Kapitel 30

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Die Königin von Plúirín schwieg. Mit verschlossener Miene starrte sie auf die Tischdecke.

Es war schwer zu sagen, ob sie Weylin glaubte oder in ihrem Kopf durchging, welches Risiko sie damit einging, einem alten Geliebten zu helfen.

Niemand konnte ihr handgreifliche Beweise liefern. Nur wenn sie sich selbst in die Eiseskälte wagte, würde sie verstehen können, worum er sie bat.

Die Vögel fingen an zu zwitschern und badeten sich in dem Wasser eines Tranks, der gut geschützt unter einer pinken Blütenkirsche stand.

Eine gefleckte Katze lauerte im Gebüsch und richtete ihre gelben Augen auf die zwitscherten Vögel.

„Wer weiß sonst noch davon?" Er wandte den Blick von der Katze ab, als ihre Stimme an etwas Festes gewonnen hatte.

„Niemand. Wir hatten noch keine Gelegenheit in die anderen Länder zu reiten"; antwortete er ihr wahrheitsgemäß.

„Ich werde Euch helfen, Weylin. Kein Land verdient es in Furcht und Schrecken leben zu müssen."

Ein Stein fiel ihm vom Herzen und am liebsten wäre er ihr vor die Füße gefallen, doch ihre Miene war immer noch finster.

„Doch meine Armee wird nicht ausreichen."

„Wen können wir noch fragen?", mischte sich Kenric ein und lehnte sich nach vorne.

Ihre blau-bernsteinfarbenen Augen richteten sich auf ihn, sie waren ausdruckslos und leer.

„Cimmerian. Dorin würde euch selbst im Krieg beiseite stehen, doch ob er seine Soldaten schickt, weiß ich nicht. Er liebt sein Volk", sagte sie und trank mit einem kräftigen Schluck ihren Wein aus und stand auf. Ihr blutrotes Kleid wirkte zu prachtvoll für ihr blasses Gesicht. Sie sah aus, als wäre ihr schlecht.

„Euer Land ist sehr mächtig und Verendus braucht nicht einmal hundert Mann, um eine ganze Armee vor Angst zusammenbrechen zu lassen. Fragt Winslow, Litoreus oder Noor. Sie alle würden für ihre Freiheit kämpfen."

Weylin stand auf. „Ich kämpfe für meine Leute. Wer wäre ich, wenn ich mich der Angst nicht stellen würde?"

„Ihr sprecht wie ein König, mein Krieger. Ich wünschte, Ihr wäret ein junger Gott, dann bräuchtet Ihr keine Krone."

Sie strich ihm sanft das Haar aus der Stirn und schritt anmutig aus dem Saal. Die rote Schleppe hinter ihr wehte in einer sanften Frühlingsbrise.



In den letzten Wochen hatte er wenig Gelegenheit gehabt über sein Erbe nachzudenken. Wirklich nachzudenken.

Wie konnte es sein, dass er seinen Vater wirklich gekannt hatte? Wie war er fähig gewesen, neben ihm zu stehen, ihm zuzuhören, wenn er ihn in seine Strategien und Ideen eingeweiht hatte, neben ihm durch die Stadt spazieren zu gehen, während außerhalb der Mauern die Welt in Schutt und Asche stand?

König Roland war ein gutmütiger Herrscher, mit Gnade in seiner Stimme und Schalk in seinen blauen Augen. Und er hatte einen so grausamen Tod erlitten.

Weylin presste die Augen fest zusammen, als die Bilder ihn zu überrollen versuchten.

Ein Schüttern erfasste seine Schultern und er presste sich gegen die Türe seiner Gemächer.

Nur ein Jahr früher waren die Dinge alle noch so anders gewesen. 

Mehr als zweihundertfünfzig Jahren war er in dem Glauben gewesen, sein Vater wäre tot, doch er hatte ihn die ganze Zeit gehabt. Und jetzt war er wirklich fort.

Ein erstickter Schrei kroch aus seiner Kehle.

Er war der König. König. König. Thronerbe. König Rolands einziger Sohn.

Weylin musste diesen Krieg gewinnen. Der Angst durfte man keine Macht zum Atmen geben. Sie erstickte einen.

Er fand entweder einen Weg oder er musste sich einen machen. 

Nine CrownsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt