Kapitel 10

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Es herrschte hektisches Treiben, als er leise die Tür öffnete und sich in dem großen Raum umsah. Überall stiegen Dampfschwaden auf und Gewürzdosen standen offen auf dem Tresen. Teller aus feinstem Porzellan wurden gefüllt mit köstlichem Fleisch, Gemüse und zusammengeschmolzenem Reis. Eine Flasche Wein wurde in dem Moment geöffnet und der Korken fiel mit einem Flopp durch die Luft.

Die Küche sah immer noch genauso aus, wie er sie in Erinnerung hatte.

Am Fenster hingen Pflanzen und Kräuter von einem Stiel an der Decke, gleich daneben waren Regale mit bereits gefüllten Dosen. Ein breiter Tisch füllte die andere Ecke, direkt gegenüber waren die Kochplatten und Öfen. Frauen liefen wie ein Strom Fische von einem Tisch zum nächsten. Die Küche bestand aus insgesamt vier Räumen, wobei eine als Speisekammer genutzt wurde. Bögen aus Eis trennten die jeweiligen Räumlichkeiten. Aus dem einen Teil erklang das tiefe Gelächter der Männer, die die Fleischstücke von der vorherigen Jagd in kleinere Stücke hackten. (Der Schlachthof befand sich am anderen Teil der Stadt). Direkt an der Tür, in der er stand, waren ein paar Frauen stark konzentriert die Dekoration der Gemüseplatte ordentlich zu platzieren. Kleine Lichtkügelchen an einer Schnur baumelten über ihren Köpfen. Rechts daneben waren andere wiederum dabei den Nachtisch vorzubereiten. Er konnte zwar nur den Raum vor ihm genau sehen, aber die Abteile waren ihm so vertraut, wie seine rechte Hand. Er schloss die Tür und erst jetzt bemerkte man ihn. Eine Frau mit rundlichem Gesicht hob den Kopf und augenblicklich zogen sich ihre Mundwinkel nach oben.
„Weylin!", rief sie, ließ alles stehen und liegen und kam mit ausgestreckten Armen auf ihn zu. Ihre Schürze flatterte etwas und Mehlwolken stülpten auf. Ihr schwarzes Haar war in einem festen Dutt zusammengeflochten worden und sie strich sich schnell eine Strähne aus den Augen. Dann drückte sie ihn fest an sich. Er konnte nicht anders und musste grinsen. Ihr vertrauter Geruch nach Ingwer und Piment umhüllte seine Nase und rief wieder alte Erinnerungen hoch. Sie war einen ganzen Kopf kleiner als er und sie musste sich hochstrecken, um ihre Arme um seinen Hals legen zu können. Ihre glatte Haut färbte sich rosa, als sie etwas zurückwich und ihn direkt ansah. Ihre großen blauen Augen waren einmal das einzige, was ihn auf andere Gedanken gebracht hatte und ihr Lächeln, mein Gott, es war so hell, dass es mit den Sternen mithalten konnte.

„Was machst du hier?", fragte sie mit ihrer weichen Stimme, die ihn immer noch berührte.

„Ich bin wieder im Schloss. Nun als persönlicher Leibwächter des Königs.", entgegnete er.

Es war ihm peinlicher zuzugeben, als er gedacht hätte.

Sie schürzte die Lippen und machte ein bedrücktes Gesicht.

„Das ist wirklich doof. Bist du dann immer noch Soldat?"

„Ich habe nie aufgehört, Soldat zu sein, Bianca.", antwortete er schärfer, als beabsichtigt.

Sie wich mit ihrem Kopf etwas zurück, erschrocken von seiner plötzlichen Empörung.

„Natürlich, hast du das nicht, Weylin, aber ... das ist jetzt auch egal, nicht wahr? Du bist bestimmt nicht hier, um Trübsal zu blasen", riet sie und drehte sich kurz zu den anderen Angestellten um. „Dort drüben ist noch ein Platz frei. Du kannst mit uns essen, wenn du willst. Ich muss nur noch das Mahl für den König fertigstellen, dann kann ich sofort..." Weiter kam sie nicht, denn Weylin berührte sie sachte am Arm und lächelte sie beschwichtigend an.

„Bianca, ich bin es bloß. Ich warte einfach in der Ecke und lass euch in Ruhe arbeiten", schlug er vor und ließ sie los.

Was er an Bianca so schätzte, war, dass sie aus jeder erdenklichen trüben Situation Heiterkeit schöpfen konnte und es jedes Mal wieder schaffte ihn aufzumuntern.

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