Ich habe wirklich Angst vor dem, was ich auf der Fensterbank wiederfinde. Wenn der Brief noch da ist... Ich kann mir das doch nicht alles eingebildet haben... Oder doch? Ich gebe mir selber eine leichte Ohrfeige und stampfe einmal auf den Boden. Es bringt nicht, sich über die Tatsache „Was wäre, wenn..."Gedanken zu machen, ich muss schauen, ob der Brief noch da ist oder nicht. Also gehe ich auf das Fenster zu und öffne es wieder. Mein Blick sucht die Fensterbank ab, den garten und den Boden darunter, doch der Brief ist weg. Ein unglaubliches Glücksgefühl macht sich in mir breit und ich merke, wie mein Gesicht sich zu einem grinsen verspannt.
Ich hatte recht. Die ganze Zeit! Mein Entschluss ist gefasst. Ich werde nicht zum Essen gehen, ich werde Mister Baranow aufsuchen und somit meinen Master wieder finden. Schnell nehme ich mir einen kleinen Rucksack und stopfe ein paar Klamotten hinein. Dann gehe ich leise in den Flur und nehme mir eine meiner Winterjacke und ein paar Schuhe. Ich habe einen weiten Weg vor mir. Zudem nehme ich mir aus dem Geldbeutel meiner Mutter etwas Geld und schleiche mich wieder hoch. Ich habe alles was ich brauche.
Mein Blick fällt aber noch einmal auf meinen Schreibtisch und ich nehme mir erneut ein Blattpapier und einen Stift, nur um dieses Mal meinen Eltern einen Brief zu schreiben.
Hallo,
ich schreibe euch diesen Brief als Abschied. Ich werde erst einmal gehen. Ich halte es bei euch nicht aus. Ihr belügt mich von vorne bis hinten und das mache ich nicht mehr mit. Ich weiß nicht wieso, oder wer auf diese Idee gekommen ist, aber ich kenne die Wahrheit. Ich bin zwar euer Sohn, aber wie ihr selber festgestellt habt sind mir Dinge passiert, die ihr nicht versteht und die ihr nie verstehen werdet. Ihr wolltet mich in Unwissenheit wiegen und so leben wie zuvor, doch mir ist klar geworden, dass das nicht möglich ist. Wenn ihr das nicht seht, tut es mir leid für euch. Ich danke euch für 17 tolle Jahre und euere Liebe, aber ich bin jetzt erwachsen und nicht mehr auf euch angewiesen.
- Lukas
Einen Moment schaue ich den Brief an und seufze. Das ist hart formuliert oder? Ich seufze und setze ein PS. Ich liebe euch trotzdem hinzu. Dann schaue ich auf das Geld, dass ich neben dem Blatt abgelegt hatte und seufze noch einmal. PPS. Es tut mir leid. Ich wollte euch bestehlen... Hier ist das Geld... Bitte verzeiht mir, es war eine Kurzschlussreaktion... Dann falte ich den Brief und lege ihn mit dem Geld zusammen auf das Bett. Mein Blick gleitet dabei zu einem Bild unserer Familie. Wir vier strahlen in die Kamera und ich bin augenblicklich an diesen wunderschönen Urlaub in Teneriffa erinnert. Es war mein erster Urlaub außerhalb Deutschlands und ich habe dort auch das erste Mal richtig das Meer gesehen.
Ich nehme das Bild in die Hand und löse es aus dem Rahmen. Dann stecke ich das Bild ein und seufze. Ich muss noch etwas ergänzen. Also nehme ich mir den Brief erneut und setze noch ein PS. PPPS. Es liegt nicht an euch. Bitte grüßt mir Cira...
Dann lege ich den Brief wirklich weg und schaue mich ein letztes Mal in meinem Zimmer um. Es tat gut mal wieder hier zu sein, doch mein Platz ist nicht mehr hier. Ich bin ein Sklave und ich gehöre an die Seite meines Masters. Ich ziehe mir die Jacke und die Schuhe an, dann nehme ich den Rucksack und ziehe ihn an. Anschließend schleiche ich mich leise aus dem Hinterausgang hinaus und gehe los. Ich habe zwei Powerbanks dabei und somit komme ich hoffentlich mit meinem Handyakku hin. Ich habe mein Zeitgefühl und meine Orientierung in den letzten Monaten etwas verloren und daher vertraue ich eher auf Google Maps. Ein letzte Blick über meine Schulter zeigt mir das Haus, in dem ich groß geworden bin. Mein erstes Aufgeschlagenes Knie habe ich in dieser Auffahrt beim Fahrradfahren bekommen. Meine erste Feier hatte ich hier im Garten. Mein erstes Silvester, mein erster tag alleine daheim. Es ist, als würde ich mit dieser Entscheidung mein altes Leben zurücklassen und mich vollkommen in ein neues stürzen.
Ich erinnere mich an die vielen tage zurück, an denen ich mit meiner Mutter oder meinem Vater im Esszimmer zusammen gesessen bin um mit ihnen zu lernen. An die vielen Momente, in denen ich mich mit meiner Schwester gestritten habe, weil sie den größeren Pudding bekommen hat. Ich erinnere mich an den Tag, an dem ich mit dem Hund der Nachbarn bespielt hatte und unbedingt auch einen wollte, aber meine Eltern mir es mit nur wenigen Sätzen ausgeredet haben. „Du musst dann jeden Tag vor und nach der Schule mit ihm Gassi gehen. Zudem am Abend. Wenn er sein Geschäft macht, musst du es putzen. Es~" Weiter mussten sie damals nicht reden. Ich war neun und die Aussicht die Scheiße hinter einem Hund her zu räumen, fand ich unappetitlich.
Aber wir haben dafür zwei Meerschweinchen bekommen. Nein ich korrigiere, meine Schwester hat Meerschweinchen bekommen. Die kleinen waren so süß... So zutraulich und verspielt. Sie waren viel cooler als jeder Hund. Sie haben mein Leben verbessert, denn immer, wenn ich mies gelaunt war, habe ich eines von den zwei zu mir in mein Zimmer mitgenommen. Es hat am Schluss mehr mir als meiner Schwester gehört und hat sogar ein paar Kunststücke gekonnt. Zum einen konnte die Kleine von meinem Zimmer aus bis in ihren Stall finden und zum anderen hat sie Pfote und Männchen gemacht. Sie ist so ein Lebensfroher Wuschel gewesen... Meine kleine Naomi...
Und dann wurde sie krank. Sie ist in meinem Armgestorben und für mich brach damals eine Welt zusammen. Das war die ersteBegegnung mit dem Tod und wenn ich es mir recht überlege, war es das beste fürsie, dass wir sie einschläfern lassen haben. Aber ich verbanne den Gedankenschnell wieder in den Hintergrund und drehe mich weg. Ich habe ein Ziel vorAugen und dieses Ziel sollte ich nun unter allen Umständen erreichen. Ich willzurück zu Master Ilja und wenigstens eine Antwort von ihm, wieso ich nicht beiihm bleiben durfte. Also laufe ich los und rede mir immer wieder ein, dass nunalles wieder gut wird.
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Shadow - Versklavt aber Frei
HorrorLukas WAR ein gewöhnlicher 17-jähriger Junge. Er hat eine normale Vergangenheit, eine normale Familie und ein normale Umgebung und WAR somit eine ganz normale Person. Er hatte mit den ganz normalen Problemen in seinem Alter zu kämpfen. Pickel, Geld...