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Müde lehnte Jungkook seinen Kopf gegen die Scheibe des Busses. Laut drangen die lachenden Stimmen seiner Freunde an sein Ohr und es war eines der seltenen Male, in denen er sich wünschte, sie würden einmal die Fresse halten. Doch der Dunkelhaarige liebte seine Freunde und wollte sie nicht anschnauzen, weswegen er nur leise seufzend seine Augen schloss und hoffte, dass die Zeit so schnell wie möglich verging, bis sie an ihrem Hotel ankamen.

Eigentlich entsprach es eher seinem Wunsch, niemals in diesem Hotel anzukommen, doch dort hatte er immerhin seine Ruhe, um sich selbst zu bemitleiden. Sein Blick wanderte zu Namjoon und Yoongi, die in dem Vierersitz ihm gegenübersaßen und sich gerade wegen irgendeines dummen Witzes wegschmissen.

Normalerweise hätte Jungkook mitgelacht, doch gerade war ihm nicht nach Lachen. Nicht zuletzt war es die Schuld seiner Freunde, die ihm seine Abschlussfahrt versaut hatten. Wenn man es ganz genau nahm, war es Jins Schuld. Der Braunhaarige saß neben Jungkook, lachte sein außergewöhnliches Lachen, das Jungkook eigentlich so gerne hörte. Jetzt allerdings war er angepisst davon und würde es ihm am liebsten aus der Fresse schlagen.

Mr Choi hatte Jungkook einen Tag vor der Abreise nach Deutschland ins Lehrerzimmer gebeten. Natürlich hatte Jungkook nicht damit gerechnet, dass er seine Bestrafung für den dämlichen Streich von ihm und den anderen alleine bekam, weswegen er recht entspannt in das Gespräch gegangen war. Was ein Fehler war, denn unvorbereitet traf es Jungkook wie ein Schlag ins Gesicht.

Der Lehrer hielt es für eine angemessene Strafe, dass der Dunkelhaarige auf der Abschlussfahrt nach Berlin nicht auf ein Zimmer mit seinen Jungs durfte. Stattdessen hatte Mr Choi ihm Taehyung zugewiesen. Der Junge hatte eingesehen, dass diskutieren zwecklos war und sich verabschiedet, nur um sich später bei Yoongi gehörig über diesen Lehrer und die ganze Welt auszulassen. Doch es war nicht die Tatsache, dass er nicht mit seinem besten Freund, Namjoon und Jin in ein Zimmer durfte, die Jungkook störte.

Was ihn wirklich nervte, war Taehyung.

Niemand mochte Taehyung. Er färbte sich die Haare in den abartigsten Farben, war still und langweilig, und wenn er seine Zeit nicht gerade mit seltsamen Büchern verbrachte, lebte er im Internet.

Niemand mochte Taehyung und auch Jungkooks Begeisterung, sich mit diesem Jungen ein Zimmer zu teilen, hielt sich in Grenzen. Er hatte keine Lust auf diesen Langweiler. Wollte lieber mit seinen Jungs durch die Straßen Berlins ziehen, witzige Dinge erleben und schöne Erinnerungen schaffen. Doch er war sich sicher, dass Mr Choi ihn zwingen würde, abgesehen von den Nächten auch die Tage mit dem Anderen zu verbringen.

Ein erneuter Seufzer entwich Jungkook und er spürte einen Ellenbogen in seinen Rippen. Jin sah ihn mit leuchtenden Augen an. „Wir sind da", sprach er euphorisch und Jungkook zwang sich ein Lächeln auf. Wurde auch Zeit. Als jemand, der Reisen über alles verabscheute, hatte er schon den Flug nur knapp kotzfrei durchgestanden und von der Busfahrt wollte er gar nicht anfangen. Sein Magen rebellierte noch immer und zusätzlich dazu hatte sich ein grässliches Stechen in Jungkooks Schläfen eingenistet.

Noch immer alles verfluchend kletterte Jungkook hinter den anderen aus dem Bus und atmete erst einmal tief durch, bevor er sich umsah. Der Reisebus stand in einer kleinen Seitenstraße, die den Lärm der Stadt nur schwach isolierte. Namjoon trat neben ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Schau nicht so angefressen, JK", sprach er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, „Es wird bestimmt nicht so schlimm." Jungkook lachte einmal bitter auf. „Klar", entgegnete er, die Stimme von Sarkasmus nur so triefend. „Ich bin sicher, Taehyung wird mein neuer bester Freund."

„Wo steckt der eigentlich? Hast du ihm schon von seinem Glück erzählt?" Namjoon sah sich suchend um und Jungkook probierte gar nicht erst, in dieser Menschenmenge ebenfalls nach diesem Jungen zu suchen, schließlich war er ein ganzes Stück kleiner als Namjoon. „Keine Ahnung", grummelte er daher nur, „Habe ihn noch gar nicht gesehen." Und um ehrlich zu sein, war es ihm auch egal, wo sein Zimmerpartner steckte. Mit viel Glück hatten die Lehrer ihn ja in Seoul am Flughafen vergessen. „Oh, da ist dein kleiner Ginger", teilte sein Kumpel ihm da mit und Jungkook verdrehte die Augen. „Ginger?", wiederholte er dann verwirrt.

Namjoon grinste breit und fokussierte weiter einen Punkt in dem Schülerhaufen, der ungeduldig und laut quatschend auf seine Koffer wartete. „Taehyung hat sich die Haare gefärbt", klärte der Größere ihn dann auf. Na wenigstens ging der Kerl dann nicht so leicht verloren, dachte Jungkook bitter und Namjoon stieß ihn leicht an. „Hey, Kopf hoch. Die zwei Wochen gehen bestimmt schneller rum als du denkst", startete er dann erneut den Versuch, den Anderen aufzumuntern. Jungkook zwang sich ein leichtes Lächeln auf. Er wusste Namjoons gut gemeinte Worte wirklich zu schätzen, und genauso wusste der Andere auch, wie schlecht er in solchen Situationen seine Dankbarkeit ausdrücken konnte. Doch das war okay, denn Namjoon hatte in ihrer jahrelangen Freundschaft ein Gespür für den Dunkelhaarigen entwickelt und deutete auch jetzt sein Lächeln richtig. „Ich mache mich dann mal auf die Suche nach den Anderen. Vielleicht haben sie meinen Koffer auch erwischt."

Jungkook sah ihm hinterher, wie er in der Menge verschwand und drehte sich dann um. Auf dem Weg zur Gepäckausgabe am Bus sah er Hoseok. Wieso war der nicht mit Taehyung in ein Zimmer gegangen? Dem machten seltsame Typen nichts, immerhin war er ja selbst einer. Der Braunhaarige begrüßte Jungkook wie immer überdreht und breit grinsend und wieder kam das Bedürfnis in Jungkook auf, irgendwem eine reinzuhauen. Seine Laune sank ins Unermessliche, als er schließlich auch den Rothaarigen erblickte. Taehyung war so groß wie er, etwas drahtiger und seine feuerroten Strähnen fielen ihm über die Augen, während er seinen Koffer weg von den Schülern zog. Jungkook wusste nie, ob Taehyung nur so tat oder ihn wirklich absolut nichts interessierte, jedoch ging der Andere mit einem bemerkenswert gleichgültigen Blick durch sein Leben. Auch jetzt war seine Miene gefühlslos, als er sein Handy hervorzog und etwas herumscrollte.

fire [taekook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt