10. Milan

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Gehetzt eilte ich den Weg über den Campus zum Haupteingang der Uni. Ich war völlig außer Atem nach meinem Kurzsprint von der U-Bahn-Station hierher. Meine erste Vorlesung in Journalismus sollte heute erst um elf Uhr stattfinden, weshalb ich nicht zusammen mit Dylan aufgestanden war und auch sogleich verschlafen hatte. Ich war erst um halb elf aufgewacht und hatte jetzt noch genau drei Minuten um zu meiner Vorlesung zu kommen.

Ich hatte den Eingang fast erreicht, vor mir war nur noch ein großer braunhaariger Junge, der es wohl ebenfalls eilig hatte, worauf seine großen Schritten zumindest schließen ließen.

Er öffnete gerade die Tür, um selbst hindurchzugehen, als er mich erblickte und mir stattdessen die Tür offenhielt. Ich lächelte ihn an und wollte mich gerade höflich bedanken, als ich sein Gesicht erkannte. Sämtliches Blut in meinen Adern gefror augenblicklich und eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Verdammte scheiße. Nein, das konnte doch sein…

Doch, offensichtlich schon, denn auch nach dem zweiten Blinzeln stand vor mir niemand anderes als der Typ, dem ich vorgestern bei unserem lächerlichen Spiel 20 Dollar in die Hand gedrückt hatte, als vermeintlichen Preis dafür, dass er drei Mädels in einer Woche rumgekriegt hätte.

Die blauen Augen des Jungen mir gegenüber funkelten belustigt, offensichtlich hatte er mich auch erkannt und meine Überforderung mit der Situation schien ihn sehr zu amüsieren.

"Kein Dankeschön?", fragte er spitz und konnte sein selbstgefälliges Grinsen kaum verbergen. Seine Stimme war tief und angenehm und erinnerte mich fast ein bisschen an die von Dylan. Allgemein sahen sich die beiden auf den ersten Blick recht ähnlich. Beide waren groß, besaßen braune Haare und waren ungefähr gleich alt. Dylan war jedoch etwas trainierter und hatte markantere Gesichtszüge. Ich konnte jedoch nicht abstreiten, dass der Typ mir gegenüber echt attraktiv war.

"Dankeschön", murmelte ich beschämt und wäre am liebsten im Erdboden verschwunden. "Ich muss jetzt aber schnell weiter, sonst komme ich zu spät zu meiner Vorlesung."

Dann drehte ich mich auf dem Absatz um und ging so schnell wie es möglich, ohne dass es nach Rennen aussah, davon. Ich wollte hier einfach nur weg, die ganze Situation war so unglaublich peinlich.

Im nächsten Moment hörte ich jedoch Schritte neben mir und wandte mein Gesicht etwas zur Seite, nur um zu sehen, dass der Wetten-Dass-Typ zu mir aufgeschlossen hatte. Warum war mir das Schicksal auch nie wohlgesonnen?! Am liebsten hätte ich meine Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, aber ich riss mich zusammen.

"Musst du auch zu Journalismus?", fragte der braunhaarige Junge mich. Er war echt hartnäckig, dass musste man ihm lassen. Trotzdem wünschte ich mir einfach nur, dass er mich endlich in Ruhe ließ.

"Ja", antwortete ich deshalb kurz angebunden, was ihn aber nicht abschreckte, denn er quatschte munter weiter.

"Weißt du, es ist nicht freundlich, dass du mich so kühl behandelst. Du hast schließlich dafür gesorgt, dass ich jetzt wieder Single bin", warf er mir vor, er klang dabei jedoch nicht böse oder wütend, sondern einfach nur belustigt.

Ich starrte ihn jedoch erschrocken aus großen Augen an. Hatte ich durch meine kindische Aktion wirklich eine Beziehung beendet?! Ich hätte es lassen sollen, das hatte ich mir doch gleich gedacht.

"Es.. es tut mir so leid, ich ähh.. ich wollte das echt nicht", stammelte ich völlig überfordert, während mich meine Schuldgefühle überkamen. Ich konnte dem Jungen, dessen Beziehung ich offenbar zerstört hatte, kaum in die Augen schauen, so schlecht fühlte ich mich.

"Jetzt krieg dich mal wieder ein, du tust ja, als wäre das ein Weltuntergang", lachte er mich jedoch aus. "Zwischen mir und Molly war eigentlich sowieso schon Schluss. Ich liebe sie schon länger nicht mehr und habe unsere Beziehung schon vor mehreren Wochen beendet, aber Molly hat das nicht eingesehen. Für sie waren wir immer noch zusammen und so ist sie mir ständig hinterhergelaufen und hat mich einfach nur noch abgefuckt. Wo sie jetzt aber denkt, dass ich etwas mit drei verschiedenen Mädchen in einer Woche hatte, bin ich für sie gestorben. Dass heißt, eigentlich müsste ich dir dafür danken, dass ich endlich wieder ein freier Mann bin."

The American DreamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt