~ 9.2 ~

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Gestresst fuhr ich mir abermals durch meine noch nassen, silbernen Haare.

In nichtmal zehn Minuten würde Jeongguk vor meiner Tür stehen und ich fühlte mich für das Aufeinandertreffen absolut nicht bereit.

Unsicher zupfte ich an meinem gestreiften Hemd und spielte mit dem Gedanken mich zum gefühlt 20. Mal umzuziehen.

Meine glänzende, nackte Brust im Spiegel betrachtend, konnte ich nicht ausmachen, ob es noch das letzte Wasser von meiner gerade genommenen Dusche war oder ob ich einfach bereits schon wieder so viel Flüssigkeit ausgeschwitzt hatte.

Resignierend begann ich mir dann schließlich doch das Hemd zuzuknöpfen. Ich würde mir ab jetzt einfach keine Gedanken mehr machen.

Zum Glück war meine Mutter heute nicht zuhause. Seit mein Vater durch seinen Zusammenbruch erstmal für längere Zeit ausgefallen war, hatte sie sich einen Nebenjob gesucht und jobbte nun tagsüber meist im Supermarkt, damit wir in keine finanziellen Engpässe gerieten.

Auch ich steuerte derzeit Teile meiner Einnahmen aus dem Café bei, den Rest sparte ich für die späteren Unigebühren.

Trotz dessen es meinem Vater mittlerweile wieder besser ging, war die Stimmung zwischen meiner Mutter und mir weiterhin angespannt seit dem einen Nachmittag. Sie fragte mich auch auffällig häufig nach Mina.

In mir wuchs die Sorge, dass meine Mutter tatsächlich homophob war.

Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte, wenn dies wirklich der Fall sein sollte, dementsprechend hatte ich mich auch noch nicht getraut zu fragen.

Darüber hinaus würde sie in jedem Fall noch mehr Verdacht schöpfen, wenn ich sie jetzt plötzlich aus dem Nichts fragen würde, was sie eigentlich von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften hielt.

Ich blickte hinab auf mein fertig zugeknöpftes Hemd und sah, dass oben zwei Knöpfe abstanden.
Frustriert öffnete ich alle Knöpfe erneut und begann von vorn. Scheinbar war ich gerade zu nichts in der Lage.

Da schallte auf einmal das schrille Klingeln unserer Haustür durch die Wohnung. Jeongguk war da.

Panisch knöpfte ich mir weiter das Hemd zu, während ich zur Tür eilte und diese abrupt aufriss.

Seine Ausstrahlung traf mich wie gewöhnlich mit voller Wucht und ohne Gnade. Seine schwarzen, glänzenden Haare schimmerten im einfallenden Sonnenlicht, seine Haut schien makellos, sein schwarzes Hemd in Kombination mit einer dunklen Stoffhose und einem schwarzen Gürtel schmiegten sich perfekt an seine Proportionen, erneut konnte ich meinen Blick kaum von seinem Hals und den ausgeprägten Adern unter seiner Haut wenden.

Ob hetero oder nicht – dieser Anblick war zum Verrückt werden.

Sein soeben noch desinteressierter Gesichtsausdruck verwandelte sich in ein warmes Lächeln, sobald er seinen Blick einmal langsam über mich schweifen ließ.

»Willst du dich nicht richtig anziehen?«, er grinste spöttisch.

Irritiert blickte ich erneut an mir herunter, da bemerkte ich, dass ich mein Hemd schon wieder falsch zugeknöpft hatte.

Das ging ja schonmal gut los.

Schnell zog ich den Größeren an seinem Arm in die Wohnung und schloss hastig die Tür hinter uns.

Fix öffnete ich die Knöpfe meines Hemdes mit einem Ruck, bevor ich in der Bewegung erstarrte und zu Jeongguk hochblickte, der die ganze Szenerie mit einem, zu gleichen Teilen überraschten wie amüsierten, Blick musterte.

Ich spürte bereits, wie mir die Röte ins Gesicht stieg.

Er war keine zwanzig Sekunden lang da und ich zog mich schon vor ihm aus. So viel zum Thema Contenance bewahren.

DAS LACHEN DER TRAUERWEIDEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt