Mit einem Seufzen lehnte ich mich zurück, wobei ich beinahe nach hinten vom Hocker rutschte und mich gerade so noch schnell an der Tischkante festklammern konnte, bevor ich Bekanntschaft mit dem harten – und nicht gerade sauber aussehenden – Laborboden machte. Wer war eigentlich auf die Idee gekommen zu glauben, dass Hocker ohne Lehne im Labor besser waren? Kein Wunder das ich ständig Rückenschmerzen hatte.
»Alles okay bei dir?«, fragte Leon mich von der Seite und ich hob eine Augenbraue.
»Ja, ja alles gut. Ich rege mich gerade nur innerlich auf, welcher Vollidiot der Meinung war wir brauchen keine ordentlichen Stühle.« Leon grinste, dann zog er sich frische Handschuhe an, wobei sie ein klatschendes Geräusch machten.
»Du bist in letzter Zeit oft in Gedanken. Vielleicht lasse ich dich das nächste Mal auch einfach etwas unterschreiben, wo du ein Jahresabo für irgendwelchen Mist abschließt«, meinte er, dann setzte er sich wieder auf seinen Hocker und zog sich seine Materialien heran, während ich einen Blick auf die Uhr warf. Noch eine ganze Stunde... obwohl diese Tatsache, unter normalen Umständen ein Grund zur Freude gewesen wäre, war dem diesmal nicht so. Je näher mein Feierabend rückte, umso eher begegnete ich Nate und das machte mich unglaublich nervös. Es war auch schon wieder über einen Monat seit der Sache vergangen und ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Dabei war ich derjenige gewesen, der ihn um ein Treffen gebeten hatte, obwohl ich wusste dass es keine gute Idee war. Ich war erwachsen, ich sollte wissen wie man sich nach einer solchen Sache verhielt und vermutlich machte ich mir völlig umsonst Sorgen. Wie ich Nate kannte, würde er mich genauso behandeln wie vorher auch, als hätte es den Kuss zwischen uns nie gegeben.
Mich verwirrte nur die Tatsache, dass ich einfach nicht wusste ob ich froh oder verärgert darüber sein sollte.
»Ich gehe mal davon aus, dass du heute nicht mit mir einen trinken willst? Zumindest nicht nach dem Desaster von letzte Woche«, meinte Leon und riss mich so wieder aus meinen Träumereien. Allein bei dem Gedanken an die vorherige Woche drehte sich mein Magen um und ich spürte Übelkeit in mir aufsteigen. Das passierte, wenn man bestimmte Ereignisse verdrängen wollte und sich dann so lange betrank, bis man den halben Abend kotzend über der Kloschüssel hing. Es war ein Wunder, dass ich keine Alkoholvergiftung hatte...sondern lediglich fast zwei Tage durchgängig geschlafen habe.
»Nein danke. Ich rühre nie wieder in meinem Leben Alkohol an... und außerdem habe ich ohnehin etwas vor.«
»Dachte ich mir schon.« Wir arbeiteten schweigend weiter, bis es Zeit wurde zu gehen. Wir desinfizierten unsere Hände, dann gingen wir in die Umkleide, wo ich mich kurz in dem Spiegel – welcher unnötigerweise dort hing – betrachtete. Mein Laborkittel, welcher mir ohnehin zu groß war, schien noch mehr an meinem Körper zu hängen als sonst. Hatte ich vielleicht sogar abgenommen? Wäre denkbar, immerhin war ich ganze zwei Wochen durchgehend krank gewesen und hatte danach nicht mehr so viele Süßigkeiten wie gewöhnlich gegessen.
»Wir sehen uns in zwei Wochen«, meinte Leon noch und ich nickte nur abwesend, vergaß vollkommen ihm einen schönen Urlaub zu wünschen und ging dann zum Auto.
Mit einem Seufzen ließ ich mich auf den Sitz fallen und blieb ein paar Minuten reglos sitzen, versuchte mich mehrmals zu beruhigen. Ich sollte nicht so nervös sein Nate nach einer so langen Zeit wieder zusehen.
Mit klopfenden Herzen fuhr ich nach Hause. Schon von weitem sah ich auf dem Parkplatz sein Motorrad stehen, an welchem er lässig lehnte und ganz in Ruhe rauchte. Er hob zur Begrüßung kurz die Hand und ich versuchte ohne gegen ein anderes Auto zu fahren einzuparken. Wie schaffte er es nur immer so gut auszusehen? Obwohl er sogar eine Zigarette in der Hand hielt, ein Detail was ich unter normalen Umständen eher abstoßend gefunden hätte, aber bei Nate...
»Hi. Ich hoffe du wartest nicht lange?«, fragte ich als ich ausstieg und zu ihm hinüber ging. Er trat seine Zigarette aus.
»Nein, sind vielleicht fünf Minuten. Gut, dass es dir wieder besser geht.« Seine Stimme hatte wie immer keinerlei Gefühlsregung, sodass ich mal wieder überhaupt nicht einschätzen konnte, was er eigentlich gerade dachte.
»Soll ich uns heute etwas kochen? Gibt es etwas, was du gerne isst?«, fragte ich dann und er hob nur eine Augenbraue, ehe er mit dem Kopf schüttelte.
»Mir ist alles recht, abgesehen von Pilzen die sind echt eklig. Ich wollte schon immer mal etwas essen, was du gekocht hast... und mich von deinen Kochkünsten überzeugen.«
»Erwarte bitte kein Essen wie aus einem Restaurant. Wir müssen vorher noch einkaufen.« Er nickte, dann folgte er mir zu meinem Auto und ließ sich auf den Beifahrersitz fallen.
»Wie wäre es, wenn wir heute mal meine Musik hören?« Ich warf ihm von der Seite meinen Todesblick zu.
»Das ist mein Auto, also gelten hier auch meine Regeln... und die besagen, dass der Fahrer, so wie überall auch, über die Musik die im Auto läuft entscheiden kann. Deswegen ist es ja auch so unangenehm bei Fremden Leuten mitzufahren.«
»Es gibt ein ungeschriebenes Gesetzt, welches besagt dass der Beifahrer die Musik bestimmen darf«, meinte er dann mit einem Grinsen.
»Davon habe ich noch nie gehört... aber gut, du kannst entscheiden. Solange du nicht mitsingst.«
»Zwar klingt mein Gesang wesentlich besser als die Abfolge von schiefen Tönen die aus deinem Mund kommen wenn du versuchst zu singen, aber es muss trotzdem nicht sein.« Damit war das Eis gebrochen und ich konnte nicht anders als ebenfalls zu lächeln. Es war schön, dass sich nichts an unserer Freundschaft geändert hatte.
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Dark Shame (Boyslove)
Teen FictionKey ist ein Otaku, wie er in sämtlichen Klischee Büchern anzutreffen ist: Regale voller Manga, Figuren und Merchandise, seine Freizeit verbringt er zum Großteil mit Anime schauen. Er kennt sich in den Genren welche er mag aus, ist oft das "Animelexi...