zucker, seinen Kaffee trank er immer mit Milch, nie mit Zucker... Ich könnte diese Liste ewig fortsetzen, aber das war zu viel des Guten.
Mit Key zusammen zu sein fühlte sich gut an – ich merkte, wie er mir nach nach immer mehr entgegen kam und sein Herz öffnete. Man sah ihm an, dass er sich ebenfalls Gedanken darum machte unsere Beziehung langsam auch ins körperliche gehen zu lassen. Mir waren seine Blicke nicht entgangen die er mir nun immer häufiger zu warf und ich wusste, dass er mich durchaus anziehend fand. Allerdings wusste ich auch, wie sehr einem die Tatsache verängstigen konnte, dass man jemandem vom selben Geschlecht plötzlich mochte, obwohl es vorher nie so gewesen war.
Ich erinnerte mich an die Zeit zurück, als ich begann mich selbst und meine Sexualität in Frage zu stellen. Es war nicht so wie in den Boyslove Manga die Key las (und von denen ich heimlich auch einmal den ein oder anderen gelesen hatte um einen Eindruck davon zu bekommen, welche Vorstellung von einem schwulen Paar Key eigentlich hatte) und es es war definitiv nicht mit der Realität zu vergleichen. Es dauerte wesentlich länger, bis man begann sich selbst zu akzeptieren. Natürlich gab es auch Leute, die ohne mit der Wimper zu zucken sofort hinnahmen dass sie auf Männer standen und es keinerlei Problem für sie darstellte, doch es ging nicht allen Menschen so.
Es war auch nichts, was man ganz plötzlich feststellte. Man geht nicht eines Tages in die Schule und denkt sich: „Scheiße, ich stehe auf Typen!" sondern es ist ein langsamer Prozess, man versucht zuerst Ausreden zu finden, verleugnet seine eigenen Gefühle und das so lange, bis man an den Punkt ankommt wo man merkt, dass es nichts mehr bringt sich selbst zu belügen.
Und dann hatte man ein weiteres Problem: Was machte man jetzt?
Ich hatte damals ewig gebraucht, um mich mit dem Gedanken wirklich anzufreunden –ich konnte mich noch gut daran erinnern, wie ich meinen Laptop panisch und mit rotem Kopf zugeschlagen hatte, als ich „recherchierte" wie genau es zwischen zwei Männern funktionierte. Damals hatte ich nicht geglaubt, jemals dazu in der Lage zu sein... und daher konnte ich gut nachvollziehen, dass Key eine Weile brauchte um sich dem wirklich bewusst zu werden, wie es eigentlich weiter ging. Aber wir waren auf einem guten Weg dahin –es bereitete mir Freude zu sehen, dass er darüber nachdachte. Mir entgingen seine fast schon sehnsüchtigen Blicke nicht, wenn wir gemeinsam unter der Dusche standen oder ich mich gerade umzog...Manchmal war es wirklich schwer sich zurück zu halten.
Key neben mir begann sich nun zu regen, gab ein leises Murmeln von sich und schlug dann gähnend die Augen auf.
»Morgen«, murmelte er verschlafen, dann kämpfte er sich aus seiner Bettdecke frei um mir einen Kuss zu geben.
»Soll ich dir Frühstück machen? Wie ich dich kenne willst du sicher noch eine Weile liegen bleiben.«
»Manchmal zweifel ich daran, ob du wirklich echt bist. In welcher Parallelwelt gibt es denn jemanden, der mir fast jeden Tag Frühstück macht nur damit ich weiterhin faul liegen bleiben kann? Und dazu noch so geduldig mit mir ist?«, meinte Key nur und ich wuschelte ihm durch die Haare.
»Ich will dir einfach nur etwas gutes tun. Und wer weiß – vielleicht erwarte ich ja irgendwann eine Gegenleistung von dir«, sagte ich mit einem eindeutigen Grinsen, ehe ich mich in die Küche begab.
Zu meiner Überraschung dauerte es diesmal nicht lange, bis Key ebenfalls erschien, sich eine Tasse Kaffee eingoss und sich an den kleinen Küchentisch setzte.
Ich hatte gerade alles fertig gemacht, als ich spürte wie mein Handy in der Hosentasche dauerhaft vibrierte. Vermutlich war es die Gruppe –seufzend las ich die Nachrichten. Anscheinend hatten sie sich entschieden, wann sie sich wieder treffen wollten... und das war genau das Wochenende, wo ich (mal wieder) etwas mit Key geplant hatte. Schnell tippte ich meine Antwort, die beinahe sofort von Tony mit einem: „Dann nimm ihn doch einfach mit" kommentiert wurde.
Eigentlich keine so schlechte Idee.
»Sag mal Key?«
»Hmh?«
»Hättest du etwas dagegen, meine Motorradgruppe mal zu treffen?«
»Nein, eigentlich nicht«, sagte er dann zu meiner großen Überraschung und ich stimmte schnell dem Treffen zu. Das würde bestimmt lustig werden, immerhin hatte ich keinen von ihnen erzählt, dass ich wieder einen Freund hatte.

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Dark Shame (Boyslove)
Ficção AdolescenteKey ist ein Otaku, wie er in sämtlichen Klischee Büchern anzutreffen ist: Regale voller Manga, Figuren und Merchandise, seine Freizeit verbringt er zum Großteil mit Anime schauen. Er kennt sich in den Genren welche er mag aus, ist oft das "Animelexi...