1. Nächtliche Ruhestörung

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"Dylan? Hast du nicht mal für heute genug gelernt? Es ist schon fast elf Uhr", seufzte ich und beobachtete aus dem Türrahmen, wie mein Freund am Küchentisch in einem Haufen an Zetteln, Büchern und Ordern versank. Während der High School hatte er nie für irgendetwas gelernt, es war schon immer ein Highlight gewesen, wenn er überhaupt zum Unterricht erschienen war, aber zur Zeit tat er den ganzen Tag über fast nichts anderes, als sich in seine Unterlagen zu stürzen.

Jetzt, einen Monat vor Weihnachten, standen natürlich eine Reihe von Prüfungen an, vor allem bei Dylan, der im nächsten Semester bereits seinen Bachelor in International Management machen würde. Da ich bei meinem Journalismusstudium erst im dritten Semester war, kamen auf mich zwar auch Prüfungen zu, aber diese waren noch lange nicht so bedeutend für mich, wie Dylans für ihn.

"Ich muss nur noch dieses Kapitel zu Ende lesen", antwortete von Dylan, ohne vom Schreibtisch aufzublicken. Diese Antwort hatte er mir bereits schon vor einer Stunde gegeben.

Ich konnte natürlich verstehen, dass Dylan sich so gut wie möglich auf die Klausuren vorbereiten wollte, aber er schlief bereits seit Tagen kaum mehr als fünf Stunden, aß nur das, was ich ihm hinstellte und ging nur für die Uni-Vorlesungen aus unserer Wohnung. Langsam machte ich mir echt Sorgen um ihn.

Entschlossen ging ich deshalb zum Tisch und klappte das Buch zu, was Dylan mit einem genervten Stöhnen quittierte. "Das kann warten, das Einzige, was du jetzt musst, ist duschen und schlafen."

Ein kleines Funkeln blitzte in Dylans Augen auf. "Nur wenn du mitkommst", forderte er mit einem schiefen Grinsen auf den Lippen.

"Ich habe zwar heute schon geduscht, aber wenn ich dich so endlich vom Schreibtisch wegkriege, bin ich dabei", erwiderte ich lachend und zog Dylan hinter mir her ins Bad, das direkt an das Gästezimmer angrenzte.

Wir hatten echt ein riesiges Glück mit unserer Wohnung hier in Philadelphia. Sie gehörte schon seit Jahren Dylans Eltern und nachdem feststand, dass Dylan und ich in Philadelphia studieren würden, hatten sie den Vormietern gekündigt und wir waren eingezogen. Am Anfang hatte mir der Gedanke gar nicht gefallen, nichts für die Wohnung bezahlen zu müssen, aber George und Kate hatten mich davon überzeugt, dass ich wie eine Tochter für sie war und dass ihnen die Wohnung sowieso gehörte, weshalb sie keinen Cent von mir annehmen würden. Ich hatte daraufhin nachgegeben und bewohnte nun mit Dylan zusammen diese wunderschöne Wohnung im Herzen von Philadelphia.
Für nur zwei Personen war die Wohnung fast schon ein bisschen groß, weshalb wir eines der drei Schlafzimmer in ein Gästezimmer umfunktioniert hatten, in dem vorübergehend Jase eingezogen war.

Nachdem er endlich ein Mädchen gefunden hatte, in das er sich Hals über Kopf verliebt hatte, waren die beiden bald darauf zusammengezogen. Ich hatte Jase noch nie so glücklich erlebt wie mit Linea, aber leider hatte sie sich schnell als untreue Schlampe entpuppt und Jase betrogen. Sie hatte dem Herzensbrecher das Herz gebrochen. Daraufhin war Jase aus ihrer gemeinsamen Wohnung ausgezogen und vorerst bei uns eingezogen.

Dylan und ich streiften uns schnell unsere Klamotten ab, bevor wir zusammen in die große Dusche stiegen. Kaum hatte ich diese angestellt, begann Dylan auch schon, meinen Hals mit sanften Küssen zu verwöhnen, die ein angenehmes Kribbeln auf meiner Haut hinterließen. Auch nachdem wir bereits vier Jahre zusammen waren, löste Dylans Gegenwart immer noch Schmetterlinge in meinem Bauch aus, wie ganz am Anfang.
Ich spürte, wie seine Hände langsam meinen Körper hinabglitten und zwischen meinen Beinen Halt machten, während sich unsere Lippen in einem perfekten Einklang miteinander bewegten.

"Ich dachte, wir wollten wirklich duschen", hauchte ich, als Dylan kurz von meinen Lippen abließ.

"Haben wir es irgendwann schon mal geschafft, nur zu duschen?" Ein schlemisches Grinsen schlich sich auf Dylans Gesicht, bei dem Gedanken daran, was wir bereits alles in dieser Dusche angestellt hatten.

"Ich glaube nicht", antwortete ich und spürte im nächsten Moment, wie Dylan seinen Finger sanft in mich einführte, woraufhin mir ein leises Stöhnen entfuhr. Ich schloss die Augen, um den Moment voll und ganz zu genießen, doch dann vernahm ich ein lautes Stöhnen, das weder meins noch Dylans war. Überrascht öffnete ich meine Augen wieder, doch in Dylan Gesicht spiegelte sich ebenfalls Verwirrung.

"Glaubst du das, was ich denke?", fragte er mich und ich nickte bestätigend. Offensichtlich hatte Jase auch diese Nacht eine Neue aufgerissen und mit nach Hause gebracht. Während er tagsüber heulend auf unserem Sofa saß und Titanic guckte, wobei er eine Packung Eis nach der anderen vernichtete, vögelte er sich nachts durch ganz Philadelphia. Meistens ging er zu den Frauen mit und schleppte sie nicht in unsere Wohnung, aber heute machte er wohl eine Ausnahme.

"Sorry, Dylan, aber ich kann jetzt keinen Sex mit dir haben, während die da drüben um die Wette stöhnen, das fühlt sich einfach nur komisch an", sagte ich, während es klang, als ob die Personen im Nebenzimmer einen Rekord für das lauteste Stöhnen aufstellen wollten. Der Sex schien zumindest gut zu sein.

"Geht mir genauso", antwortete Dylan glücklicherweise. "Hoffentlich machen die beiden mir Igor nicht kaputt."

"Bitte was?!", fragte ich stutzig. Wer war Igor denn jetzt bitteschön? "Wen sollen sie nicht kaputt machen?"

"Na Igor, das Bett. Das ist doch von Ikea." Dylan sah mich so an, als wäre es absolut selbstverständlich, Betten bei ihren Ausstellungsnamen zu nennen, aber mittlerweile wunderte mich bei diesem Jungen gar nichts mehr. Deshalb verdrehte ich nur leicht die Augen und zeigte ihm einen Vogel.

Wir duschten wegen dieses Zwischenfalls tatsächlich nur noch schnell und schlüpften danach in unser Bett, dass zum Glück auf der anderen Seite der Wohnung lag, weshalb wir das Stöhnen von Jase und seiner Bettbekanntschaft nicht mehr so laut hörten. Dylan knipste das Licht aus und schlang kurz darauf seine starken Arme um mich, in die ich mich hineinkuschelte.

"Ich habe Jase ja echt lieb", setzte ich an, "Aber wie lange soll das denn noch so weitergehen. Ich weiß, das ist seine Art mit Liebeskummer umzugehen, aber er sitzt seit drei Wochen jedes Mal wenn ich aus der Uni komme bereits heulend auf dem Sofa. Geht er überhaupt noch zu seinen eigenen Vorlesungen? Naja, auf jeden Fall müssen wir ihm doch irgendwie helfen, damit das mal besser wird, weil so kann das nicht auf ewig weitergehen."

Ich hatte absolut kein Problem damit, dass Jase bei uns eingezogen war und von mir aus könnte er auch weiterhin hier wohnen bleiben, aber ich hatte das Gefühl, dass Jases Liebeskummer Dylan noch zusätzlich belastete, schließlich waren die beide sehr enge Freunde.

"Ich rede mit ihm drüber. Aber das muss noch bis morgen warten", murmelte Dylan schon halb am schlafen. "Gute Nacht, Baby. Ich liebe dich."

"Gute Nacht, Dyl. Ich liebe dich auch", flüsterte ich und drückte meinem müden Freund noch einen sanften Kuss auf die Stirn. Dann lehnte ich mich wieder zurück in seine Arme und kurz darauf schliefen wir beide ein.




Hey ihr Lieben!
Ich hoffe, das neue Kapitel gefällt euch!🙈 Das nächste Update wird wahrscheinlich am Mittwoch folgen. Danach wird erstmal eineinhalb Wochen nichts von mir zu hören sein, weil ich dann auf Abifahrt in Bulgarien bin. Wenn ich wieder zurück bin, versuche ich dann aber an einem festen Wochentag wöchentlich zu updaten, so wie bei Three Months auch.

Ich wünsche euch allen noch einen schönen Sonntag!💗
Eure Amy

PS: Wenn ihr wahlberechtigt seid, geht bitte wählen! Jede Stimme zählt und es ist wichtig, dass wir die Gestaltung unserer Zukunft nicht Menschen überlassen, die sie gar nicht mehr erleben werden. #fürEuropa #fürmehrDemokratie

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