Kapitel 30

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Während wir die wenigen Meter, die wir zum Labor laufen mussten, zurücklegten, wuchs meine Nervosität stetig. Meine Hände fummelten ununterbrochen an dem Reisverschluss meiner Jacke und mein Blick blieb nie an einer Stelle hängen, sondern huschte von einer Seite zur anderen. Mein Herz schlug in einem Takt, der nicht mehr gesund klang. Meine Gedanken überschlugen sich und kreisten nur um Liam. Was sie wohl gerade mit ihm anstellten? Ging es ihm gut?

Zwar war er erst ein paar Minuten in Gefangenschaft der Forscher, doch das genügte. Ich wusste, dass sie zu Allem fähig waren.

"Mach dir nicht zu große Sorgen.",versuchte Louis mich zu beruhigen, "Es wird alles gut gehen." Er warf mir einen kurzen Blick zu und sah dann wieder nach vorne. „Wir haben alles genau durchgeplant. Die Wahrscheinlichkeit, dass irgendetwas schief läuft, ist sehr gering. Ihm wird nichts passieren."

Seufzend ließ ich endlich den Reisverschluss los und vergrub meine Hände in den Jackentaschen. Mir war klar, dass Louis mich nur beruhigen wollte, doch seine Worte halfen mir nicht wirklich. Zwar wusste ich, dass er Recht hatte, jedoch wusste ich auch, dass trotzdem sehr viel passieren konnte, auch wenn die Wahrscheinlichkeit noch so gering war. Dass diese Möglichkeit bestand reichte schon, um mich in einen Pessimisten zu verwandeln. Aber ich konnte meine Angst nunmal nicht unterdrücken und ich war mir sicher, dass viele Menschen genauso fühlen würden, wenn sie sich in derselben Situation wie wir befänden.

"Ich weiß, aber das kann ich nunmal nicht. Wenn Liam etwas passiert, dann...", begann ich und starrte auf den Asphalt unter meinen Füßen. Den Satz konnte und wollte ich nicht vervollständigen, denn ich wollte mir nicht ausmalen, was in dem Fall passieren würde. Schon jetzt schmerzte mein Kopf von den vielen Gedanken, da mussten Horrorszenarien nicht auch noch dazu kommen.

Neben mir hörte ich ein Stöhnen und im nächsten Moment packte Louis mich sanft an meinem Handgelenk und zwang mich somit zum Stehenbleiben. Er stellte sich vor mich, legte seine Hände auf meine Schultern und blickte mir eindringlich in die Augen.

"Liam wird nichts passieren, verstanden? Wenn du die ganze Zeit daran zweifelst, wird es am Ende noch so kommen. Also denk positiv. Liam ist ein starker Mann, der auch alleine dafür sorgen kann, dass er überlebt, falls etwas schiefgehen sollte. Außerdem will er sicherlich nicht, dass du dir rund um die Uhr solche Sorgen um ihn machst, denn das tut dir nicht gut. Liam wird nichts passieren, verstanden?"

Mit großen Augen starrte ich Louis an. So eine Predigt hatte ich nicht von ihm erwartet. Aber ich musste mir eingestehen, dass er in Allem recht hatte, auch wenn es mir mehr als schwer fiel meine Gedanken zu verdrängen. Immernoch sah Louis mir in die Augen und schien auf eine Antwort meineseits zu warten.

Ergeben seufzte ich. „Du hast ja recht. Aber du solltest verstehen, dass mir sowas schwer fällt. Ich liebe ihn und will nunmal nicht, dass ihm etwas schlimmes zustößt."

"Ich verstehe dich wirklich.", sagte er ehrlich und ließ seine Hände von meinen Schulter sinken, „Wir müssen jetzt weiter gehen. Wir sind ohnehin schon spät dran, also komm." Louis drehte sich wieder um und lief neben mir weiter. Den Rest des Weges schwiegen wir. Mental bereiteten wir uns schon auf das, was uns gleich erwarten würde, vor.

Mein Puls stieg mit jedem Schritt, dem wir uns dem Labor näherten. Mein Blick wanderte noch ein letztes Mal zu dem Buch, welches Louis unter seinen Arm geklemmt hatte. Es war quasi unsere Lebensversicherung. Wenn es als Bestechungsmittel nicht funktionierte, dann würden wir aufgeschmissen sein. Funtionierte es dagegen, so könnten wir fliehen. Danach würden wir endlich wieder frei sein. Ich konnte es schon gar nicht mehr abwarten, Liam alles zu zeigen. Er hatte viel verpasst und es würde sicherlich eine Umstellung für ihn werden, plötzlich völlig normal zu leben. Doch noch sollte ich keine Gedanken daran verschwenden. Zuerst musste uns die Flucht gelingen, dann konnte ich an meine Zukunft denken.

Silent Hill  // Liam PayneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt