21.Kapitel

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NATE

Ich hatte es versucht, die ganzen letzten Wochen, doch ich hatte es einfach nicht geschafft. Es war schwer jemanden aufzugeben, mit dem man immer noch so viel Zeit verbrachte... und ganz egal wie gut meine schauspielerischen Künste auch waren, auch ich hatte eine Grenze, welche ich schon lange erreicht hatte. Der Versuch mich dazu zu zwingen normal zu wirken und meine Gefühle zu unterdrücken hatte das genaue Gegenteil von dem erreicht, was ich eigentlich bezwecken wollte. Je mehr ich versuchte zu meine Gefühle zu leugnen, umso deutlicher wurde mir bewusst, dass sie da waren. Obwohl ich wusste, dass es keinen Sinn hatte, beschloss ich Key noch einmal davon zu erzählen und mir eine zweite Abfuhr abzuholen, damit ich vielleicht dann begriff, dass es wirklich vollkommen aussichtslos war auf ein anderes Ergebnis zu hoffen.

»Es gibt da etwas, was ich dir sagen muss.« Mein ernster Tonfall ließ Key in seinem Redefluss inne halten. Wir standen gerade vor seinem Wohnblock nachdem wir mal wieder den Tag zusammen verbracht hatten, ich lehnte wie immer mit einer Zigarette in der Hand an meinem Motorrad, er stand mir gegenüber und leistete mir Gesellschaft, bis ich nach Hause fuhr. Er schaute mich fragend an und ich nahm meinen ganzen Mut zusammen um das zu sagen, was mir schon so lange auf der Seele brannte.

»Ich habe versucht es zu vergessen, aber ich kann es einfach nicht. Ich habe mich in dich verliebt.« Key starrte auf den Boden, als wäre es ihm unangenehm mir ins Gesicht zu sehen und als wären seine Schuhe plötzlich viel interessanter.

»Es tut mir leid, aber ich kann deine Gefühle nicht erwidern.« Obwohl ich mit dieser Antwort gerechnet hatte, zog sich mein Herz dennoch schmerzhaft zusammen und ich warf meine erst zur Hälfte gerauchte Zigarette auf den Boden wo ich sie austrat.

»Ich wusste, dass du deine Antwort nicht ändern würdest. Es ist besser, wenn wir uns in nächster Zeit nicht mehr so oft sehen... bis etwas Gras über die Sache gewachsen ist.« Er öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, doch dann nickte er nur.

»Vielleicht ist es besser so. Ich möchte dich nicht verletzten... wir sehen uns.« Damit drehte er sich um und verschwand nach drinnen, während ich ihm einen Moment lang nach sah und mich dann auf den Weg nach Hause machte, meine Gefühle ein einziges Chaos.

»Nate! Wir haben Kundschaft, hör auf zu träumen und schwing deinen Arsch her!« Die Stimme meines Chefs riss mich aus meinen unangenehmen Erinnerungen und ich sprang von dem Stuhl auf, auf welchem ich bis eben noch vor mich hin gedöst hatte, darauf wartend dass ich endlich etwas tun konnte. Normalerweise gab es immer etwas zu tun, aber anscheinend meinte das Schicksal es nicht gerade gut mit mir, da gerade jetzt, wo ich Ablenkung mehr als alles andere brauchte, die Aufträge ausblieben.

»Komme ja schon!«, rief ich zurück, dann betrat ich die Werkstatt, wo gerade ein junger Mann sein Motorrad hinein schob. Mir entging sein interessierter Blick nicht, als ich den Raum betrat und er feststellte, dass ich etwa im selben Alter sein müsste. Manchmal war es richtig unheimlich, wie mich Männer (und Frauen) ansahen, obwohl ich in der blauen Latzhose alles andere als attraktiv aussehen müsste, aber anscheinend schien es zu stimmen was Key über mein Aussehen gesagt hatte.

»Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte ich und er schilderte mit kurzen Worten sein Problem und ich sah mir seine Maschine genauer an.

»Es wird etwa 2-3 Stunden dauern das zu reparieren. Es ist kein großer Schaden«, meinte ich schließlich und der junge Mann atmete erleichtert aus, ehe er nickte.

»Dann komme ich heute Abend wieder. Vielen Dank.« Er lächelte mich an, dann verabschiedete er sich und verschwand wieder. Ich war unendlich froh endlich wieder etwas zu tun zu haben, das mir dabei half nicht mehr so viel an Key und unserer letzten Begegnung zudenken.

»Wo ist eigentlich unser Azubi?«, fragte ich und dann nach einer Weile.

»Den hab ich ins Lager geschickt, Inventur machen.«

»Ah.«

»Sag mal Nate, ich weiß es geht mich nichts an, aber ist alles okay?«, fragte mein Chef dann und ich hob meinen Kopf, schaute ihn fragend an.

»Du stürzt dich in letzter Zeit regelrecht in die Arbeit und du rauchst auch wesentlich häufiger als sonst. Da du in der Lage bist trotz deiner privaten Probleme deine Arbeit trotzdem ordentlich ohne Fehler zu machen, habe ich bisher nichts gesagt, aber langsam wird es auffällig. Sogar Rina ist es aufgefallen.« Rina war für die Buchhaltung zuständig und normalerweise bekam man sie nur selten in der Werkstatt zu Gesicht.

»Nichts, worüber ich nicht hinweg kommen würde«, antwortete ich, während ich weiterhin an der Maschine herumschraubte.

»Solltest du mal 1-2 Tage frei brauchen, dann sag mir nur Bescheid.« Das war der Grund, warum ich so unglaublich gerne in der Werkstatt arbeitete – mein Chef war unglaublich locker drauf und war viel zu freundlich war seine Mitarbeiter anging. Es war schon einmal vorgekommen, dass ein Kollege, der am Abend zuvor zu viel getrunken hatte morgens einfach anrief und den Tag frei bekam, damit er seinen Rausch richtig ausschlafen konnte.

»Danke, das weiß ich zu schätzen.«

Die Stunden vergingen, bis es endlich kurz vor Feierabend war, ich das Motorrad fertig repariert hatte und der junge Mann zurück kam.

Zusammen mit meinem Chef machte er die Bezahlung aus und ich ging mich schon einmal umziehen.

»Bis morgen!«, meinte ich und mein Chef nickte mir zu. Draußen steckte ich mir eine Zigarette an und ging zum Parkplatz, wo tatsächlich der junge Mann stand und gerade ebenfalls rauchte. Er lächelte mich wieder an, dann kam er tatsächlich zu mir rüber gelaufen.

»Es tut mir leid, wenn ich Sie jetzt einfach so anspreche. Aber gehört die Maschine Ihnen?« Er deutet mit einem Nicken auf mein Motorrad.

»Ja, hat auch lange gedauert das Geld dafür zusammen zu bekommen.« Er begann Smalltalk über Motorräder zu führen und ich gab meine üblichen, knappen, gelangweilt klingenden Antworten, was ihn in keinster Weise zu verstimmen schien. Am Ende drückte er mir dann tatsächlich seine Handynummer mit den Worten „Sie können mich ja einmal anrufen" in die Hand und ich starrte das Stück Papier zweifelnd an.

 Manche Leute fielen auch einfach mit der Tür ins Haus.   

Dark Shame (Boyslove)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt