Kapitel 26

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Bevor ich weiter grübeln konnte, riss mich Liams' Stimme aus den Gedanken. " Ich habe das Buch gefunden." Mit einem Grinsen hielt er das Buch in die Höhe. Erleichtert lächelte ich ihn an und wollte zu ihm gehen, doch dann erklangen plötzlich Geräusche, die von der Luke kamen. Es war das knallen, welches die Luke beim Öffnen verursachte.

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Louis, Liam und ich warfen uns geschockte Blicke zu. Keiner von uns hatte damit gerechnet, dass uns die Forscher so schnell finden würden. Natürlich konnten wir noch nicht sicher sein, dass sie es wirklich waren, aber wer sollte es sonst sein? Mein Herz schlug bereits schneller als sonst und meine Sicht wurde ein wenig glasig. Wenn gleich wirklich die Forscher im Keller auftauchen würden, dann wäre es unser Ende. Es gab hier weder Versteckmöglichkeiten, noch einen anderen Fluchtweg als die Treppe. Wir befanden uns in einer Sackgasse ohne Ausweg.

Während auf der Treppe schwere Schritte erklangen, rückten wir näher zusammen. Liam bemerkte meinen hektischen Atem, griff nach meiner Hand und verschränkte unsere Finger miteinander. Doch anders als sonst, konnte mich diese Geste in dem Moment nicht beruhigen. Er selbst war allerdings ebenfalls unruhig, da seine Hand ein wenig zitterte. Ich drückte sie zärtlich, doch es half nichts. 

Die Schritte wurden immer lauter und hallten in dem Raum wieder. Man konnte die Person laut atmen hören, wobei es eher nach einer Schnappatmung klang. Es war wirklich merkwürdig laut, fast schon unmenschlich.  Meine Angst wuchs mit jedem Schritt, der von den Wänden widerhallte und in meinen Ohren schmerzte. Immer näher rückte ich an Liam, bis unsere Arme dicht aneinander gedrängt waren. Die Luft in dem Raum schien sie zu verändern. Es wurde stickiger, wärmer und das Atmen fühlte sich merkwürdig an, als ob unsere Lungen sich mit irgendetwas füllten, doch ich ignorierte es, da meine Angst alles andere überspielte.

Es fühlte sich an wie Stunden, die vergangen waren, bis man Schuhe auf der Treppe erkennen konnte. Es waren große, braune Stiefel, die man in der heutigen Zeit nicht mehr trug. Dann wurde immer mehr sichtbar. Zuerst die Beine mit einer schwarzen Stoffhose, dann der Oberkörper mit einem beigen Hemd und einer schwarzen Weste über die ein weißer, offener Kittel hing. Und dann konte man den Kopf erkennen. Es war ein Mann, der vielleicht um die vierzig Jahre alt war, der dunkelbraune, kurze Haare hatte und eine Brille trug. Unter seinen braunen Augen lagen dunkle Schatten und sein Gesichtsausdruck wirkte müde. Er stand nun im Raum, etwa drei Meter von uns entfernt, und versperrte den Ausgang. 

Ich kannte den Mann nicht, hatte ihn bisher noch nie gesehen, doch ich hatte ein seltsames Gefühl im Bauch. Der Mann schien uns zu kennen oder zumindestens einen von uns.

"Liam.", sagte er mit einer rauchigen, tiefen Stimme, die so klang, als hätte er schon lange nichts mehr gesagt. Ein Schauer lief über meinen Rücken. Er kannte Liam. Wer war dieser Mann nur? Woher kannte er Liam? Der Mann starrte ihn für kurze Zeit lächelnd an und schien in seinen Gedanken zu  versinken, doch dann verschwand sein Lächeln schnell wieder und er blickte ihn unverwandt in die Augen.

Liam verkrampfte sich neben mir. Für ihn schien der Mann kein Fremder zu sein, denn er murmelte irgendetwas unverständliches geschockt vor sich hin. Dann räusperte er sich und fand schließlich seine Stimme. Während er sprach beobachtete ich den Mann misstrauisch, doch er schien mich und Louis gar nicht wahrzunehmen. 

"Vater?", fragte Liam ungläubig und musterte den Mann. Geschockt riss ich meine Augen auf und schnappte kurz nach Luft. Der Mann sollte Liams' Vater sein?! Aber das war unmöglich. Ich hatte sein Skelett gesehen, welches fest verschlossen in dem Glassarg in einer Hütte auf dem Friedhof lag. Und jetzt stand er vor uns und sah ziemlich lebendig aus. Zu sagen, ich war verwirrt wäre die Untertreibung des Jahrtausends. 

Silent Hill  // Liam PayneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt