Ein paar tiefe Züge aus der Flasche später schluchzte sie stoßartig und zog sich die Decke über den Kopf. Nun war es still, bis auf das leise Wimmern des Fernsehers, in dem Leute agierten, deren Herzen schlugen. So ein Mist. So wollte sie nicht enden, nicht wie eine nun auch medizinische Außenseiterin. Sie dachte an Arne und seinen schlanken Leib. Er hätte sie verstanden, und ihr Zombiedasein hätte ihm nichts ausgemacht. Zwar besaß er kein sehr umfangreiches Vokabular, doch eine natürliche Gabe zum Trost und die Fähigkeit, einen Menschen dazu zu verführen, nichts mehr als sich selbst wichtig zu nehmen und nur der einzigen geliebten Person daran teilhaben zu lassen. Tina empfand nicht etwa eine alte Liebe neu, aber sie brannte vor Sehnsucht nach genau diesem Gefühl des Isoliertseins in der Dunkelheit und der Freiheit, die unter einem endlosen Schacht wartete. Und sie wollte Arne fressen. Ihn und Tedesco. Auch Luca wollte sie fressen, ebenso Nergiz. Alle bei sich im Magen haben. Tina lachte leise. Sie erlebte eine kleine Stimmungsspitze und tauchte aus den Daunen auf, trank aus der Flasche und schaltete auf einen Dokukanal. Dort gab es einen Film über die Inkas. Vielleicht konnten alte Kulturen doch als Vorbilder dienen. Jedenfalls boten sie einen guten Unterschlupf für den Geist.
Tina schlief ein und erwachte erst am Abend, Ihr Magen knurrte. Schnell zog sie sich etwas über. Kein Kleid, sondern Jeans und T-Shirt.
Draußen liefen genug Leute herum, um eine Auswahl zu treffen, aber zu viele, um unauffällig zu bleiben. Nyxie schwang sich aufs Rad und fuhr in einen einsameren Stadtteil. Es dauerte nicht lange, bis sie eine junge Frau um die zwanzig fand, die sich wohl gerade eiligst auf dem Weg zu einem Rendezvous befand. Junge Liebe, das Schönste was es gab, aber es gab sie auch zuhauf. Dieses kleine Pflänzchen würde es nicht schaffen. Tina bemühte sich, die Angelegenheit ohne viel Geschrei über die Bühne zu bringen. Die Reste der jungen Blondine stopfte sie in einen Müllcontainer. Auf dem Nachhauseweg besorgte sie sich Zigarettennachschub und kaufte auch gleich noch zwei Flaschen Wein, obwohl sie noch fünf zuhause stehen hatte.
„Haben Sie ihre nächste Dosis vergessen?" rief Frosch aus seinem Wagen heraus, den er in der Nähe von Tinas Haus geparkt hatte. In der Tat war das ominöse Nyxodron nicht mehr im Dunstkreis ihres Interesses aufgetaucht.
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Nyxie Zombie
Kısa HikayeEine durch das Leben irrlichternde Alkoholikerin, die mit ihrem Entzug hadert und rückfällig wird, trifft auf einen seltsamen Arzt, der ihr eine experimentelle Droge verabreicht, die sie in etwas Anderes verwandelt.