"Ich…ich, also..äh", stammelte ich, nachdem der Schock etwas nachgelassen hatte, doch Dylan unterbrach mich sofort."Versuch gar nicht erst, dich da rauszureden! Ich habe den Brief gelesen, den du bei uns in den Mülleimer geworfen hast. Sowas passiert doch nur Anfängern, geheime Briefe im eigenen Zimmer zu entsorgen."
Ich sah Dylan geschockt an, er klang jetzt fast schon zynisch, wie er so redete. Es musste ihn wohl wirklich verletzt haben, dass ich mich ihm nicht anvertraut hatte. Aber er hatte kein Recht darauf, nachdem, was er mir alles verschwiegen hatte!
"Was Dylan sagen will…", schaltete sich jetzt Ace ein und legte seinem besten Freund beruhigend die Hand auf die Schulter. "… ist, dass du mit uns hättest reden müssen. Am besten direkt nachdem du den Brief erhalten hast. Du hast doch nicht ernsthaft gedacht, dass du es mit diesem kranken Psychopath alleine aufnehmen kannst? Du brauchst Hilfe, auch wenn es nicht die Polizei ist. Ich habe doch mitbekommen, wie paranoid du bist, als ich euch bei eurem Filmprojekt begleitet habe. Du kannst nicht alleine damit fertig werden, das macht dich kaputt."
Aces Stimme klang vorwurfsvoll und besorgt, aber deutlich ruhiger als die von Dylan. Vielleicht war es wirklich ganz gut, dass Dylan und ich dieses Gespräch nicht unter vier Augen führten, sondern unsere besten Freunde dabei waren.
Auf der anderen Seite wussten sie nun natürlich auch alle Bescheid, dabei hatte ich mir so viel Mühe gegeben, niemanden von ihnen in diese Sache mit reinzuziehen. Natürlich hatte ich gewusst, dass ich es nicht alleine mit meinem kranken Stalker aufnehmen konnte, aber ich hatte gehofft, dass er mich mit der Zeit in Ruhe lassen würde, wenn ich mich genau so verhielt, wie er es wollte. Jetzt kam mir diese Idee natürlich auch schwachsinnig vor, aber lieber hätte ich monatelang stumm und alleine gelitten, als irgendeinen meiner Freunde in Gefahr zu bringen.
Doch so wie meine Freunde aussahen, schien keiner von ihnen meine Gründe zu verstehen. Vor allem Mia und Lucy, die die Nachricht jetzt gerade erst erfahren hatten, wirkten komplett geschockt. Aus Mias Gesicht war sämtliche Farbe gewichen und Lucy blickte mich nur aus großen Augen an.
"Wie konntest du uns das nur verschweigen?", stieß Mia aus, als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte. Ich merkte sofort, dass neben der Besorgnis auch ein gekränkter Unterton in ihrer Stimme mitschwang.
Augenblicklich verspürte ich einen Stich in meinem Herzen, ich hatte doch nur meine Freunde schützen wollen und jetzt hatte ich ihnen wehgetan, weil ich mein Geheimnis lieber für mich behalten wollte.
"Es tut mir leid, ich hätte mit irgendjemandem reden sollen", murmelte ich leise und richtete meinen Blick starr auf den Tisch. Die Situation war mir so furchtbar ungenehm und ich fühlte mich einfach nur unwohl.
Das mochte zum einen daran liegen, dass alle um mich herum mich in einer Mischung aus wütend und besorgt anguckten, aber zum anderen auch daran, dass Dylan direkt neben mir saß. Es fühlte sich so an, als würde seine Nähe mir jegliche Luft zum Atmen rauben, denn mein ganzer Brustkorb war wie zugeschnürt.
Ein Teil von mir würde sich jetzt liebsten einfach in Dylans Arme stürzen und all den Schmerz und die Angst der letzten Wochen vergessen, aber der vernünftige Teil würde am liebsten so viel Abstand wie möglich zwischen uns bringen, um meine Anspannung etwas zu lindern. Trotzdem tat ich weder das eine, noch das andere, sondern blieb einfach sitzen.
"Das hättest du auf jeden Fall tun sollen", antwortete Dylan vorwurfsvoll, doch sein Ton war deutlich sanfter als eben. "Gab es denn nur diesen einen Brief oder noch mehr?"
Ich seufzte, jetzt könnte ich auch mit der ganzen Wahrheit rausrücken. Es brachte nichts, weiterhin Sachen zu verschweigen. "Da waren noch ein paar Bilder von mir, wie ich hier auf dem Campus und in der Stadt rumlaufe und noch ein zweiter Brief", zählte ich dann auf.
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The American Dream
RomanceEine Fernbeziehung zu führen, ist noch nie einfach gewesen und mit der Zeit zerbrechen die meisten Paare daran, doch nicht Valerie und Dylan. Vier Jahre sind nun vergangen, seit Valerie nach ihrem Austausch zurück nach Deutschland musste. Während si...