30.Kapitel

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Es war das erste Mal, seit wir zusammen waren, dass ich vor Nate wach war. Heute war ein Feiertag und er hatte spontan beschlossen vorbei zu kommen, wir hatten einen netten Abend miteinander verbracht und das übliche getan, ehe wir ins Bett gegangen waren. Normalerweise war Nate eigentlich recht früh wach, hatte im Gegensatz zu mir einen richtigen Schlafrythmus und schlief selten länger als acht, selbst an Tagen an welchen er frei hatte. Ich war das genaue Gegenteil: Es war schon ein Wunder, wenn ich vor zehn aus dem Bett kroch und selbst dann war ich noch nicht ganz Leistungsfähig. Meist beschäftigte sich Nate damit, etwas zu lesen oder leise ein paar Videos zuschauen, bis ich endlich wach wurde, aber diesmal war es anderes.

Ihn jetzt so friedlich schlafend neben mir zu sehen erwärmte mir das Herz und ich rutschte näher an ihn heran, so nahe, dass ich seine Körperwärme spüren konnte obwohl ich ihn nicht berührte, dann döste ich vor mich hin. Einen Moment dachte ich darüber nach, ob ich ihn nicht vielleicht überraschen sollte indem ich heute mal das Frühstück machte, aber eigentlich war ich viel zu lustlos um jetzt schon aufzustehen, wenn ich gerade so eingekuschelt im Bett lag. Während ich innerlich mit mir diskutierte, welche Vor- und Nachteile es wohl haben würde jetzt aufzustehen und ihm Frühstück zu machen und ob es sich auf die ein oder andere Weise für mich lohnen würde, merkte ich gar nicht, wie Nate mittlerweile langsam aufwachte. Erst als er ein verschlafenes Murmeln von sich gab und seine Arme um mich legte wurde ich in meinem inneren Monolog unterbrochen.

»Morgen«, sagte ich und er öffnete nun auch langsam seine Augen.

»Du bist ja schon wach.«

»Sieht wohl so aus.«

»Hmh.« Er gab mir einen sanften Kuss, doch gerade als er sich wieder zurück ziehen wollte legte ich meine Hände an seinen Hinterkopf und zog ihn wiederzu mir, küsste ihn weiter bis ich selbst vollkommen atemlos war. Aus einem einfachen sanften Kuss wurde langsam viel mehr, ich fuhr mit meinen Händen unter sein T-Shirt, betastete seine Muskeln, drückte ihn näher an mich.

»Weißt du Key, manchmal wirkt es als ob du mich verführen willst«, murmelte er dann zwischen zwei Küssen und ich lächelte.

»Vielleicht tue ich das ja auch?« Mittlerweile wusste ich genau, welche Wirkung ich auf Nate hatte und welche Knöpfe ich bei ihm drücken musste. Ich hatte schon oft darüber nachgedacht und mir vorgestellt wie es wäre, wenn wir auch das miteinander teilten. Ich wollte es wirklich, hatte mir allerlei Tipps durchgelesen, wie man sich richtig vorbereitete, damit es angenehmer wurde. Allein bei dem Gedanken daran diesen Schritt weiter zu gehen und Nate richtig zu spüren löste in meinem ganzen Körper ein angenehmes Kribbeln aus.

Gleichzeitig mischten sich aber dennoch Bedenken ein, in den Manga sah es so einfach aus, aber anscheinend gehörte da viel mehr Vorbereitung dazu und was wäre, wenn es doch unangenehm wurde? Ohne es zu merken spannte ich mich an und Nate ließ seufzend von mir ab. Er wusste vermutlich wie immer ganz genau was gerade in mir vorging und dass ich ihn nicht zurückweisen wollte.

»Ich lasse dir alle Zeit die du brauchst. Du brauchst dich selbst nicht dazu drängen, wenn du seelisch noch gar nicht bereit dafür bist«, meinte er dann mit einer liebevollen Stimme und schnipste mir gegen die Stirn.

»Daran liegt es nicht, ich habe darüber nachgedacht... ich habe es mir vorgestellt. Aber ich weiß nicht, ob ich wirklich „Bottom" sein will...«, murmelte ich leise und Nate begann zu lachen. Richtig laut und aus tiefstem Herzen, was ich nur selten bei ihm erlebte.

»Du weißt schon, dass Boyslove Manga fernab der Realität sind? Es ist selten so, dass es Paare gibt wo es festgelegte Parts gibt... im echten Leben tauscht man öfter mal. Das heißt natürlich nicht, dass man nicht doch gewisse Vorlieben hat und etwas bevorzugt, aber es kommt wirklich nicht so häufig vor, dass jemand nur in einer „Rolle" bleibt«, meinte er immer noch grinsend und ich merkte wie ich rot wurde.

»Hör auf dich darüber lustig zu machen...«, begann ich zu schmollen. Gott war das peinlich! Da bezog ich mein Halbwissen nur aus irgendwelchen Manga und... argh.
»Was bevorzugst du denn?«, murmelte ich dann ins Kissen und Nate gab mir einen sanften Kuss auf die Stirn.

»Das verrate ich dir nicht. Du brauchst dir darüber auch nicht den Kopf zu zerbrechen, lass es einfach auf dich zukommen. Wir sollten jetzt langsam frühstücken, ich sterbe sonst.« Er stand auf und verschwand Richtung Küche.

»Nate?« Er blieb kurz im Türrahmen stehen und hob fragend eine Augenbraue.

»Danke, dass du so geduldig bist«, meinte ich nur und er warf mir ein sehr eindeutiges Lächeln zu.

»Glaub mir, wenn du wüsstest was ich alles mit dir noch vorhabe...« Er beendete seinen Satz nicht sondern ließ ihn so im Raum stehen, dann drehte er sich um und verschwand aus meinem Blickfeld.

»Vollidiot«,murmelte ich nur noch, mein Gesicht fing wieder an rot zu werden da mir die Bedeutung seiner Worte sehr wohl klar war, dann kämpfte ich mich ebenfalls aus dem Bett.

Ich wurde das Gefühl nicht los, dass es noch Seiten an Nate gab, die ich nicht kannte und ich war mir nicht sicher, ob ich sie überhaupt kennenlernen wollte.
Manchmal, wenn er so wie jetzt grinste, hatte sein Blick etwas von einem Raubtier, was seine Beute betrachtete und überlegte, wie er es am besten erledigte. 

Und ich war mir ziemlich sicher, dass ich nur allzu schnell darauf anspringen würde. 

Dark Shame (Boyslove)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt