So schnell mich meine Beine tragen können flitze ich zu dem vereinbarten Treffpunkt. Eine große Litfaßsäule in der Nähe des Eingangs des Marktes. Es ist zwar glatt und ich muss echt aufpassen, dass ich nicht hinfalle, aber das ist gerade nur zweitrangig. Viel wichtiger ist es jetzt Yeosang zu finden.
Ich sehe ihn schon lässig an der Litfaßsäule angelehnt stehen. Das soll jetzt nicht schwul klingen oder der gleichen, aber er sieht im Vergleich zu sonst verdammt gut aus. Außer Atem und keuchend komme ich vor zum Stehen. Ich stütze mich auf meinen Beinen ab und schaue ihm in sein Gesicht. Meine Knochen schmerzen einfach gerade höllisch und ich fühle mich, als würde ich jeden Moment zusammenbrechen. Mit besorgten, aber dennoch belustigten Blick guckt er mich an. Ich kann nur noch ein Zeichen für 'Okay' in die Luft zeigen, da greift er auch schon nach meinem Arm und zieht mich in eine aufrechte Position. Mit einem liebevollen Grinsen, das er mir schenkt, muss nun auch ich anfangen zu lächeln. Er lässt von meinem Arm ab und wir setzen uns in Bewegung, um den Markt zu erkunden.
Wir gehen an vielen Ständen vorbei, die wir beäugen und wo wir die Preise vergleichen.Kein Wunder, warum die hier so viel Geld verdienen, wenn die Preise so dermaßen teuer sind.
Gerade schaue ich einen Stand mit Schmalzkuchen sabbernd an, weil ich heute noch nicht viel gegessen hatte, da tippt mir Yeosang gegen meinen Arm und sagt, dass er für uns welche kaufen würde. Ich verweigere natürlich sofort, aber daher, dass wir beide Hunger haben, einigen wir uns den Preis zu teilen. Nun schlendern wir mit dem angenehm warmen Gebäck über den Markt. Hier und da bleiben wir mal stehen, aber mehr als gucken machen wir nicht.
Wir entfernen uns gerade wieder von einem Stand, da hält mich der Braunhaarige am Ärmel fest und deutet auf eine etwas von der Menschenmenge abgelegenere Bank. Ich nicke und wir lassen uns auf diese nieder.
Ich bin zwar an Stille gewöhnt, jedoch kam sie mir dieses Mal trotzdem etwas unangenehm vor. Wir essen lediglich unsere Schmalzkuchen. Jedoch hält dies nicht lange an, als alles restlos aufgegessen ist und ich Yeosangs und meinen Abfall in den Mülleimer neben unserer Bank werfe.
Nun sitzen wir einfach regungslos nebeneinander.
Da mir das langsam etwas zu langweilig wird und ich sowieso mehr über Yeosang erfahren möchte versuche ich ein Gespräch anzufangen. "Du, Yeosang...", beginne ich und ich schaue ihn an, allerdings hat er sein Gesicht von mir abgewendet und schaut starr geradeaus. Dennoch weiß ich, dass er mich gehört hat und somit fahre ich zaghaft fort ohne meinen Blick von ihm abzuwenden, "... warum musst du eigentlich so viele Therapietermine machen. Ich meine einer am Tag würde doch auch reichen, oder?" Nun dreht er seinen Kopf zu mir und starrt mich mit seinen dunklen Augen an. Sie wirken so fesselnd, sodass ich mich sofort in ihnen verliere und mich gar nicht mehr von ihnen lösen kann.
Gerade habe ich schon die Hoffnung aufgegeben, dass er mit mir reden würde, da beginnt er wehleidig zu Lächeln.
Ich habe Yeosang schon oft lächeln gesehen und somit hat sich dieses schon in mein Gehirn eingebrannt, aber dieses Lächeln unterscheidet sich gänzlich von denen, die ich bisher von ihm gekannt habe und ein flaues Gefühl beginnt sich in meinem Magen auszubreiten. Als ich dann auch noch seine Augen glitzern sehe, da dort Tränen aufsteigen, gerate ich in eine Schockstarre. Es geht alles so schnell und auf einmal kullert ein dicker Tropfen nach dem anderen seine rosigen Wangen herunter. Ich weiß gar nicht, was ich tun soll und so sitze ich einfach nur da und beobachte das Geschehen. Erst als ein Schluchzen folgt und er mit seinen Lippen zu zittern anfängt, beginne ich zu reagieren.
Da ich in meinem Leben kaum Freunde hatte und so noch nie jemanden trösten musste, bin ich in diesem Augenblick total überfordert und tue einfach das, was meine Mutter immer in solchen Momenten tun würde.
