29. Frei und glücklich

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Melatonin - Sido feat. YONII, BEKA

Dylan's Point of View:

Der kalte Wind hatte zugenommen und wirbelte die dicken Schneeflocken so sehr durch die Gegend, dass ein kaum durchblickbares Chaos entstand. Überall wurden die Eiskristalle von links nach rechts getrieben und durch die Luft gewirbelt, bis sie schließlich ihren Platz auf dem Boden fanden. Man konnte fast befürchten, dass sich aus dem schönen ersten Schneefall ein richtiger Sturm entwickeln würde.

Doch ich spürte kaum wie die kalten Flocken in mein Gesicht prallten, denn Chaos in meinem Kopf war viel größer als das um mich herum. Wie die Schneeflocken wirbelten und kreisten wie die Gedanken in meinem Kopf unruhig umher, nur mit dem Unterschied, dass sie nichtmal daran dachten, sich irgendwo niederzulassen.

Seit der Gerichtsverhandlung tobte dieser Sturm in mir und baute sicher immer mehr auf. Es wurde immer schwieriger, mir nach außen hin nichts anmerken zu lassen, dabei war ich mir ziemlich sicher, dass Valerie bereits bemerkt hatte, dass es mir nicht gut ging.

Ich hätte niemals gedacht, dass die Wahrheit über die Nacht vor drei Jahren so viele Emotionen in mir auslösen würde - erst recht nicht, weil herausgekommen war, dass ich Valerie nie betrogen hatte. Eigentlich müsste ich jetzt von Freude und Erleichterung erfüllt sein, doch das Gegenteil war der Fall. Ich fühlte mich schrecklich, kein Stückchen besser als vorher. Natürlich war ich froh, dass ich Valerie nicht mit Jacky hintergangen hatte, aber da gab es noch so viel mehr, das mich belastete.

Die Tatsache, dass ich meiner Freundin jahrelang meinen Saufexzess verschwiegen hatte.

Die Tatsache, dass ich jahrelang tief im Inneren befürchtet hatte, dass ich Valerie betrogen hatte und trotzdem kein Wort darüber verloren hatte.

Die Tatsache, wie Jackys Leben zu so einer Katastrophe geworden war, dass sie Lügen erfand und andere Leute erpresste, um an Geld zu gelangen.

Selbst wenn Valerie mir vergeben hatte - ich würde nie wieder mit mir selbst ins Reine kommen. Jedes Mal, wenn ich in den Spiegel blickte, war ich angewidert von mir selbst und das würde auch so bleiben. Ich hatte es nicht verdient, ein so tolles Mädchen wie Valerie meine Freundin nennen zu dürfen.

Als Jacky im Saal vor mir gesessen hatte und gesagt hatte, dass sie eine Lügnerin, Beziehungszerstörerin und der wahrscheinlich schrecklichste Mensch der Welt war, da hatte ich mich in ihren Worten wiedergefunden. Ich war kein Stück besser als sie, nur dass ich nicht noch zusätzlich ein Erpresser war.

Jacky hatte sich ihr Leben ruiniert und fast hätte ich das mit meinem auch getan. Der Gerichtsprozess hatte mir nochmal vor Augen geführt, wie haarscharf ich daran vorbeigeschlittert war, Valerie für immer zu verlieren und was für ein Glück ich hatte, dass sie mir trotz allem noch zu mir stand. Sie war mein Fels in Brandung, meine beste Freundin und die Liebe meines Lebens in einer Person und ich hätte es niemals ausgehalten, sie gehen zu sehen.

Vielleicht gab es da draußen einen Kerl, der besser war als ich. Der sie nicht belügen würde. Der sie so behandelte, wie sie es verdient hatte. Aber selbst mit diesem Gedanken im Hinterkopf hätte ich es nicht ausgehalten, sie zu verlieren. Zum einen, weil ich dafür viel zu egoistisch war, zum anderen, weil ich endlich zu dem Mann werden wollte, den Valerie verdiente.

Keine Lügen mehr. Keine Geheimnisse. Ich würde alles für sie geben!

Doch trotzdem wollte es nicht aufhören, in mir zu brodeln. All der Hass auf Jacky und auf mich selbst, der sich in letzter Zeit in mir gesammelt hatte, ließ meine Gedanken nicht zu Ruhe kommen. Ich brauchte ein Ventil, ich musste meine Wut irgendwie rauslassen, bevor ich vollkommen durchdrehte.

The American DreamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt