„Nun, das war schräg."
Brummend stimmte Weylin seinem Freund zu.
„Alle Vorurteile, die man über Nefarious hat, müssen stimmen. Wer nimmt denn feindliche Soldaten fest und lässt sie nach ein paar Stunden wieder frei?", stieß Kenric empört hervor, während er seinen weißen Hengst neben seinen lenkte.
„Wahrscheinlich hat sie irgendetwas umgestimmt. Hast du ihr Gesicht gesehen, als ich das Thema Freiheit ansprach?", fragte Weylin und zog die Stirn in Kraus.
„Vielleicht trieb ihre Familie den Sklavenhandel und sie ist dagegen. Was auch immer es war, ich bin den Göttern dankbar dafür", murrte Kenric und starrte in den wolkenlosen Himmel.
„Wie weit ist es noch, denkst du?", fragte er und wechselte somit das Thema. Er konnte es ihm nicht verdenken. Wenn es nach ihm ginge, würde er dieses Treffen nie wieder ansprechen.
„Lange kann es nicht mehr sein. Das Tal des Feuers ist nicht sonderlich groß. Bei Sonnenaufgang sind wir an den Grenzen", erwiderte Weylin und trieb sein Pferd in den Galopp.
Stunden vergingen, während die Hitze nicht abnahm. Die Sonne sank langsam in ihrem Rücken, ließ ihre Wärme jedoch zurück. Die Luft staute sich und das Atmen fiel ihnen zunehmend schwerer. Schweiß rann ihnen den Nacken herunter und tränkte ihre Hemden.
Sie sahen elend aus. Durch den Schweiß fühlte er sich krank und unsauber. Seine Hände klebten am Zügel und nasse Strähnen seines Haares hingen ihm ins Gesicht, die er sich jedes Mal, wenn sie vom Gang des Pferdes nach vorne fielen, ärgerlich nach hinten schob.
Vielleicht hätten sie die Hitze zügeln können. Doch ihre Kräfte verwehrten ihnen das kühlende Eis.
Es gab wahrscheinlich bessere Orte zu sterben, als in dieser Einöde, in der es nur so von Zopiloten wimmelte, die nur darauf warteten, bis einem ihrer Pferde die Knie einknickten.
Nur schleppend kamen sie voran.
Es gab kein Wasser, keinen Schatten, nicht einmal Kakteen, die bekannt waren, dass sie die Wasserspender der Wüste waren, machten sich auf.
Der Boden unter ihnen musste grausam für die Pferde sein. Trockener, staubiger Felsboden, der die Sonnenwärme aufsog, wie ein Schwamm das Wasser.
Es war ein übler Abend, doch schließlich färbte sich der Himmel in ein zärtliches rosé. Rote Flammen zogen sich durch den Himmel, bis sie von den immer dunkler werdenden Wölkchen gelöscht wurden.
Die Sonne verschwand nun gänzlich und mit ihr auch das Licht.
Stockfinster wirkten die Dünen noch entsetzlicher, als am Tag. Sie ließen viel Freiraum für Fantasie und Tagträumerei. Hinter den gezackten Felsvorsprung zu seiner Rechten konnte man sich herrlich ein wutentbranntes Wolfswesen vorstellen, das gerade zum Sprung ansetzte.
Dennoch war er zu alt, um sich den kindlichen Mythen hinzugeben. Er wusste, dass es sie nicht gab. Wieso sollte er dann an sie glauben?
Sie ritten die ganze Nacht durch. Es war ein zu großes Risiko Rast zu machen und noch einmal aufgehalten zu werden.
Als die Sterne langsam dem Tag Platz zum Atmen gaben, kündigten die ersten hellen Strahlen den Morgen an. Majestätisch reckten sie sich nach oben, glitzerten sanft im roten Morgenlicht. Der steinige Boden unter ihnen wurde brauner, bis er letztendlich den sandfarbenen Ton annahm, den die Dünen ihm gegeben hatten.
Anmutig hob sich die Sonne vor ihnen aus dem Meer, weit hinter den Ländern von Cynefin. Keiner wusste, woher sie kam und niemand hatte gesehen, an welchem Ort sie verschwand und ihre Wärme mitnahm.
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Nine Crowns
FantasíaFrost and Darkness In einem Land, das nur den Schnee und die eisige Kälte kennt, spielt ein junger Soldat mit dem Tod. Ein verherrender Krieg liegt hinter den neun Königreichen und ein Schlimmerer wird noch folgen. Weylin wird dazu auserwählt, den K...