~ 3.2 ~

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»Du Vollidiot!«, hörte ich eine, mir in den letzten Stunden nur zu bekannte, Stimme knurren.

Meinen Kopf verdrehend sah ich Jeongguk, der sich offenbar verrenkt unter meinem Rücken befand, eingequetscht zwischen mir und den Gleisen. Ich versuchte meinen Fuß irgendwie zu befreien, um mich aufrichten zu können, da sog er schmerzerfüllt scharf die Luft ein.

»Halt einfach still, Kleiner!«, nuschelte er und stemmte sich gegen meinen Oberkörper, um sein Gewicht verlagern zu können.

Erleichtert seufzte er aus und drehte sich mir zu, sodass ich zwischen seinen Beinen saß, bevor er sich wieder zu Boden sinken ließ.

Wir verharrten eine Weile in dieser zugegebenermaßen ungünstigen Situation, ich spürte seinen Atem in meinem Nacken und als ich dann auch mal realisierte, dass ich gerade buchstäblich zwischen seinen Beinen saß, ergriff mich leichte Panik.

Verzweifelt versuchte ich meinen eingeklemmten Fuß freizubekommen, doch ich hatte das Gefühl, mich nur mehr bei zu verletzen.

»Hab ich nicht gesagt, du sollst stillhalten, Kleiner?«, flüsterte Jeongguk rau in meinen Nacken und ich zog den Kopf ein.

»Dann hilf mir endlich!«, quengelte ich und versuchte, das flatterige Gefühl in meiner Magenregion und das Kribbeln an jeder Stelle, an der wir direkten Körperkontakt hatten, zu ignorieren.

Augenblicklich richtete er sich auf, entzog mir seine Arme und ich landete unsanft auf dem Boden.

»Heey!«, meckerte ich, verstummte aber, als sich unsere Blicke trafen.

Anscheinend besaß ich doch eine größere Wirkung auf ihn, als ich gedacht hatte, ich sah, wie seine Augen sich weiteten, er sich unwirsch durch die glänzenden Haare fuhr und scheinbar leicht zitterte.

Ich hingegen verkniff mir jeden weiteren Kommentar, weil mein Fuß langsam wirklich anfing zu schmerzen und ich spürte, wie sich die ersten Holzsplitter in meine Haut gruben.

Gequält verzog ich mein Gesicht, woraufhin sich Jeongguks Blick erneut verfinsterte. Er kniete sich vor mir nieder und berührte behutsam meinen Knöchel, an dem bereits die ersten dicken Blutstropfen hervorquollen.

Sein Gesicht wurde unmittelbar daraufhin kreidebleich und er musste einmal schwer schlucken.

Trotz dessen ließ er nicht ab von meinem Fuß, sondern packte ein Teil der gesplitterten Paneele und brach sie ruckartig komplett aus dem Schienenkomplex.

Ich stöhnte gepresst auf, als ich einen stechenden Schmerz am Knöchel verspürte und unmittelbar darauf sah ich, wie noch mehr Blut meinen nun wieder freien Fuß hinabströmte.

Ohne auch nur eine weitere Sekunde verstreichen zu lassen, löste Jeongguk den Schal von seinem Hals und umwickelte meinen verletzten Knöchel einige Male mit diesem und band ihn stramm fest.

Ich wollte protestieren, in erster Linie, weil ich nicht wollte, dass ich seinen ganzen Schal – welcher wirklich wertvoll aussah – vollblutete, aber er brachte mich mit nur einem strengen Blick zum Schweigen.

Mein Herz schlug weiterhin unregelmäßig schnell und ich hatte die Befürchtung, mein Gesicht würde nie wieder eine normale Färbung annehmen.

Ehe ich mich versah, schoben sich plötzlich starke Arme unter meine Oberschenkel und ich wurde hochgehoben. »Jeongguk!«, murrte ich entsetzt.

»Anwesend!«, gab er lediglich zurück.

Ich verdrehte die Augen. »Ich kann alleine gehen«, beharrte ich.

»Sicher, dass du das kannst? Das sah mir gerade anders aus und da verfügtest du noch über zwei gesunde Füße.« Er lachte spöttisch. »Außerdem müssen wir die Wunde schnell reinigen und von eventuellen Splittern entfernen, um das Entzündungsrisiko so gering wie möglich zu halten«, erwiderte er mit einer kühlen Selbstverständlichkeit, als würde er sich täglich solche Verletzungen zuziehen.

DAS LACHEN DER TRAUERWEIDEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt