18. Wut im Bauch

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Vermissen - Juju feat. Hennig May

Dylan's Point of View:

Mit einem lauten Knallen schlug ich die Tür zu und schmiss meinen Rucksack achtlos in die Ecke. Am liebsten würde ich schreien, einfach meinen ganzen Frust und den Schmerz rauslassen, aber ich kontrollierte mich. Jase machte sich sowieso schon genug Sorgen um mich, ich wollte ihm nicht noch mehr Gründe dazu geben. Trotzdem war ich unglaublich froh, ihn hier zu haben und wenigstens nicht ganz alleine in dieser verdammten Wohnung zu sein.

Der Ort, den ich in den letzten Jahren zu meinem zu Hause gemacht hatte, fühlte sich plötzlich so kalt und leer an. Es war als wäre mit Valerie all die Wärme und Freude aus unserer Wohnung gewichen. Von dem einen Tag auf den anderen, hasste ich es, hier zu leben. Und mit jeder Minute begann ich mehr zu realisieren, dass zu Hause für mich kein fester Ort war, sondern wo sich Valerie befand.

Nachdem sie gestern gegangen war, hatte ich einen kompletten Nervenzusammenbruch erlitten. Jase hatte mich gerade noch davon abhalten können, nicht die ganze Wohnung in Schutt und Asche zu zerlegen, bevor ich dann schließlich in dem Meer an Scherben auf dem Boden zusammengesunken war und von Heulkrämpfen erschüttert wurde. Bittere Tränen der Reue waren in Strömen aus meinen Augen gerannen, während sich auf meiner Zunge der Geschmack der Schuld ausgebreitet hatte.

Doch das hatte ich verdient. Ich hatte es verdient, zu leiden, nachdem, was ich Valerie angetan hatte.

Ich hatte in der Nacht so gut wie gar nicht geschlafen, da ich die ganze Zeit an sie denken musste. All die schönen Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit waren hochgekommen, doch diese schimmernde Blase war zerplatzt, als mein Blick auf den leeren Platz auf ihrer Seite des Bettes gefallen war. