[chapter twenty]

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Der Mond über dem Astronomieturm war gleißend hell und ließ die Korridore neben den Innenhöfen gruselig hell erleuchten in der Tiefe der Nacht. Es war kühl, Hermine war beinahe etwas kalt.
Händereibend schritt sie durch die Korridore rund um die Innenhöfe entlang.

Es war nun schon der vierte Tag, welcher sich ohne eine Spur von Malfoy dem Ende neigte. Pansy schien, nach all dem was Hermine sie sagen hörte, die Hoffnung auf ein Wiederfinden aufgegeben zu haben.

Riesiger Unsinn. Er konnte nicht auf einen anderen Planeten entführt worden sein. Selbst wenn er tot aufgefunden würde, dann wäre er wenigstens gefunden und man hätte Klarheit.
Sie wollte es nicht runterspielen- wäre er tot, wäre das ein Schock. Es würde die Zaubererwelt erschüttern, da war sich Hermine sicher. Auch, wenn es keiner je zugeben würde: man hasste Draco Malfoy nicht mehr, jedenfalls nicht so sehr, wie bevor sich die Beweggründe heraus gestellt hatten.

Sie war mittlerweile kurz vor dem Haupteingang bei der langen Treppe runter zum Fischerhäuschen. Leiser Nieselregen feuchtete ihre leichten Locken an. Gegen den immer stärker werdenden Nieselregen hielt sich Hermine nun ihre linke Hand, als Schutz vor Wasser, über die Augen und schaute hinauf auf den See vor Hogwarts.
Ihr Blick schliff hinüber zum Fischerhäuschen, und die Treppen hoch, als sie stutzte.

Eine schlanke und große Gestalt wangte auf den Gipfel der Treppen zu. Immer wieder stützte sich die Person schlagartig auf einer höheren Stufe ab, stieß sich dann wieder hoch und krauchelte die nächsten sieben Stufen hinauf.
Als Hermine einige Schritte näher an die Treppe trat und die Augen zusammenkniff, stieß sie einen markerschütternden Schrei aus.

"Draco!" Ihre Beine liefen los, ihm entgegen die Treppen hinab. Der Blonde schaute erschrocken auf, und blieb stehen.

Seine Linke Hand hielt an seiner rechten Bauchseite fest, während die andere Hand damit beschäftigt war, sich den Regen von den Augenlidern zu wischen.
Er sah furchtbar aus. Seine Augenringe waren dunkelblau und dunkelrot unterlaufen, seine Lippe leicht aufgeplatzt und auch seine Handgelenke wiesen Wunden auf, die Hermine nicht identifizieren konnte. Es hätte alles Mögliche sein können; Schnürwunden, Schnitte, Schürfwunden–
Das weiße Hemd, welches er auch bei ihrer letzten Begegnung getragen hatte, war teils eingerissen, und teils mit Blut verschmiert. Es war nass und klebte an seinem Körper. Seine Hose sah ähnlich aus. Schwarz, dreckig und kaputt.

Als Hermine bei ihm ankam, griff sie nach seinem Gesicht, und streifte panisch die nassen und verwüsteten Haarsträhnen aus seiner Stirn, sodass sie ihm in die Augen schauen konnte.
"Wo kommst du her?", fragte sie, während sie stur gegen aufkommende Tränen ankämpfte.

Als er nicht antwortete, sondern sie nur verstört und ja, beinahe ängstlich, anstierte, griff Hermine seinen Arm und legte ihn sich über die Schulter. Sie wusste, dass sie ihn wohl kaum die Treppen hoch hieven konnte. Aber vielleicht würde es ihm ja wenigstens etwas helfen.

Und tatsächlich schafften es beide Schüler nach einigen Minuten oben vor Hogwarts anzukommen. Hermine zog ihn jedoch direkt weiter, Richtung McGonagall.

Sie brauchten zwar lange, da sich Malfoy dauernd wehrte und lieber wieder zurück gehen wollte, doch Hermine ließ ihn nicht. Jedesmal wenn er sich ihr wieder entzog, richtete sie drohend ihren Zauberstab auf den Jungen. Es mag mies klingen, aber er hatte dann solch eine Panik, dass er ihr weiter folgte ohne sich noch einmal zu beschweren.

Angekommen auf der Steintreppe hinter dem Adler, spürte Hermine wieder dieses Ziehen in ihrer Magengegend.
Hier hatte alles angefangen, hier hatte sie ihn quasi selbst in diesen Albtraum geschupst.

Hermine stürmte vorne an das Pult, und bimmelte hastig an der goldenen Glocke, welche McGonagall in ihrem Schlafsaal alarmierte. Es brauchte zwar seine Minuten, doch sie würde kommen.

Hinter sich im Raum hörte Hermine noch immer dieses unterdrückte Wimmern. Sie hatte es wohl bemerkt, dass sich Malfoy zusammenriss, nicht vor ihr zu weinen. Sie wollte ihm gerne sagen, er könne natürlich vor ihr weinen, aber das wäre eine Lüge. Die Wahrheit ist; konnte er nicht.
Er war noch immer Draco Malfoy. Der Draco Malfoy, welcher seinen Stolz und seine Familienehre über alles stellte. Das vergaß sie die letzten Wochen leider öfters.

"Ms Granger?" Mit einem Plopp war die Schulleiterin vor Hermine erschienen. Die ältere Frau blickte Hermine erschrocken an. Doch als sie dann auch einen Blick hinter Hermine fallen ließ, sah Hermine förmlich wie ihr die Gesichtszüge entgleisten.
McGonagall rauschte auf Malfoy zu, und ergriff ihn ebenso im Gesicht. Sie drehte seinen Kopf hin und her und schien das, was man mit seinem Gesicht veranstaltet hatte, genau zu untersuchen.

Hermine stand noch immer an Ort und Stelle. Bis auf, dass sie sich umgedreht hatte, hatte sie noch nichts getan.
McGonagall zog Malfoy auf einen der Sessel und blickte dann panisch, während sie in den Schubladen ihres Pultes herumkramte, zu Hermine.

"Draco,", sprach sie ihn nun direkt an, "Wo kommst du her?"
Malfoy fasste sich an den Kopf und schüttelte diesen, "Ich.. weiß es nicht."
"Wer hat dich verschleppt? Kanntest du diejenigen?" Doch Malfoy schüttelte erneut den Kopf. "Da ist bloß eine Lücke, ich weiß es nicht."
"Obliviate.", flüsterte McGonagall kleinlaut, doch Hermine hatte es genau gehört.

"Woher kommt er? Wo hast du ihn gefunden? Hermine! Was ist mit ihm?" Genauso panisch wie McGonagall nun war, stimmte sich nun auch Hermine ein.
"Professor ich- ich weiß es nicht. Er war plötzlich da, auf den Treppen vor Hogwarts. Kaum Kraft hatte er-" "noch immer nicht.", unterbrach sie McGonagall scharf und schien gerade Madame Pomfrey aus dem Schlaf geklingelt zu haben, denn die schlanke Schulärztin stand zwei Sekunden später, ebenfalls in ihrem Morgenmantel, vor Hermine.

"Minerva, was ist-", Madame Pomfrey stieß ebenso einen Laut des Erschreckens aus, "Du meine Güte!" Stürmisch näherte sie sich Malfoy, der noch immer einfach so da saß und sich nicht regte.
"Poppy, Hermine brachte ihn. Aufgefunden wie ein verwahrloster Straßenköter. Es ist Obliviate, vermute ich. Oder eine starke-" "Bin ich die Ärztin, Minerva?", quiekte 'Poppy' gereizt und schaute dann wieder runter auf Malfoy.

Die beiden Damen standen nun um Malfoy herum, sodass Hermine ihn nicht mehr sehen konnte und er sie ebenso wenig.

Mit einer hastigen Bewegung wischte sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Ob diese nun aus Angst oder Erleichterung geflossen war, konnte Hermine nicht sagen.

"Ms Granger,", Madame Pomfrey und McGonagall drehten sich gleichzeitig zu ihr herum, "Ich bitte Sie, sich in ihr Schlafgemach zu begeben. Mr Malfoy wird versorgt, wir können uns nun eben nicht auf Sie beide konzentrieren.", "Ich- ich steh' bloß daneben! Bitte, McGon-" "Ms Granger, ich wiederhole mich ungern. Ich werde Ihnen rechtzeitig Bescheid geben."

Hermine spürte Wut in sich hochkochen. Immerhin war sie doch diejenige, die ihn zuerst gefunden hatte. Vielleicht könnte sie nützliche Hinweise beisteuern? Oder vielleicht wollte er ja auch, dass sie dabei war?

Nein, stopp. Das ist Blödsinn, schlug sich Hermine den Gedanken aus dem Kopf.

Als sie an den beiden Professorinnen vorbei stiefelte, warf sie einen letzten Blick zu Malfoy, welcher sie ebenso aus dem Augenwinkel anschielte.
Mit einem lauten Rums war Hermine in der Dunkelheit verschwunden.

the pureblood curse | draco malfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt