Kapitel 24

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Selten hatte sich Weylin so geschämt.

Er war an seinem Pferd festgebunden, seine Hände hatte er ineinander zur Faust geballt, während Kenric seinen Kopf schwer auf seinen lehnte. Rücken an Rücken ritten sie durch die Nacht.

Seit Stunden schritten sie durch Nefarious, hatten zwei Mal gehalten, um die Pferde trinken zu lassen und waren dann ohne Verzögerung weiter.

Der Wald war hier so dicht, dass die Blätter seine Schultern streiften. Hinter ihnen ritt ein weiterer von den Kumpanen der Frau, die sie unangenehm überrascht hatte. Sein Gesicht glich stark dem des Mädchens, was er daraus schlussfolgerte, dass sie Zwillinge sein mussten. Seine Miene war genauso düster und seine Statur grazil, wie die Raubvogelaugen und die sehnigen Arme seiner Schwester. Die Soldatenlady ritt direkt vor ihnen den schmalen Pfad durch den Wald. Ihr Rücken war durchgestreckt und gerade, sie passte sich perfekt dem Rhythmus des Pferdes an. Er wunderte sich, welche militärische Ausbildung dieses Mädchen wohl genossen hatte. Das andere Feuermädchen, der Zwilling des Bruders, ritt voraus. Anscheinend galten zwischen ihnen keine wirklichen Hierarchien.

Weylin kochte vor Wut. Das Sattelhorn war bereits vereist und nur mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, hielt er sich davon ab, Kenric nach hinten zu schubsen. Sein ganzes Gewicht lag auf ihn und drückte ihn leicht nach vorne.

Weylin biss fest die Zähne zusammen und konzentrierte sich auf die weißen Ohren seines Hengstes.

Mit Leichtigkeit hätte er es geschafft unbemerkt aus diesem Land zu entkommen. Vielleicht wäre er jetzt schon an der Grenze zu Plúirín, und nicht irgendwo mitten in einem dichtverzweigten Wald auf dem Weg zum Königspalast und geradewegs mit dem Kopf in eine Schlinge.

Schlimm genug, dass er in seinem eigenen Land schon die Todesstrafe erhalten hatte, eine weitere beschaffte ihm nicht wirklich die Freiheit, nach der er sich so sehr sehnte.

Vor ihm verlangsamte die Soldatenlady ihr braunes Pferd und unweigerlich bremste sein eigenes.

Er streckte seinen Kopf, um an den beiden Mädchen vorbeisehen zu können. Vor ihnen endete der Wald plötzlich und nur noch zähes ausgetrocknetes Gestrüpp bedeckte den kahlen Boden.

Leise und langsam machten sich Sandsteindünen aus dem kahlen Stein auf. Kalk- und Schieferstein türmten in allen Formationen in die Höhe und mündeten in Höhlen und Tälern. Es war ein komplexer Anblick aus rotem Stein, durch die weiße, milchige Streifen wie Markierungen und Banner zogen.

Heißer Wind scheuchte winzige Staub- und Steinpartikel auf und die erdrückende Sonne kannte keine Gnade.

Kratzige Büsche und verbleichte grüne Sträucher bedeckten den Ansatz von Dünen. In der Ferne konnte er Kakteen ausmachen, die nur in den trockensten Gebieten ihre Heimat fanden. Eibisch und andere Blumen waren jedoch nur selten.

Sie ritten in einer Reihe. Weylin und Kenric in der Mitte, flankiert von dem Zwillingsbruder und der Soldatenlady zu ihrer Rechten.

Kenric stöhnte, als die ersten Hitzewellen auf ihn niederschlugen.

„Wo sind wir?", murmelte er betrübt und rieb sich die Augen. Das Seil kratzte an seinen Handgelenken.

„Im Tal des Feuers", entgegnete die Soldatenlady und richtete ihren Blick auf die Schlucht, auf die sie direkt zusteuerten. Nur schmale Passagen waren schattig und er wartete erpicht auf die Kühle.

Drei schwarze Raben flogen über ihre Köpfe hinweg, suchten nach Fleisch, das es hier so selten gab.

„Was?", hauchte Kenric entgeistert und wandte den Kopf. „Weylin."

Nine CrownsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt