Kapitel 3

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Die steilen Stufen zu seiner Hütte sprang er hinauf und stürmte mit einem langen Schritt in das Innere. Mit einem Donnern knallte er die Holztür hinter sich zu und ballte seine Hände zu Fäusten.

Unnachgiebige Wut strömte durch seine Venen und er biss so fest die Zähne zusammen, dass sein Kiefer knackte.

Ein Schrei brach aus seiner Kehle aus und er schlug so fest gegen die Mauer neben ihm, dass Eis aus seiner Hand schoss und sich über den ganzen Bereich verstreute. In rasender Geschwindigkeit verteilten sich Eiskristalle in allen Formen und Größen und ein Knistern erfüllte den Raum. Er hob zitternd die Hand und es knackte, als er sich von dem Bild seiner Wut losmachte. Er geriet selten in Wutausbrüche. Wieso also hatte er sich nicht im Griff? Die Frage konnte er leicht beantworten, aber sie lautauszusprechen, kostete ihm zu viel Kraft. Durch seine Adern kochte eiskaltes Blut und er atmete ein paar Mal tief durch, um seine vereisten Hände zu normalisieren.

Das Eis zog sich langsam zurück, bis es schließlich verschwand und nur noch eine angenehme Kühle seine Haut überzog.

Er musste aufpassen, welchen Schaden er mit seiner enormen Kraft zufügte, vor allem außerhalb seiner vier Wände. In den vielen Jahren hatte er sie zwar unter Schloss und Riegel gebracht, aber wenn Wut seine Sinne überrannte, dann war nichts und niemand mehr sicher vor seinem Eis.

Seit 13 Jahrzehnten war Kaius nun schon König und Weylin musste knapp 130 Jahre unter seinen Befehlen leben. Doch damals verarbeitete er die schlimmen Bilder des Großen Krieges und scherte sich nicht, wer das Reich wiederaufbauen sollte.

Die Könige vor Kaius waren schließlich gute und gerechte Herrscher gewesen. Aber jetzt, als die Wunden allmählich verheilt waren und der Alltag langsam wieder in die Mauern von Elysian sickerte, fiel es ihm von Tag zu Tag schwerer, die kühle Maske zu bewahren, die er zuvor mit Perfektion getragen hatte. Jetzt erkannte er, welches falsches Spiel bei den Monarchen gespielt wurde.

Es hatte lange gedauert, das Land aus Schnee und Eis wieder herzustellen - mit dickeren Mauern, gefährlicheren Messern und dem undurchdringlichen Band zwischen den Bewohner und den Soldaten, die sie beschützten.

Am Anfang war es alles andere als einfach, das Misstrauen und die Depression vieler Soldaten aus den Gemütern zu vertreiben, aber was war ihnen anderes übriggeblieben, als weiter zu machen und über seinen eigenen Schatten zu springen?

Er fuhr sich durch die verschwitzten Wellen seiner tiefschwarzen Haare und strich es sich aus der Stirn.

Sein Magen verlangte nach etwas zu essen und seine Beine würden bald sein Gewicht nicht mehr tragen können.

Mit einem letzten Blick auf die Wand, auf der sich das Eis wie ein wirbelnder Sturm in seiner ganzen Pracht zeigte, machte er sich auf den Weg zur Küche.

Zu einer großen Mahlzeit - die er wahrscheinlich gebraucht hätte - konnte er sich nicht aufraffen, deshalb nahm er sich nur ein paar Scheiben Brot aus dem Schrank.

Das Brot war alles andere als weich und sein Kiefer knackte bei jedem Bissen.

Weylin hatte noch keine Zeit gehabt, sich frisches Brot vom Bäcker am Marktplatz zu holen, aber er war es vom Krieg gewohnt, ungenießbare Sachen zu essen. Müde lehnte er sich an den Esstisch und knabberte gedankenverloren an seinen Scheiben Brot.

Er war immer noch zu wütend, um Declan Recht zu geben. Ein Auflehnen gegen das Königshaus war idiotisch und reiner Selbstmord –erst recht jetzt, als sich alles wieder stabilisierte und die Leute zu ihrem gewöhnlichen Alltag zurückfanden.

Er hatte nicht das Recht dazu, den Menschen das Glück zu stehlen.

Und doch zerrte in ihm etwas.

Nine CrownsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt