5.Kapitel

3.2K 214 96
                                    

Ich hielt vor einem kleinen Haus, was mitten in einer Wohnsiedlung stand und einen gepflegten Eindruck machte. Das Mädchen von der Con stand bereits in der Tür, sie trug eine kurze Hose und ein oranges T-Shirt, lächelte als sie unser Auto sah. Bei genauerem Hinsehen merkte ich, dass sie recht hübsch war, sie hatte braune,Schulterlange Haare und ein strahlendes Lächeln.

»Es freut mich, dass du kommen konntest!«, sagte sie und umarmte Maria gleich, als würde sich die beiden schon ewig kennen.

»Ich hoffe ich störe nicht«, sagte ich und das Mädchen, dessen Name ich noch immer nicht kannte, schüttelte mit dem Kopf.

»Nein, überhaupt nicht! Meine Eltern sind nicht da und hätten auch nichts dagegen, sie haben sogar vorgeschlagen dass ihr beide herkommt. Außerdem könnte Maria ja auch nicht hier sein, wenn du sie nicht gefahren hättest. Ich bin übrigens Alina, freut mich.«

»Key.« Sie reichte mir die Hand und schüttelte sie, dann gingen wir nach drinnen.

Das Haus war schön schlich eingerichtet und ich sah mich kurz um,wobei es sich ein wenig seltsam anfühlte, immerhin hatte ich eigentlich keinen Grund hier zu sein.

Wir gingen die Treppe nach oben, das gesamte obere Stockwerk war wie eine Wohnung aufgebaut: Es gab ein riesiges Wohnzimmer mit Balkon,ein eigenes Badezimmer und zwei Zimmer. Sofort gingen sie in eines hinein und ich sah mich kurz um. Das Zimmer von Alina sah beinahe genauso aus wie das meiner Schwester: Ein Regal mit ein paar Manga, jede Menge Figuren die im Zimmer überall verteilt herumstanden,Poster von fast nur männlichen Anime Charakteren und auf dem Bett lag sogar ein Umarmungskissen von einem Charaktere aus Free!Ansonsten war es in den typischen Mädchenfarben gehalten: Weiß und rosa, ab und an mal irgendetwas buntes Zwischendrin.

Die beiden begannen auch schon zu reden, wobei Alina voller Stolz ihre Figuren präsentierte und sie gelegentlich seltsame Ausbrüche hatten, wo sie plötzlich anfingen zu quietschen. Irgendwann flüchtete ich aus dem Zimmer, da ich nicht wusste was ich sonst tun sollte und schaute mich um. Was sollte ich jetzt nur tun? Ich konnte ja schlecht ziellos durch das Haus herumlaufen...

Mein Blick fiel auf die geöffnete Balkontür und ich sah eine bekannte Gestalt: Der Typ mit der Lederjacke, der auch schon auf der Con gewesen war, stützte sich gerade leicht nach vorne gebeugt auf dem Geländer ab, während er eine rauchte. Ich schluckte, alles war besser als mir noch länger das Schwärmen über Figuren anzuhören, also nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und trat auf den Balkon.

»Hey«, sagte ich und er warf mir nur einen kurzen Blick zu.

»Hey. Ich vermute mal, du bist hier weil du deine Schwester gefahren hast und bist dann geflüchtet«, sagte er und ich stellte mich neben ihn, stützte mich ebenfalls am Geländer ab.

»Richtig, ich habe es keine Sekunde länger dort ausgehalten. Ich hoffe es ist kein Problem, dass ich dich einfach angesprochen habe.«

»Wieso sollte es? Alina redet seit Tagen von nichts anderem mehr, sie hat sich sehr gefreut, dass Maria kommen kann. Es tut mir nur leid für dich, dass du dich jetzt langweilst.«

»So schlimm ist es nicht. Wie heißt du eigentlich?«

»Nathan. Du kannst mich aber gerne Nate nennen, dass tut ohnehin fast jeder. Und du?«

»Key.« Zum ersten Mal, seit ich neben ihm stand, drehte er seinen Kopf zur Seite und musterte mich. Er hatte kurze, schwarze Haare, braune Augen und wirkte gelangweilt, seine Stimme war ruhig und klang ziemlich monoton.

