24.Kapitel

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Es waren nun schon zwei Wochen seit dem Telefonat mit Nate vergangen. Zwar hatte ich mit ihm in der Zeit immer mal wieder geschrieben, aber ich hatte ihn nie auf das Date angesprochen.

Ich wusste nicht genau weshalb eigentlich, aber es interessierte mich brennend, wie sein Date gelaufen war. Bei anderen Freunden war es mir auch nicht wichtig: Zwar fragte man aus Neugier oder Höflichkeit mal nach, aber es war für mich immer unwichtig gewesen, wie ihre Antwort ausgefallen war. Zwar spielte bei Nate Neugier ebenfalls eine gewisse Rolle, aber der Gedanke daran, dass Nate etwas mit jemandem anfangen würde verursachte in meinem Inneren ein eher komisches Gefühl, was ich in der Form gar nicht kannte und nicht genau benennen konnte.

So dringend ich die Antwort auch haben wollte, gleichzeitig hatte ich unglaubliche Angst davor. Ich schien einfach nicht bereit für eine eventuell positive Antwort von Nate zu sein. Oder damit, dass er eine Beziehung eingehen könnte. Dabei wusste ich nicht einmal, was genau mich eigentlich so sehr daran stören würde, immerhin waren wir ja nur befreundet.

Ich hatte den ganzen Tag rumgelegen und Anime geschaut, gerade nahm ich mein Handy kurz in die Hand, mal wieder um zu überlegen ob ich Nate schreiben sollte oder nicht, als es genau in diesem Moment vibrierte. Sofort ging ich ran als ich Nates Namen auf dem Display sah.

»Hallo Key. Hast du heute vielleicht Zeit? Ich bin in der Gegend und dachte, dass wir uns ja mal wieder treffen könnten.«

»Klar gerne!« Meine Stimme überschlug sich fast vor Freude, was Nate einen kurzen Moment inne halten ließ.

»Gut, ich bin dann in einer Stunde bei dir.« Ich atmete erleichtert aus, dann legte ich auf. Nate hatte damals gesagt, er würde warten bis Gras über die Sache gewachsen war... war es womöglich jetzt so weit? Vielleicht weil sein Date so positiv verlaufen war und er jetzt jemanden andere hatte?

Der Gedanke gefiel mir absolut nicht, ich wollte nicht, dass er mich so schnell vergessen hatte. Wobei es auch schon zwei Monate her war seit seinem zweiten Liebesgeständnis, und in dieser Zeit konnte viel passiert sein.

Als Nate dann endlich klingelte sprang ich vom Sofa auf und rannte schon beinahe zur Tür, öffnete diese und blieb am Türrahmen gelehnt stehen um darauf zu warten bis er die Treppe nach oben kam, ganz als ob ich es kaum erwarten könnte ihn endlich zu sehen.

Er sah wie immer gut aus, mein Herz schien sogar bei seinem Anblick einen Sprung zu machen und ich spürte sofort wie Freude in mir aufstieg.

»Schön dich zu sehen«, meinte ich und meine Stimme klang unnatürlich hoch, was Nate nur mit einem Stirnrunzeln kommentierte.

»Alles okay bei dir?«

»Ja alles gut.« Die Frage nach dem Date brannte mir auf der Zunge, aber ich zögerte. Ich wollte diese Antwort, aber ich war mir nicht sicher wie bereit ich dafür war und ob ich sie überhaupt verkraften konnte, also schwieg ich.

Wir verbrachten einen Nachmittag wie jeden anderen zusammen. Gemeinsam über etwas reden, etwas anschauen... Es war entspannt und fühlte sich gut an, wäre da nur nicht diese Stimme in meinem Kopf, welche die ganze Zeit dazu drängte die Frage zu stellen.

Ich ignorierte sie wie immer, auch wenn sie es mir heute verdammt schwer machte.

»Ich denke ich gehe dann mal. Danke für den Nachmittag.«

»Rauchst du vorher noch eine? Wenn ja leiste ich dir etwas Gesellschaft«, sagte ich schnell und er schien einen Moment zu überlegen, dann nickte er.

Ich folgte ihm nach unten und wir setzten uns auf die Treppe vor meinem Hauseingang. Es begann bereits zu dämmern und es war recht frisch draußen, weswegen ich mich unbewusst etwas näher an Nate setzte.

»Wie ist eigentlich dein Date gelaufen?«, kam es dann aus meinem Mund und ich verzog das Gesicht. Da passte man einmal nicht auf und schon hatte die Stimme in deinem Kopf die Oberhand.

Nate warf mir einen undefinierbaren Blick zu, ehe er mit der Schulter zuckte.

»Lief nicht so gut, der Typ hat mir einfach zu viel geredet«, meinte er und ich atmete erleichtert aus, sofort schien ein Stein von meinem Herzen zu fallen. Sein Date war also ein Mann gewesen...natürlich war er das, immerhin war Nate schwul, was wunderte ich mich darüber.

»Und sonst so...?«, tastete ich mich noch ein Stück weiter voran, wobei ich hoffte dass Nate einfach denken würde ich stellte die Frage weil es mich als Freund ehrlich interessierte und nicht, weil ich ihn nur nach seinem Liebesleben ausfragen wollte.

Er hob fragend eine Augenbraue, dann blies er den Rauch aus.

»Ich wurde letztens in einen Club geschleppt, der ein Spezialevent nur für Schwule und Lesben hatte. Nun ja, mehr bis auf ein Kuss ist da nicht passiert. Ist vielleicht auch besser so, ich möchte meinen zukünftigen Partner ungern in einem Club begegnen, wenn ich so besoffen bin dass ich das Kennenlernen gar nicht richtig mitbekomme.« Die Vorstellung, dass Nate jemand anderen küsste gefiel mir ganz und gar nicht und verursachte ein beklemmendes Gefühl in der Magengegend. Ich hatte etwas dagegen, dass er etwas mit anderen anfing bevor...

Ja, bevor was? Bevor ich eine Beziehung hatte? War ich einfach nur frustriert, dass mein Liebesleben selbst so langweilig aussah? Wollte ich das die Freundschaft zwischen uns weiterhin bestehen blieb ohne dass er Zeit mit jemanden anderen verbrachte? Hatte ich Angst ihn als Freund zu verlieren?

Wie viele Ausreden versuchte ich noch zu finden? Ich kannte die Antwort doch bereits, ich kannte die Anzeichen dafür, wenn man verliebt war. Und genau das war der Fall: Ich war in Nate verliebt, deswegen störte mich die ganze Sache so sehr, deswegen hatte ich die Antwort unbedingt wissen wollen. Mein Herz machte einen Sprung wenn ich ihn sah, ich hatte ihn nicht sofort zurückgewiesen als er mich geküsst hatte, ich wollte trotzdem weiterhin in seiner Nähe sein, wartete ungeduldig auf seine Antworten, er war die erste Person an die ich dachte, wenn ich nichts zu tun hatte und jemanden sehen wollte... Ich war erwachsen, wie viele Anzeichen brauchte ich denn noch bis ich es endlich kapierte?

 Scheiße, ich hatte ein Problem.  


Dark Shame (Boyslove)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt