Er fand Taehyung auf dem Dach. Der Rothaarige regte sich nicht, doch Jungkook war sich trotzdem sicher, dass der Andere seine Anwesenheit bemerkt hatte. Das schlechte Gewissen saß fest in Jungkooks Nacken und er vergrub seine Hände in seinen Hosentaschen. Was war er eigentlich für ein Idiot?
Kurz überlegte er, alles sein zu lassen und sich damit abzufinden, dass Taehyung ihn von nun an hassen würde, doch als er den Rothaarigen ansah, schienen seine Gefühle ihn wieder zu überfluten und Jungkook war sicher, dass das so nicht weitergehen konnte. Ihm wurde warm und kalt, sein Herzschlag schmerzte leicht.
Er suchte noch nach den richtigen Worten, da räusperte der Andere sich.
„Was willst du hier?", fragte er, drehte nicht einmal seinen Kopf in die Richtung des Jüngeren. „Ich hab dich gesucht", erklärte Jungkook ein wenig atemlos und trat vorsichtig einige Schritte näher. Schwach waren Tränen auf den Wangen des Rothaarigen zu erkennen, was Jungkook einen Stich ins Herz verursachte. Diese Tränen waren seine Schuld. Sie glitzerten schwach in der sinkenden Sonne und wieder einmal musste Jungkook feststellen, dass Tränen dem Älteren überhaupt nicht standen.
Zu gerne hätte er ihn jetzt in den Arm genommen und sie weggewischt, doch sein gesunder Menschenverstand riet ihm dringend davon ab. Nicht zu Unrecht war Taehyung enttäuscht von dem Dunkelhaarigen. Jungkook seufzte leise.
„Hast mich gefunden. Und jetzt hau ab, das ist mein Sonnenuntergang." Taehyung klang abweisend, was Jungkook aber keineswegs einschüchterte. Stattdessen stellte er sich bestimmt neben den Älteren und legte seine Hände auf Mauer. „Jetzt ist es auch mein Sonnenuntergang", beharrte er hartnäckig und konnte Taehyung seufzen hören, während er mit seinen Fingern spielte.
„Das kannst du mir nicht verbieten", redete der Dunkelhaarige weiter. Taehyungs Blick lag lange auf ihm, bevor der Andere das Geländer losließ und sich zum Gehen abwandte.
„Warte", bat Jungkook leise, es klang beinahe weinerlich, und zog zaghaft an Taehyungs Shirt.
„Ich wollte mich bei dir entschuldigen", begann er dann leise, „ich habe mich total daneben verhalten. Ich war nur so gereizt und überfordert mit allem. Ich war die ganze Zeit über ein Riesenarschloch und das tut mir leid."
„Was überfordert dich denn?"
„Meine Gefühle überfordern mich. Und wenn mich dann so eine dahergelaufene Hackfresse direkt damit konfrontiert, ist das nicht unbedingt gut."
„Du meinst deine Gefühle für deine Freundin in Korea?"
Taehyung schenkte ihm ein schwaches, falsches Lächeln. Er schien die Bedeutung der Worte des Anderen nicht verstanden zu haben. Stumm schüttelte der Dunkelhaarige den Kopf. „Nicht sie", hängte er noch dazu, doch Taehyung schien noch immer nicht zu verstehen, worum es Jungkook ging und schaute geradeaus in die Sonne, die sich allmählich dunkler färbte.
Jungkooks Mut verließ ihn so schnell, wie er gekommen war, weswegen er nicht näher auf seine Worte einging. Stattdessen blickte er ebenfalls in die Ferne und sprach dann leise und ein wenig ängstlich: „Ich kann es absolut nachvollziehen, wenn du jetzt nein sagst, aber ich wollte dich um eine letzte Chance bitten. Ich will es wieder gut machen, Taehyung."
Der Rothaarige war merklich unsicher. Lange war es still zwischen den beiden, dann seufzte der Rothaarige auf. "Meine Mutter hat immer gesagt, ich sei zu gutherzig. Vielleicht bin ich deshalb so unbeliebt. Bei euch ist es wohl üblich, sich gegenseitig zu hintergehen."
Jungkook blieb stumm und die Sonne wand ihre Sonnenstrahlen um zahlreiche Gebäude, als der Ältere weitersprach.
„Ich hab die Schnauze voll von deinen ständigen Aktionen und diesen halbherzigen Entschuldigungen. Ich verstehe nicht einmal, wieso du dir die Mühe machst, dich immer wieder gut mit mir zu stellen."
Taehyung sah so ratlos aus wie Jungkook sich fühlte. Doch bevor er sich Gedanken über eine Antwort machte, ertönte die tiefe Stimme erneut. „Weißt du, wieso ich immer ausgeschlossen wurde?"
Taehyung spielte mit einigen seiner Haarsträhnen, die von der Sonne beleuchtet wurden.
"Ich war nicht anders. Ihr brauchtet nur immer jemanden, der nicht dazugehörte. Ein Negativbeispiel. Ich habe lange versucht, dazu zugehören, aber irgendwann habe ich es verstanden. Und erst dann habe ich angefangen, anders zu sein. Ich selbst zu sein."
Stille. Stumm versuchte Jungkook, Gegenargumente zu finden, doch etwas in ihm flüsterte bereits eindringlich, dass er da lange suchen konnte.
„Wir waren einfach unfair", sagte er schließlich leise. Taehyung zuckte mit den Schultern.
„Naja, ich konnte dann machen, worauf ich Bock hatte. Man gewöhnt sich ans Alleinsein."
Wieder war es still und der Ältere würdigte er ihn keines Blickes mehr. Die Sonne war fast vollständig verschwunden und ein kühler Wind zerzauste sanft die Haare der beiden.
„Ich wäre jetzt auch gerne wieder alleine, Jungkook."
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fire [taekook]
FanfictionNiemand mochte Taehyung. Er färbte sich die Haare in den abartigsten Farben, war still, langweilig, und wenn er seine Zeit nicht gerade mit seltsamen Büchern verbrachte, lebte er im Internet. Niemand mochte Taehyung und auch Jungkooks Begeisterung...