Dann ging alles ganz schnell.
Die großen Flügeltüren wurden eingerissen und Männer in schwarzen Rüstungen brachen herein, ihre Schwerter fest in ihrem Griff. Blitze aus Eis und Kälte wurden abgefeuert und jagten Weylin. Der König brüllte irgendwelche Befehle, die er durch den ganzen Wirbel nicht verstand.
Mindestens dreißig Mann umzingelten den König und schützten ihn vor Weylin, der allerdings nichts anderes tun konnte, als die Schüsse nur so gut es ging abzuwehren und auszuweichen.
Einer der Soldaten blockierte ihm den Weg, indem er eine gigantische Mauer aus undurchdringlichen Eis erschuf, deren Spitzen wie Pfeile in den Himmel stachen.
Weylin rannte so schnell wie noch nie. Die Horde an Soldaten waren ihm auf den Fersen und immer wieder schossen Eispfeile knapp an seinen Ohren vorbei.Die Mauer war das einzige Hindernis zwischen ihm und das Fenster, das mindestens dreißig Meter in die Tiefe abfiel.
Direkt auf den Marktplatz.
Er biss fest die Zähne zusammen, sammelte alle seine Macht in seine Fingerspitzen und ließ sie frei.
Wie ein Feuerwerk schoss das Eis von seinem Körper auf die Mauer und prallte mit einem Donnergrollen gegen sie. Mit einem Ruck zerbrach sie in tausend Stücke. Er konnte sich gerade noch bücken und schon zerfetzte ein Stachel einen Soldaten hinter ihm die Brust.
Sonnenlicht blendete ihm, als er mit voller Geschwindigkeit auf das offene Fenster zuraste.
Er spürte die drohende Macht im Nacken, als er sein Eis neuformierte und in den Abgrund stürzte.Der kalte Wind blies ihm das dichte Haar aus dem Gesicht, während er strauchelnd auf seiner provisorischen Rutsche immer tiefe stürzte.
Die Bürger auf dem Marktplatz schrien entsetzt auf, einige hatten bereits ihre Kinder in die Hütten gescheucht und standen kampfbereit nebeneinander.
Als sie Weylin erkannten, wurden ihre Gesichter umso mehr besorgt und wild. Doch als sie die Palastwachen hinter ihm herjagen sah, wich alle Farbe aus ihren Gesichtern.Vor lauter Hektik sprang er über Körbe voller Wolle, Decken und Obst. Er stieß alle Menschen aus dem Weg, die aus ihrer Schockstarrte heraus nicht fähig waren sich zu rühren.
Befehle der Wachen stießen auf taube Ohren, während er versuchte immer schneller zu rennen.
Schneller. Schneller. Schneller.
Es war nicht mehr lang bis zu den Stallungen.
Verdammt, was sollte er jetzt nur machen?
Verzweifelt sah er über seine Schultern, doch trotz seiner erhöhten Geschwindigkeit verloren die Wachen ihn nicht aus den Augen.
Plötzlich schrie eine Frau panisch vor ihm auf und nur im letzten Moment riss er die teuersten Kleider vom Ständer zu Boden und nicht die Frau.
Er hatte keine Zeit sich zu entschuldigen, sondern rannte einfacher immer weiter.
Nur noch wenige Meter trennten ihn und die Stallungen und erleichtert atmete er auf, als die Rufe der Wächter endlich schwächer wurden.
Sein Herz raste, Schweiß rann ihm in die Stirn und den Nacken herab, seine Beine schrien vor Schmerz.
Bei den Stallungen angekommen, drückte er die schwere Tür auf und keuchend schob er den Riegel zur Box seines Hengstes auf.
Er war schon halb dabei, die Zügel von dem Riegel an der Wand zu entknoten, als ihn jemand ruckartig an den Schultern packte.
Seine Hand war schon auf halbem Weg eine Nase zu zertrümmern, als er die warmen, azurblauen Augen seines besten Freundes sah.
„Weylin, was zur Hölle ist mit dir passiert?", rief er und tastete nach der offenen Platzwunde an seiner Stirn.
Grob schob er sie beiseite und riss das Seil nun endgültig los.
„Steig aufs Pferd", befahl er ihm bloß und schob ihn aus der Box.
Verwirrt drehte er sich zu ihm um und wedelte wild mit den Händen, doch Weylin schnitt ihm das Wort ab.
„Jetzt!", schrie er und Kenric bekam große Augen. Der Groschen war gefallen. Niemals hätte Weylin in einem so harschen Tonfall mit ihm gesprochen, wenn es nichts irgendetwas Ernstes war. Und diesmal ging es um sein Leben.
Es blieb nur noch Zeit für ein schweres Schlucken, als Kenric sich bereits auf dem Rücken seines Pferdes neben ihm stellte.
Dann gab Weylin seinem Hengst die Sporen. Und das keine Sekunde zu spät. Sie mussten die Köpfe einziehen, als sie mit waghalsigem Tempo aus den Stallungen galoppierten, gerade als die Palastwache den Markt verlassen hatten und nun Eisregen auf sie niederfiel.
Schnee fiel von den Dächern und die Pferde holten panisch mit ihren Hinterläufen aus. Der Boden hinter ihnen knarzte und bebte, als immer mehr Pfeile einschlugen.
Zwei nichtsahnende Wächter drehten sich entsetzt um, während Weylin und Kenric mit einer Horde wütender Wächter im Nacken auf sie zu rasten.
Er erkannte die zwei jungen Männer. Es waren die Söhne seiner treuen Soldaten, die einst im Krieg mit ihm gekämpft hatten.
Die beiden Männer reagierten schnell. Mit einem Ruck befreiten sie das schwere Schlosstor, das knarrend nach unten fiel. Mit einem lauten Krachen, das den gesamten Boden erschüttern ließ,
stürzte es knapp hinter ihren Köpfen herunter.
Die Palastwachen hatten keine Chance ihnen zu folgen. Sie saßen in ihrem goldenen Käfig fest.
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Nine Crowns
FantasyFrost and Darkness In einem Land, das nur den Schnee und die eisige Kälte kennt, spielt ein junger Soldat mit dem Tod. Ein verherrender Krieg liegt hinter den neun Königreichen und ein Schlimmerer wird noch folgen. Weylin wird dazu auserwählt, den K...