Ich ziehe ihn zu mich heran und er legt seinen Kopf sogleich an meine Brust. Zaghaft streiche ich seinen Rücken auf und ab. Ich merke nur anhand seiner ruckwartigen Aufstöße, welche Schluchzer sind, und daher, dass er sich an mir festkrallt, dass er noch immer weint. Behutsam lege ich nun meinen Kopf auf seinem ab und mir kommt der Duft seines wunderbaren Shampoos in die Nase.
Aprikose.
Der Geruch ist so unwiderstehlich gut und ich beginne ihn noch tiefer einzuatmen und zu verinnerlichen.
Leider drückt sich der Braunhaarige schon nach - meiner Meinung nach - viel zu kurzer Zeit wieder sanft von mir und Atmet einmal tief durch, ehe er mit zittrigen Fingern anfängt Gebärden zu formen.
'Du hast recht. Ich gehe nicht so oft am Tag zur Therapie, wie ich immer behaupte. Ich kenne Yunho und die anderen jetzt schon eine ganze Weile, dennoch wollte ich ihnen noch nie etwas davon erzählen. Ich habe einfach Angst, dass sie in etwas hineingezogen werden. Sie sind so wundervolle Menschen und ich möchte Sie unbedingt von meinem Leid fernhalten.', gespannt und verständnisvoll nicke ich ab und an einmal und er fährt fort: 'Grund für meinen Mutismus sind bestimmte Leute, an die ich mich nicht gerne erinnere und über die ich auch nichts erzählen werde. Jedenfalls erleide ich durch diese Menschen viel Schmerz. Von Schlägen und Tritten bis hin zu seelisch verletzenden Wörtern. Nach dieser Erfahrung wollte ich einfach keinem Menschen mehr unter die Augen treten. Bis ich dann Yunho, Seonghwa, dich und die Anderen kennengelernt habe. Ihr lasst mich die schlechten Zeiten vergessen und daraus kann ich Mut und Kraft schöpfen, um mich dagegen zu wehren. Dank euch bin ich auf dem besten Weg der Besserung. Danke.'
Er beginnt erneut zu lächeln, jedoch ist es dieses Mal aus tiefsten Dank. Ich bin sprachlos durch seine Worte. Ich weiß gar nicht, wie ich reagieren soll. Ich will mein Mitgefühl irgendwie ausdrücken, jedoch finde ich dafür keine passenden Worte. Dies scheint Yeosang zu bemerken und schüttelt seinen Kopf, sodass seine braunen Haare sanft hin und her schwingen und sich so einige Schneeflocken aus seinen feinen Strähnen lösen. 'Du musst dich nicht entschuldigen, oder so. Ich bin einfach froh, dass du bei mir bist. Also lass uns den Abend genießen.', meint er.
Tatsächlich war es schon am Dämmern und ich werde mich wohl bald auf den Rückweg machen müssen. Yeosang steht schwungvoll auf und hält mir seine Hand entgegen, die ich dankend annehme. Es ist so, als hätte das Gespräch von eben nie existiert. Schon zieht er mich über den gesamten Markt, bis er an einem Stand anhält. Ich blicke auf das - meiner Meinung nach - viel zu groß geratenes Schild über dem Geschäft, wo ebenfalls in großen und roten Lettern 'Glühwein' steht.
"Äh... Yeosang. Ich trinke keinen Alkohol.", versuche ich ihm kleinlaut klarzumachen. Doch er ignoriert mich und drückt mir wenig später schon das Gebräu in die Hand. Der unverwechselbare Glühweingeruch umgibt mich und mit den Worten 'Glühwein gehört zu einem Tag auf dem Weihnachtsmarkt dazu. Es ist ja nur das eine Glas', überzeugt mich der Braunhaarige und ich nippe leicht an dem Getränk.Gar nicht mal so schlecht.
Dass es nicht nur bei diesem einen Glas bleiben wird, konnte ich in diesem Moment noch nicht einmal erahnen.
Yey, some of Yeosangs backstory! ^^
Eigentlich wollte ich das Treffen in ein Kapitel packen, jedoch ist dieses hier schon so lang, dass ich es in mehr unterteilen wollte. Also müsst ihr euch wohl noch einen Tag gedulden müssen, hehe.
Tja was wir nicht so alles tun, wenn wir angetrunken sind nicht war? 😏~Jaehyung
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Say My Name || ATEEZ Woosan
FanfictionJe mehr Tage vergehen, desto mehr vermisse ich deine Stimme...