»Rauchen ist nicht sonderlich gut für die Gesundheit«, sagte ich, als mir sein Blick langsam etwas unangenehm wurde, da ich es generell nicht mochte, wenn Leute mich zu lange ansahen. Sofort biss ich mir auf die Zunge, als ob es mich irgendetwas angehen würde, dass errauchte, ich kannte ihn ja nicht einmal.

»Richtig, aber es ist schwer damit aufzuhören. Jeder hat doch eine Art Sucht oder etwas, was ihm hilft klar zu kommen... Vielleicht höre ich auf, wenn ich etwas anderes gefunden habe«, antwortete er und nahm noch einen Zug, schaute mich noch immer nachdenklich an, als würde er überlegen was er sagen könnte. Dann drückte er den Zigarettenstummel aus und richtete sich auf.

»Ich habe gerade ohnehin nichts vor, wenn du willst könnten wir ein wenig Zeit totschlagen. In ein Café gehen oder so.«

»Gerne«, sagte ich und stieß ein erleichtertes Seufzen aus. Für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl seine Mundwinkel würden kurz zucken, aber vielleicht hatte ich es mir auch nur eingebildet.

»Hast du etwas gegen Motorrad fahren?«, fragte er.

»Vielleicht ein andermal, ich ziehe das Auto vor.«

»Dann musst du fahren.« Wir gingen wieder nach drinnen und Nate klopfte an die Zimmertür seiner Schwester.

»Hey Alina. Ich entführe den Bruder deiner Freundin mal, bevor er vor Langeweile noch tot umfällt. Wir sind zum Abendessen zurück.«Er wartete nicht einmal die Antwort ab sondern schloss die Tür gleich wieder und wir gingen zu meinem Auto.

»In diesem kleinen Dorf kommt man ohne Fahrzeug nirgendwo wirklich hin. Erwarte bitte auch nicht zu viel, hier schläft beinahe alles ein«, meinte Nate, als er auf meinem Beifahrersitz platz nahm.

»Ist das nicht ziemlich schwierig? Es gibt doch sicher auch kaum Möglichkeiten weg zu gehen und Busse fahren hier sicher auch kaum«, startete ich den Versuch Smalltalk zu führen. Nate zuckte nur mit der Schulter.

»Man gewöhnt sich mit der Zeit daran. Aber es ist nervig, wenn man den Fahrer für die Schwester spielen muss... aber ich denke davon kannst du ein Lied singen.«

»Wem sagst du das... Ich warte schon auf den Tag wo sie ihren Führerschein endlich in den Händen hält.«

»Ich gehe mal davon aus, dass du wie deine Schwester ein ziemlich Animefan bist, zumindest wirktest du auf der Con so als hättest du Spaß.« Seine Stimme klang noch immer monoton und es wirkte, als würde er nur reden um die unangenehme Stille im Auto zu füllen.

»Ja, ich gehöre aber zu der coolen Sorte, nicht zu der nervigen wie meine Schwester.« Wieder zuckten seine Mundwinkel kurz.

»Ich schaue nur ab und an mal welche, ich würde mich aber nicht als Fan bezeichnen, dafür schaue ich zu wenig. Was für Musik hörst du?«

»Hauptsächlich J-Rock und Anime Openings oder Endings...«, sagte ich, wobei ich merkte wie mein Gesicht sogar ein wenig rot anlief, »... lass mich raten, du hörst Rock und Metal?«

»In dieser Hinsicht erfülle ich mit meinem Aussehen tatsächlich das Klischee. Lederjacke, Band T-Shirt, trage fast nur schwarz... Ich spiele auch ein Instrument. Du kannst ja mal raten, welches.«

»Bestimmt Gitarre«, sagte ich sofort, wie aus der Pistole geschossen.

»Falsch, ich spiele Saxophon.« Zum ersten Mal klang seine Stimme belustigt und mir klappte der Mund auf.

»Wirklich? Damit habe ich nicht gerechnet!«

 »Ich weiß, das denkt man gar nicht, aber Saxophon klingt gar nicht so schlecht. Solltest du deine Schwester mal wieder bei uns absetzen, kann ich dir ja mal etwas vorspielen. Oder dich auf mein Motorrad mitnehmen.« Ich konnte nicht anders, als zu Grinsen und plötzlich war die Stimmung so locker, dass ich kein Problem damit hatte, mich den restlichen Tag ungezwungen mit Nate zu unterhalten.

Dark Shame (Boyslove)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt