~ 19.6 ~

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Ich spürte das schmerzhafte Pulsieren in meiner Brust, doch ich schenkte ihm keinerlei Beachtung.

Zu groß war die Anstrengung, der es bedurfte, den Sturm an Gefühlen in mir irgendwie im Zaum zu halten.

Krampfhaft versuchte ich mich an die letzten Strohhalme zu klammern, mit denen ich mich noch bei klarem Verstand hielt.

Doch es half nichts.

Wie in Watte gepackt, nahm ich meine Umgebung wahr, als ich mit voller Wucht den Stuhl, der neben mir in der Ecke des Raumes stand, an die Wand schmetterte und dieser daraufhin in dutzende, winzige Teile zersprang.

Als hätte man im Fernseher einen Actionfilm laufen, doch den Ton gänzlich abgeschaltet, so fühlte es sich an.

Mein Gesicht zu einer ausdruckslosen Grimasse verzogen, begann ich, weiter durch mein luxuriöses Hotelzimmer zu toben; Mit einer ausholenden Bewegung fegte ich die leere, grün glänzende Sojuflasche sowie die kristallene Blumenvase mit den akkurat drapierten Schnittblumen von dem, aus dunkelschimmerndem Holz bestehenden, Nachttisch, ehe ich achtlos die Schubladen aus den Angeln ebendieses riss und sie mit aller Kraft gegen die Wand über dem Kopfende meines Bettes warf, wodurch die elegante, graugestreifte Tapete an einigen Stellen unregelmäßig aufplatzte und mit einem leisen Knirschen einriss.

Tonlos tränkte die Flüssigkeit der umgestoßenen Vase die zerwühlten Laken des Doppelbettes.

Mit beiden Händen umfasste ich nun den bereits ramponierten Beistelltisch, tief stachen die herausstehenden Splitter an der Stelle, an der ich die Schubladen so grob aus ihren metallenen Haltern gerissen hatte und somit das Pressholz an einigen Stellen von tiefen Risse durchzogen war, in in das warme Fleisch meiner Hand, jedoch zuckte ich nicht eine Sekunde zusammen, als mein Griff sich daraufhin noch verstärkte, bevor ich das hölzerne Möbelstück auch schon, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Krachen, gegen die penibel gesäuberte, das Mondlicht verzerrt spiegelnde, Glasfront meines Zimmers warf.

Ein hohes knackendes Knirschen durchschnitt die stickige Luft, da sah ich bereits die feinen Risse im durchscheinenden Glas, hell funkelten sie auf, und brachen in wunderschönen Farben das spärliche Licht; beinahe wirkte es, als würden sie davon abzulenken zu versuchen, dass das gläserne Fenster kurz vorm endgültigen Zerbersten stand.

Zuckend bahnten sich weiter schmale Furchen ihren Weg von der kreisrunden Einschlagstelle des Mobiliars über das glänzende Glas, gleich grellen Blitzen, die des Nachts während eines schweren Sommernachtgewitters den wolkenverhangenen Himmel erhellten; zeitgleich konnte man leise das fast tonlose Knacken und Knistern des nachgebenden amorphen Festkörpers vernehmen; als würde jemand direkt neben deiner Ohrmuschel mit steigender Intensität ein Stück Alufolie zerknüllen.

In meinem Wahn hingegen konnte mich nichtmal das unmittelbar bevorstehende Bersten des dicken Glases von meinem Weg der Verwüstung abbringen.

Wahllos hechtete ich mit großen Schritten durch den Raum, auf der Suche nach etwas, wodurch ich meinen Zorn katalysieren konnte.

Mittlerweile quollen dicke Blutstropfen aus der gezackten, frischen Wunde, die die hölzernen Splitter in meiner Handfläche hinterlassen hatten und vermischten sich unsauber mit dem bereits geronnen Blut an meinen Fingern.

Unwirsch versuchte ich es an meiner Kleidung abzuwischen; gerade wollte ich mich in meiner blinden Wut den schweren Türen des bis unter die Decke reichenden Kleiderschrankes widmen, da vernahm ich unmittelbar im Flur vor meinem Zimmer ein lauter anschwellendes Stimmengewirr und erstarrte just in meiner Bewegung.

Wahrscheinlich hatte mein Wutausbruch bereits die Aufmerksamkeit anderer Gäste des Hotels auf mich gelenkt, wenn nicht ohnehin der blutverschmierte, unbekleidete Shownu in der Lobby schon genügend Aufsehen erregt haben müsste.

DAS LACHEN DER TRAUERWEIDEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt