~ 6.3 ~

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Eine ganze Weile stapften wir nun schon Seite an Seite durch das Dickicht.

Die Blätter waren dabei, von den Bäumen zu fallen, alles um uns herum war in unterschiedlichste Braun- Gelb- und Orangetöne getaucht; die Farben des Herbstes.

Das niederrieselnde Laub bedeckte den Waldboden fast gänzlich und knirschte unter unseren Sohlen, als wir weiter in den Wald vordrangen.

Ich wusste nicht, wohin wir gingen, aber ich fragte auch nicht danach. Ich genoss schlichtweg den Weg, die Bewegung, die Vögel, die vereinzelt in den Baumkronen saßen und zwitscherten, das Geräusch unserer Schuhe auf dem feuchten Waldboden und nicht zuletzt unser Schweigen.

Obwohl Jeongguk mich oft mit seinen Worten und seinen Handlungen aus der Fassung brachte, so fühlte ich mich doch wohl in seiner Gegenwart.

Seufzend fuhr ich mir mit der Hand durch meine zersausten Haare und spürte unmittelbar Jeongguks Blick ruhen. Meine Ohren wurden heiß. Warum hatte er bloß so eine Wirkung auf mich, ich wusste doch so gut wie nichts von ihm.

»I-ich hab gehört, du gehst bereits zur Uni«, versuchte ich kläglich ein Gespräch zu beginnen und gleichzeitig mehr von ihm zu erfahren.

Er schaute mich überrascht an, bevor er leichtfüßig über eine schief aus dem Boden gewachsene Wurzel eines alten, dicken Eichenbaumes stieg. »Nun ...ja«, gab er zurück.

»Hm«, erwiderte ich und die Stille legte sich erneut über uns.

Ich wollte nicht bohren, aber es gab einige Fragen, die mir unter den Fingernägeln brannten.

»Und was studierst du genau? Warum hast du die Oberschule nicht regulär beendet?« Das war eine Frage, die er nicht mit nur einem Wort beantworten könnte; ich grinste.

Sein Blick war erneut undurchschaubar. »Taehyung, was möchtest du von mir? Warum weißt du das überhaupt?«, sagte er ernst.

Meine Augen weiteten sich. »Weil ich dich einfach besser kennenlernen will«, protestierte ich. »Das, was ich weiß, wurde mir in der Schule erzählt. Dein Ruf eilt dir voraus.« Ich lächelte ihm aufmunternd zu.

»Ich gebe nichts auf meinen Ruf«, gab er düster zurück.

Um nicht erneut die Stille die Oberhand gewinnen zu lassen, setzte ich sofort an: »Also sag schon und tu nicht immer so geheimnisvoll. Ich würde gerne mehr von dir erfahren«, versuchte ich ihn zu ermutigen, spürte aber wie mein Gesicht schon wieder warm wurde.

Jeongguks Blick war skeptisch, jedoch erwiderte er aufseufzend: »Ich schloss die Oberschule schon mit siebzehn ab, um den Prozess zu beschleunigen. Je früher ich mit dem Studium fertig bin, desto eher kann ich meinen Eltern mit ihrer Firma unter die Arme greifen. Daher habe ich ein betriebswirtschaftliches Studium aufgenommen.«

»Macht es dir Spaß?«

Mit dieser Frage hatte er nicht gerechnet. Verwirrt runzelte er die Stirn: »Spaß? Ich schätze schon«, murmelte er.

»Du schätzt? Aber solltest du kein Studium ergreifen, was dir Spaß macht? Was dich erfüllt?«, gab ich zurück.

»Hmm«, brummte er. »Ich habe nichts, was mir wirklich Spaß macht«, erwiderte er leichtfertig, als sei es das Normalste auf der Welt.

Mein Mund klappte auf. »Wie? Hast du denn keine Hobbys? Was machst du denn in deiner Freizeit?«

Ich merkte, wie Jeongguk sich versteifte. »Ich lerne. Oder erledige Dinge, die eben erledigt werden müssen. Einkaufen, Putzen.«

»Aber tust du denn nichts nur für dich? Aus reiner Laune heraus?« Das konnte doch nicht wahr sein, er wollte mich bestimmt nur wieder auf den Arm nehmen.

DAS LACHEN DER TRAUERWEIDEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt