12.Kapitel

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NATE

Ich hielt in der Einfahrt des recht kleinen, aber sehr schön aussehenden Hauses an. Kaum war die Maschine zum Stehen gekommen, hatte mich Alina bereits losgelassen, sich den Helm vom Kopf gerissen und war aufgesprungen, als könnte sie es kaum erwarten endlich in das Haus zu stürmen. Sie drehte sich noch einmal zu mir um.

»Wie kommt es eigentlich, dass du mich so bereitwillig ohne zu meckern hergefahren hast? Triffst du dich mit jemandem? Mit Marias Bruder?«, fragte sie und ich seufzte.

»Ich hole dich morgen gegen Abend wieder ab«, meinte ich nur und sie begann plötzlich von einem Ohr zum anderen zu Grinsen.

»Langsam fange ich schon an euch beide zu shippen!«, kicherte sie und ich schaute sie nur völlig verständnislos an. Was war „shippen"denn bitte für ein Wort?

»Hä?«

»Frag einfach Key danach, der weiß das bestimmt. Wir sehen uns morgen.« Damit war sie auch schon Richtung Haustür verschwunden. Ich schüttelte nur verwirrt den Kopf, dann startete ich den Motor und fuhr zu Key, welcher zum Glück an diesem Wochenende nicht arbeiten musste weswegen dieses spontane Treffen überhaupt statt finden konnte.

Wie immer parkte ich mein Motorrad und klingelte dann. Key stand diesmal in der Wohnungstür um mich zu begrüßen, dann ging er nach drinnen. Ich zog meine Schuhe aus und stellte sie ordentlich neben seinen in den Flur, dann folgte ich ihm ins Wohnzimmer. Anscheinend war er gerade dabei seine Regale zu sortieren und zu putzen, denn es sah aus wie auf einem Schlachtfeld: Seine Regale waren komplett leer und überall türmten sich riesige Stapel an Manga, die so schief aussahen, als würde ein kleiner Windhauch genügen damit sie umfallen würden.

Wie viele waren das wohl?

Key stieg auf eine kleine Trittleiter, dann deutete er mir mit der Hand an dass ich mich einfach irgendwo hinsetzen sollte wo Platz war. Ich setzte mich auf die Sofalehne, der einzige freie Fleck im Zimmer und betrachtete Key lächelnd dabei, wie er mit einem Lappen bewaffnet die Regale bearbeitete. Ich würde ihm gerne helfen, allerdings war ich mir ziemlich sicher, dass er keine Hilfe wollen würde.

Nachdem er fertig war stieg er von der Trittleiter runter und betrachtete seufzend die Mangastapel, die er jetzt alle wieder einräumen musste.

»Sag mal Key? Was bedeutet „shippen"? Meine Schwester meinte vorhin, sie würde uns beide shippen und ich soll dich einfach fragen was das heißt.« Sofort lief Key so rot an, dass ich Angst hatte sein Kopf würde gleich explodieren und er klappte den Mund hilflos auf und zu als wäre er sich nicht sicher was genau er darauf antworten sollte.

»Also...das ist... wenn...«, stotterte er, dann stieß er mit seinem Ellenbogen an einen der riesigen Mangatürme was zur Folge hatte, dass dieser umkippte und dabei die anderen Stapel mit umriss. Plötzlich stand Key fast Kniehoch in einem regelrechten Meer aus Manga und ich konnte nicht anders als bei diesem göttlichen Anblick laut loszulachen.

»Scheiße!«,fluchte er auch gleich und betrachtete frustriert das Durcheinander um sich herum.

»Ich hatte sie extra genau so auf die Stapel gelegt, wie sie auch im Regal standen. Jetzt muss ich in diesem Chaos jeden einzelnen Band einer Reihe suchen!«, stöhnte er auf und ich grinste nur, ehe ich von der Sofalehne rutschte.

»Ich bin ja da und kann dir helfen.« Key befreite sich vorsichtig, indem er darauf achtete keine seiner Manga zu beschädigen, aus dem Haufen, dann sagte er mir an nach welchen Reihen wir suchten und wie viele Bände es waren. Wir wühlten uns durch die kreuz und quer auf dem Boden verteilten Manga und Key räumte sie sofort ins Regal ein. Bei einigen der Titeln – die offensichtlich Boyslove Manga gehörten – konnte ich nur mit dem Kopf schütteln weil schon der Titel so schwul klang, dass es selbst mir peinlich war.

Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis wir seine ganzen Regale gefüllt hatten und er die kleine Leiter zusammenklappte und zur Seite stellte. Es war anstrengender gewesen als gedacht und tatsächlich schwitzten wir beide leicht.

»Wie viele Manga hast du denn?«, fragte ich und seine Antwort kam sofort, ohne dass er lange darüber nachdenken musste.

»Mittlerweile sind es nur noch 1267, aber es waren mal mehr. Nur habe ich ein paar Reihen die ich nicht mehr wollte meiner Schwester geschenkt oder verkauft.« Ich wollte gar nicht wissen, wie viel Geld er schon dafür ausgegeben hatte, davon konnte ich mir sicher ein richtig gutes Motorrad leisten, aber jeder hatte nun mal seine Hobbys.

»Also, was bedeutet „shippen" nun?«, griff ich das Thema von vorhin wieder auf und Key lief erneut rot an, dann seufzte er.

»Das ist, wenn man zwei Charaktere die man mag miteinander verkuppelt. Die meisten solcher Ships haben auch Namen, die aus den Namen der beiden Charakteren zusammengesetzt sind«, erklärte er und wurde dabei noch eine Spur röter, sofern das überhaupt möglich war. Das erklärte zumindest seine verlegene Reaktion darauf, als ich meinte dass meine Schwester uns beide miteinander shippte.

»Ah. Und was für einen Ship Namen hätten wir beide denn?«, fragte ich grinsend, weil ich genau wusste, dass es ihn komplett aus der Fassung bringen würde.

»Das ist doch total egal, ich will es jedenfalls gar nicht erst wissen oder  auch darüber nachdenken«, stöhnte er, dann drehte er sich um.

»Ich gehe erstmal duschen, wenn du möchtest kannst du gleich nach mir gehen.« Ich nickte und Key flüchtete regelrecht aus dem Zimmer. Ich ließ mich auf das Sofa fallen und lehnte mich zurück, legte den Kopf in den Nacken und starrte an die Decke.

Irgendwie fand ich den Gedanken mit Key geshippt zu werden gar nicht mal so schlimm.   

Dark Shame (Boyslove)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt