»Wo gehen wir denn jetzt hin?«, fragte ich den Jüngeren, als wir das noble Hotel verließen und durch das gehobene Viertel schlenderten.
Hier wollte ich in keinem Fall bleiben, die Gegend wirkte für meinen Teil um einiges zu versnobt.Obwohl es bereits lange nach Mitternacht war, fühlte ich mich in keinster Weise müde oder ausgelaugt.
Möglicherweise wurde dies durch die Tatsache begünstigt, dass ich die letzte Woche nur im Bett verbracht hatte, doch diesen Gedanken schob ich sogleich beiseite.Ich wollte gerade nicht an die Probleme denken, die uns noch bevorstanden, ich hatte Jeongguk immerhin mein Wort gegeben.
Dieser wiederum schmunzelte mich nur dreckig von der Seite an. »Taehyung, warst du schonmal in einer Bar?« Sein Blick spiegelte ernstes Interesse wieder.
Perplex starrte ich ihn an, während wir die breite, wie leergefegte Fußgängerzone entlang schlenderten, gesäumt von großen, momentan fast kahlen Bäumen, und den protzigen Hotels, welche sich zu unserer Linken erstreckten. »Sollte ich das nicht eher dich fragen?«, lachte ich trocken. »Ich bin immerhin derjenige von uns beiden, der schon legal Alkohol konsumieren und Bars besuchen darf.«
Demonstrativ baute ich mich etwas vor ihm auf, jedoch fühlte sich diese Geste bei seinem dominanten Auftreten an wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Sein Charisma konnte ich schlicht nicht übertrumpfen und wenn ich meine Brust noch so schwoll.
Dennoch versetzte es meiner Männlichkeit einen weiteren winzigen Stich, dass der Jüngere sich traute, mir solche Fragen zu stellen.
Sah ich etwa so unschuldig aus?Ich bin immerhin der Ältere von uns beiden, dachte ich, während ich beleidigt mein Gesicht verzog.
»Ja ich war schon in einer Bar. Sogar schon oft!«, erwiderte ich etwas trotzig mit hervor geschobener Unterlippe.
»Du bist süß, wenn du bockig bist«, hauchte der Jüngere daraufhin, den Blick starr nach vorn gerichtet, doch bevor ich empört darauf reagieren konnte, setzte er unbeirrt fort. »Ich kenne da nämlich eine Gute; das Essen ist köstlich und die Atmosphäre ist einmalig und nicht so«, er machte eine ausschweifende Handbewegung, »abgehoben wie hier.«
Unwillkürlich schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen, als mir klar wurde, dass Jeongguk, obwohl er in einer so reichen und einflussreichen Familie aufgewachsen ist, trotzdem ein sehr bodenständiger Mensch geworden war.
Allmählich füllten sich die Straßen um uns herum wieder, wir begegneten den ersten Straßenkünstlern und Buden, die unterschiedlichsten Krims Krams verkauften, da realisierte ich, in welche Richtung wir gerade gingen. »Gehen wir zurück nach Hongdae?«, fragte ich mich zu ihm gewandt leuchtenden Augen.
Blitzschnell fuhr er mir mit seiner freien Hand einmal durch mein bereits zerzaustes Haar. »Genau das tun wir«, schmunzelte er. »Warst du schonmal dort?«, harkte er neugierig nach.
Ich konnte mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen. »Das war früher meine Gegend«, erwiderte ich stolz. »Im Yeontral Park vortrinken und dann rein ins Getümmel der Studentenmeile.«
»So einer warst du also«, neckte er mich. »Hast dich an unschuldigen Studentinnen vergriffen.« Spöttisch zog er eine Augenbraue hoch und ließ mich bemerken, wie prollig mein letzter Satz hatte klingen müssen, vor allem unter der Prämisse, dass ich immer noch ein Schüler war.
Mir schoss das Blut ins Gesicht. »Nein, nein«, erwiderte ich schnell. »Meistens haben wir uns mit einer Flasche Soju und unserer Musikbox irgendwo auf den Bordstein gesetzt und getrunken«, fügte ich hinzu, schämte mich aber unmittelbar danach auch bereits für diese getätigte Aussage.
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DAS LACHEN DER TRAUERWEIDE
Fanfic𝗼𝗻𝗴𝗼𝗶𝗻𝗴 ❝In der Ferne war er bereits zu hören. Der galoppierende Herzschlag der alten Dampflok, welcher sich unweigerlich näherte. Die Miene des Jungen versteinerte, behutsam bettete er seine Wange unmittelbar auf dem kühlen Stahl, die Schien...