Kapitel 13

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Die ewigen Weiten schienen endlos zu sein, doch irgendwann drosselte er seinen Mustang und das gigantische Tor ragte vor ihm auf, wie das eines Gottes.

Es waren keine Wachen zu sehen, aber dieses Gefängnis brauchte keine Menschen. Jetzt, wo er direkt vor der Burg stand, überschwammen ihm abertausende Erinnerungen, die er am liebsten sofort wieder vergessen hätte. Auch sein Mustang roch den Gestank des Todes und der Fäulnis. Nicht einmal die Frische des Eises konnte die vielen Gerüche überdecken.

Es war ein grausamer Ort, die letzten Stufen vor dem Tod.

Eis bildete sich unter seinen Lederklamotten und nur mit aller Macht hinderte er es daran, bis zu seinen sichtbaren Händen vorzudringen.

Fünf Meter zuvor zügelte er sein Pferd und wartete. Das Heulen des Windes war hier so laut, dass er beinahe die tiefe Stimme überhört hätte, die mit grausamem Flüstern aus dem Inneren begleitet wurde. Sein Mund fühlte sich an, als wäre er mit einem alten Lumpen geknebelt worden.

„Welches Treiben führt Euch in dieser sternenlosen Nacht an den Ort des Todes und der Sünden?"

Weylin konnte keine Gestalt ausmachen. Die Mauer hatte weder Fenster noch Türen. Es war eine brutale Schicht aus Metall und Eis. Zu seiner beiden Seiten stachen meterhohe, nadelspitze Eispfeile schräg in die Höhe und wehrten waghalsige Leute davon ab, einzudringen.

Er schloss kurz seine Augen. Um etwas zu ändern, musste man etwas riskieren.

Als er sprach, war er kein mickriger Leibwächter mehr, sondern der Soldat, der seine Männer aus dem Tod geführt hatte.

„Ich komme im Namen des Königs Kaius I. und fordere, hineingelassen zu werden."

Die Stimmen regten sich. Zischen und tödliches Gelächter überragten das leidende Klagen.

„Wie war Euer Name noch gleich?"

„Das Kennen meines Namens ist Euch nicht gewährt. Das Einzige, was Ihr wissen müsst, ist, dass der Zorn des Königs über Euch kommen wird, wenn Ihr Euch seinen Befehlen widersetzt."

„Ihr seid ein Wolf, Krieger. Ich kenne Euch. Damals habt ihr uns das Töten verwehrt. Zu schade, dass Ihr nicht mit allen Gnade hattet."

Sein Herz raste vor Wut. Mit Mühe unterdrückte er das Pochen seiner Lippen.

„Ihr werdet noch ein viel größeres Problem haben, als weniger Menschen zu töten, wenn Ihr mich nicht hineinlässt."

„Aber gewiss."

Mit einem Mal bebte die Erde unter ihm. Ein lautes Knirschen und Heulen erklangen und es schien, als würde der Sturm über ihm gerade anfangen zu wüten. Dieser Ort war mit keinem anderen zu vergleichen, den er kannte.

Das Tor versank quälend langsam im Erdboden und schlagartig hielt er die Luft an. Der kalte Wind brachte den Gestank nach Verwesung und Tod mit sich. Diesen süßlichen moschus-artigen Duft mit dem Geruch von alterndem Fleisch hatte er seit den vielen Schlachten nicht mehr gerochen. Er war unverkennbar und unvergesslich und war das Siegel dieses Gefängnisses.

Schon damals war ihm übel geworden und viele begleiteten ihn, während er sich übergab, aber diesmal stieg bloß der bittere Geschmack der Galle in ihm hoch.

Sein Mustang trieb dieser Gestank allerdings in den Wahnsinn. Er schlug wild mit dem Kopf um sich und scharte mit den Hufen. Er hielt die Zügel fest umklammert. Um sein Pferd zu beruhigen fielen ihm jedoch die Mittel und die Zeit.

Das leise Fauchen verwandelte sich in amüsiertes Krächzen, als das Tor verschwand und der Eingang in das Gefängnis offenstand. Gähnende Leere empfing ihn und unzählige Fackeln erhellten die totenstillen Gänge. Türme um Türme stachen in die verhängende Nacht und Baracken reihten sich an die anderen. Er wusste von anderen seiner Soldaten, dass Gänge noch an Waschblöcken und an eine Küche führten, andere wiederum an verschiedene Höfe, die allerdings niemand zu betreten wagte, weil sie von Eisbären als Fressplatz genutzt wurden.

Nine CrownsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt