Jungkooks Sicht war verschwommen, als er sich wankend an der Türklinke festhielt. Mit viel Mühe öffnete er die Tür, um sein Zimmer zu betreten, und tastete orientierungslos nach dem Lichtschalter. Aus der kleinen Feier, auf der die Jungs auf Namjin anstoßen wollten, war ein heilloses Saufgelage geworden.
Doch während Yoongi sich einfach kichernd in sein Bett verkrochen hatte und direkt angefangen hatte zu schnarchen, hatten Jin und Namjoon beschlossen, den Rest des Alkohols mit einer Challenge nach der anderen zu vernichten. Sie wussten genau, wie schlecht ihr jüngster Freund Herausforderungen ablehnen konnte, und so waren sie nach kürzester Zeit stockbetrunken gewesen.
Irgendwie hatte der Dunkelhaarige es dennoch selbstständig das richtige Zimmer, seines und Taehyungs, zu finden, während er sich leise und angerengt mit RJ unterhielt, den er sich irgendwann unter seinem Arm geklemmt hatte.
Er fand den Lichtschalter und drückte kräftig darauf. Schnell verengte er die Augen, um sich vor dem grellen Licht zu schützen, und stützte sich an der Wand ab. Alles um ihn herum drehte sich wie verrückt, und auch die Wand an seiner Hand schien ihm nicht sicher.
„Schon wieder da?", erklang die leicht säuerliche Stimme des Rothaarigen aus dem Zimmer. Bevor Jungkook vorhin zu seinen Freunden gegangen war, hatten die beiden eine kleine Auseinandersetzung gehabt. Obwohl Jungkook ihm trotz all der unausgesprochenen Dinge, die zwischen ihnen standen, das halbherzige Angebot gemacht hatte, mitzukommen, hatte Taehyung abgelehnt und ihn als unvernünftig bezeichnet. Seitdem Taehyung bei Jungkook im Bett aufgewacht war und Jungkooks Gefühle ihn endlos überfordert hatten, gab es kaum noch einen Wortwechsel zwischen ihnen.
Jungkook konnte sich nur schwach erinnern, wie er Taehyung wüste Beschimpfungen an den Kopf geworfen hatte, ehe er aus dem Zimmer gestürmt war und sich nicht mehr darum gekümmert hatte, welche Wirkung seine Worte hatten.
„Dann bleib halt der scheiß Langweiler, der du bist. Mit dir will eh keiner etwas zu tun haben, Kim Taehyung. Du bist echt armselig."
Jungkook krallte seine Finger in die weiße Wand und lehnte sich mit seinem Oberkörper träge dagegen. Er drückte seinen kleinen weißen Begleiter an sich. Sein Fuß begann wieder zu schmerzen, als er damit die Wand streifte. Sein Magen begann zu rebellieren. „Jaa", machte er leise und bewegte seinen gesunden Fuß vorsichtig vorwärts. Nur noch wenige Schritte, dann konnte er sich einfach in sein Bett legen und musste nicht mit Taehyung reden. „Wieso bist du noch wach?", sprach er so deutlich wie möglich, denn die Uhr zeigte – soweit er es beurteilen konnte – schon nach ein Uhr morgens.
„Ich habe noch gelesen. Verdammt, Jungkook, wie viel habt ihr gesoffen?"
Taehyungs Stimme kam näher, doch der Jüngere konnte nicht einschätzen, wo er sich befand. Genauso gut könnte Taehyung aus dem Badezimmer kommen oder neben ihm stehen, doch ein roter Punkt tänzelte vor ihm auf und ab. Taehyung hatte einen dunklen Hoodie an und dessen Kapuze aufgesetzt, weswegen Jungkook die Augen zusammenkneifen musste, um die feuerroten Strähnen erkennen zu können.
