The American Dream

43. Ein Moment Ewigkeit

Die nächsten Tage waren hart und stressig. Zwar fiel die Vorbereitung und Arbeit an meinem Medienprojekt weg, dafür kamen jedoch etliche Termine bei unserem Anwalt und im Krankenhaus dazu. Dylan war am Tag meiner Präsentation offiziell entlassen worden, aber trotzdem musste er immer noch drei Mal die Woche zur Krankengymnastik und da er nicht selber fahren oder laufen konnte, mussten Jase oder ich ihn jedes Mal dorthin bringen. Luke war leider wieder nach New York abgereist, aber dafür halfen uns unsere anderen Freunde so gut sie konnten.

Wenn wir nicht gerade im Krankenhaus oder in der Uni waren, verbrachten Dylan und ich viel Zeit bei unserem Anwalt Mister Clarke, der uns auf die kommenden Gerichtsprozesse vorbereitete.

So gelang es mir auch, sowohl bei Jacky als auch bei Mike eine gefasste Zeugenaussage abzugeben, ohne mich von meinen Emotionen mitreißen zu lassen. Es war hart, den beiden Personen, die mir so viel Leid angetan hatten, in einem Abstand von nur einer Woche ins Gesicht zu schauen, ohne auch nur einen Funken Reue darin zu erkennen.

Jackys arrogantes und uneinsichtiges Verhalten war dabei noch ein Kinderspiel im Vergleich zu dem hasserfüllten Blick, mit dem Mike mich den ganzen Gerichtsprozess lang versucht hatte, zu erdolchen. Blanker Zorn hatte in seinen Augen gelodert und sich förmlich in mein Gedächtnis gebrannt. Wäre er nicht an seinen Handschellen festgemacht gewesen, hätte ich schwören können, dass er auf mich losgegangen wäre, um zu beenden, was er in der Lagerhalle nicht geschafft hatte.

Hätte Dylan nicht den ganzen Gerichtsprozess lang meine Hand gehalten und mir beruhigende Worte zugeflüstert, wäre ich wahrscheinlich vor Angst umgekommen. Mike war ein verdammter Psychopath, der vor nichts zurückschreckte und der es verdient hatte, ab sofort lebenslänglich im Knast eingesperrt zu sein.

Jacky hingegen war deutlich glimpflicher davongekommen. Der Richter hatte ihr zwar eigentlich nur eine hohe Geldstrafe für die Verleumdung von Dylan auferlegt, aber da sie nicht in der Lage war, diese zu zahlen, wurde sie zu einer halbjährigen Therapie in einer Entzugsklinik umgeändert. Das war zugegebenermaßen nicht viel, würde Jacky aber hoffentlich einen Denkzettel verpassen und ihr vielleicht helfen, wieder auf den rechten Pfad zu kommen.

Außerdem hatten Dylan und ich gemeinsam unseren Frieden mit der Sache geschlossen. Es ergab keinen Sinn, in der Vergangenheit hängenzubleiben, vor allem in einer, die es in der Form nie gegeben hatte. Natürlich würden wir Jacky nie vergeben können, wie sich mit ihren Lügen versuchte hatte, Dylan und mich zu entzweien und ihn um sein Geld zu betrügen, aber bei mir war statt des Hasses auf sie einfach eine gewisse Gleichgültigkeit eingetreten. Jetzt, wo der Gerichtsprozess endlich abgeschlossen war, war sie mir einfach vollkommen egal.

Ich war mir jedoch nicht ganz sicher, wie Dylan mit seinen Gefühlen umging. Ihm fiel es mit Sicherheit schwerer seinen Hass und Groll gegen Jacky loszulassen, aber er hatte im Moment ebenfalls größere Sorgen, deshalb spielte Jacky bald keine große Rolle mehr in unserem Alltag.

Mike hingegen verfolgte mich immer wieder in meinen Albträumen, doch meine Psychologin stand mir mit Rat und Tat zur Seite und auch Dylan war eine unglaubliche Stütze für mich. Auch wenn die Gerichtsprozesse ihn mindestens genauso sehr mitnahmen wie mich, war er immer für mich da. Er hörte mir zu, er trocknete meine Tränen und er legte nachts seine Arme um mich, um mich vor meinen bösen Träumen zu beschützen und das war alles, was ich brauchte.

Ich war nicht alleine, sondern hatte den besten Freund der Welt an der Seite und dafür war ich unglaublich dankbar. Wir hatten so viel gemeinsam überstanden, dass es jetzt einfach nur noch bergauf gehen konnte!

Mit dieser Einstellung versuchte ich, jedem Tag von nun an mit einem Lächeln entgegenzublicken und ich merkte, wie es mir von Mal zu Mal leichter fiel. Heute hatte ich zum Beispiel richtig gut Laune.