Ein lautes Schluchzen erschüttelte meinen Körper als ich in die glasigen Augen meines Freundes blickte."Bitte Dylan, du darfst nicht tot sein."
Meine Stimme brach und alles vor meinen Augen begann vor Tränen zu verschwimmen. Ich wollte sie wegwischen, aber dafür zitterten meine Hände viel zu sehr. Es war, als hätte ich meinen Körper nicht mehr unter Kontrolle, alles in mir spielte vollkommen verrückt und ich fühlte mich so furchtbar ohnmächtig.
Ich stand hier, vor Schock unfähig mich zu bewegen, während mein Freund vor mir auf der Straße am Sterben war. Unaufhörlich quoll Blut aus seinem Körper, ansonsten gab Dylan keine Regung von sich. Ich wusste, dass ich ihm helfen musste, dass ich zumindest den Krankenwagen rufen musste, aber dennoch konnte ich mich kein Stück regen, ich war wie festgefroren.
Eine unfassbare Wut auf mich selbst mischte sich mit der Angst um Dylan und dem Schock und endlich gelang es mir, mich aus meiner Starre loszureißen. Es war als hätte das Feuer der Wut das Eis geschmolzen und ich stürzte das letzte Stück zu Dylan, um mich neben ihn zu knien. Ich griff nach seinem Handgelenk und versuchte seinen Puls zu fühlen, doch meine Hände zitterten dafür immer noch viel zu sehr. Durch die von Tränen verschwommen Sicht, war ich mir auch nicht sicher, ob ich Dylans Brust sich wirklich heben und senken sah, aber ich hoffte es. Ich hoffte es so sehr, denn ich wusste nicht, was ich ohne ihn machen sollte.
Noch nie hätte ich darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn jemand, der mir nahe stand, so früh sterben würde. Das war etwas anderes als bei meinen Großeltern, die bereits ihr ganzes Leben gelebt hatten und bei denen man irgendwann hatte absehen können, dass es bald zu Ende gehen würde. Nein, Dylan hatte sein ganzes Leben noch vor sich und es war unmöglich, dass er jetzt schon von mir ging.
Bei diesen Gedanken wurde mein Körper erneut von einem Schluchzen erschüttert, doch dann berührte mich plötzlich jemand sanft an meiner Schulter. Ein fremder Junge stand neben mir und zog mich an meinem Arm vorsichtig auf die Beine.
"Der Krankenwagen müsste jeden Moment da sein, die kümmern sich um ihn. Alles wird gut", sprach er beruhigend auf mich ein, doch seine Stimme drang kaum zu mir durch, das einzige, was ich wahrnahm, war Dylan, der dort halb zertrümmert auf der Straße lag, ohne dass ich wusste, ob er überhaupt noch am Leben war.
Trotzdem ließ ich mich von dem Fremden am Arm von der Straße ziehen. Ich kriegte noch am Rande mit, wie mir irgendjemand eine viel zu große Jacke über die Schultern legte, den Rest blendete ich vollkommen aus. Erst als die Sirene des Krankenwagens die vor Anspannung knisternde Luft durchschnitt, wurde ich zurück in die Realität gerissen.
Ich sah, wie die beiden Jungen, die sich bis eben um Dylan gekümmert hatten, zur Seite traten, um den Sanitätern Platz zu machen. Diese kümmerten sich eine ganze Weile am Boden um Dylan, bis sie ihn auf einer Trage in den Krankenwagen verluden. Das war ein gutes Zeichen, wenn sie sich so lange um ihn kümmerten, war er noch am Leben, denn bei einer Leiche gab es nicht mehr viel zu versorgen. Doch trotzdem verspürte ich keine großartige Erleichterung, Dylan musste immer noch in höchster Lebensgefahr schweben. Ich wollte zu ihnen stürmen, doch der Unbekannte hielt mich sanft am Arm zurück.
"Du darfst die Sanitäter jetzt nicht stören, sie kümmern sich gut um deinen Freund. Bitte bleib einfach hier, bis sie sich an dich wenden", sagte er. Seine Stimme klang dabei so weich und beruhigend, dass ich ihm einfach vertraute und stehen blieb. Es war echt unglaublich, wie dieser fremde Junge sich mir annahm und sich um mich kümmerte.
Zum ersten Mal wendete ich meinen Blick um und blickte ich ihn richtig an. Er war groß und breit gebaut und seine dunkle Haut und die schwarzen Locken auf seinem Kopf bildeten einen enormen Kontrast zu seinen strahlend weißen Zähnen. Seinen ganzen Körper schien trotz der Situation, in der wir uns gerade befanden, eine ungeheime Ruhe zu umgeben.
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The American Dream
RomanceEine Fernbeziehung zu führen, ist noch nie einfach gewesen und mit der Zeit zerbrechen die meisten Paare daran, doch nicht Valerie und Dylan. Vier Jahre sind nun vergangen, seit Valerie nach ihrem Austausch zurück nach Deutschland musste. Während si...