„Deine komischen Bücher", brachte er heraus und legte sich eine Hand auf den Magen, der laut grummelte. Taehyung kam immer näher und Jungkook zuckte zusammen, als eine Hand auf seiner Schulter landete. „Meine Fresse, Jungkook, du bist total dicht. Was hast du da überhaupt dabei?", murmelte Taehyung leise und Jungkook meinte, einen besorgten Gesichtsausdruck zu erkennen.
Doch er traute seinen Augen gerade kaum, nicht einmal die Wände schienen hier gerade zu sein. Er löste seine Hand von der Wand und stolperte an seinem Mitschüler vorbei, nachdem er dessen Hand grob abgeschüttelt hatte.
„Nene, alles gut. Geh weg."
Er wollte sich gerade triumphierend in sein Bett fallen lassen, da begann sein Magen zu zucken und zog sich mit einem Mal unangenehm zusammen. Jungkook drehte sich von der Matratze weg und erbrach sich lautstark neben dem Bett. RJ ließ er kraft- und achtlos fallen.
Wieder spürte er eine Hand an seiner Schulter, eine andere an seinem Ellbogen und dicht an seinem Ohr vernahm er eine tiefe Stimme.
„Einen Scheiß, Jungkook. Du bist einfach komplett bescheuert."
Widerwillig schüttelte der Dunkelhaarige den Kopf, nicht zu stark, da sein Magen immer noch zuckte wie verrückt. „Lass mich."
Taehyung überhörte die Bitte gekonnt und zog den Anderen zu sich, um ihn durch das Zimmer zu ziehen. Er steuerte auf die weiße Tür zu und bugsierte Jungkook sicher in das Badezimmer, wo er die Tür hinter sich anlehnte und Jungkook vorsichtig auf den Boden absetzte.
„Ich brauch deine Hilfe nicht", wehrte Jungkook sich schwach und beinahe unverständlich. Taehyung schien sich mit dem Raum zu drehen und ein weiteres Mal stieg die angenehme Wärme in Jungkook auf, als der Andere ihm seine Nähe schenkte.
Jungkook hasste dieses Gefühl und es verunsicherte ihn nach wie vor stark, weswegen er Taehyungs große, warme Hände abschüttelte und knurrte. Doch ehe er sich nachdrücklicher aussprechen konnte, stieg in ihm erneut die saure Flüssigkeit auf und gerade noch rechtzeitig konnte er sich nach vorne lehnen, um die Toilette zu treffen. Eine warme Hand tauchte auf seinem Rücken auf und strich auf und ab, während Taehyung stumm neben ihm kniete.
Jungkook riss schlampig einige Klopapierstücke von der Rolle und wischte sich damit über den Mund, ehe er einen neuen Versuch startete, den Älteren abzuwimmeln. „Geh weg, ich brauch dich nicht", giftete er. Der warme Alkohol in seinem Blut verstärkte seine Wahrnehmungen und Emotionen und das war etwas, das Jungkook im Moment absolut nicht gebrauchen konnte. Nicht einmal im nüchternen Zustand konnte er sein Empfinden richtig einordnen oder gar kontrollieren, und die Hand auf seinem Rücken nahm ihm jegliche Konzentration.
„Sicher nicht, Jungkook, du-"
„Nein! Verpiss dich, jetzt", schnitt Jungkook ihm scharf das Wort ab. Die beruhigende und dunkle Stimme Taehyungs machte ihn aggressiv. Wie konnte er immer so entspannt sein? Merkte er nicht, wie seltsam die Situation zwischen ihnen war?
Wütend auf sich selbst und auf alles andere schüttelte Jungkook die Hand des Rothaarigen energisch weg und funkelte den Anderen an. Er war der Ursprung allen Übels, das momentan in Jungkooks Innerem abging. Wieso musste er auch so schön sein?
DU LIEST GERADE
fire [taekook]
FanfictionNiemand mochte Taehyung. Er färbte sich die Haare in den abartigsten Farben, war still, langweilig, und wenn er seine Zeit nicht gerade mit seltsamen Büchern verbrachte, lebte er im Internet. Niemand mochte Taehyung und auch Jungkooks Begeisterung...