Kapitel 20

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Dichter Nebel begleitete ihn durch die Öffnung eines Waldes. Feines Sonnenlicht durchflutete die Wege. Spitze Äste, die sich wie Krallen nach ihm vergriffen, warfen Schatten auf den kahlen Boden. Er hörte sein eigenes Blut in seinen Ohren rauschen, so leise war es in diesem Wald. Unheil versprach die Dunkelheit, die wie Rauchschwaden von den Baumkronen abfiel. Die Luft wurde kälter und er spannte seine Finger.

Etwas Tiefes, Ungestümes zog ihn tiefer in die Finsternis. Leise flüsterte es zu ihm. Versprechen und Erinnerungen von einer vergessenen Zeit. Die Stimmen waren älter, als die ersten Herrscher von Cynefin. Sie jubelten, sie schrien und stöhnten. Man lockte und wehrte ihn wieder ab. Es klang, als könnten sie sich nicht entscheiden, als würden die Stimmen miteinander streiten.

Sein Herz pochte laut in seiner Brust.

Die Dämonen bettelten ihn weiterzugehen. Nur noch ein kleines Stück. Weiter. Weiter. Nur noch ein bisschen. Wage es.

Das Heulen eines einsamen Wolfes verscheuchte die Dämonen. Tief und geduldig stimmte der Wind mit ihm ein. Sie waren eins und der Himmel mit seinen Sternen und dem Mond war ihr Publikum.

Die Furcht vor einem Raubtier der Nacht ließ seinem Pferd den Weg verweigern. Es stoppte und stieß wild um sich. Er krallte sich in die losen Haare, als der weiße Hengst sich auf seine Hinterbeine stellte und dem Wind zu entkommen versuchte.

Die Angst verströmte sich und das Heulen, das so ruhig die Nacht anstimmte, näherte sich auf leisen Pfoten.

Der einsame Wolf wurde oft unterschätzt, doch man würde sich immer irren. Ein Wolf war niemals allein. Sein Rudel folgte ihm und gemeinsam machten sie aus der Dunkelheit einen treuen Freund.

Der Hengst protestierte und schnaubte vor Angst. Dicht lagen seine Ohren an und sein Schweif peitschte ihm gegen die Waden.

Er konnte sich nicht erinnern, Wölfe jemals so nah gehört zu haben. Zu Zeiten vor dem Großen Krieg hatten seine Familie und er oft Feiertage bei seinen Großeltern verbracht und er, so neugierig wie er war, war in die Wälder gegangen und den Spuren der Rehe gefolgt.

Wölfe gab es in jedem Waldstück in Elysian. Sie wurden nie gejagt, sie standen unter Schutz, doch diese Tiere waren viel zu scheu, um ihre Pracht zur Schau zu stellen.

Er trieb sein Pferd also weiter. Wenn er Glück hatte, würden die Wölfe bei seinem Anblick einen Rückzieher machen.

Der Weg, den er einschlug, war ihm vage in Erinnerung. Die Nacht würde nicht mehr lange auf sich warten lassen und der Waldboden war im Laufe der Jahre zugewachsen und an manchen Stellen nicht zu passieren.

Nach nur wenigen Stellen, an denen er umkehren oder absteigen musste, führte er nun sein Pferd zu Fuß weiter. Der Boden war ungewöhnlich sumpfig, Nässe stieg ihm in die Stiefel.

Keuchend bahnte er sich einen Weg durch das dichte Gestrüpp. Das Heulen der Wölfe wurde immer leiser, doch es konnte auch genauso sein, dass sie ihren Standort nicht preisgeben wollten.

Das Licht der Sonne wurde immer dunkler. Ein intensiver Rotton wärmte sein Rücken und färbte sein dunkles Haar braun.

Seine Augen waren streng auf den Boden gerichtet, als ein warmer Lichtstrahl seine Aufmerksamkeit forderte.

Verborgen von einem düsteren Wald, geschützt durch gigantische Bergen lag ein See, dessen gefrorene Oberfläche wie tausend Tränen in dem sanften Abendrot glitzerte.

Er schob die letzten Äste wie Vorhänge beiseite und stand auf einer Plattform. Kein Wind, kein Nebel unterbrach die Stille, die sich wie ein Schleier um die kilometerweite Lichtung legte.

Nine CrownsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt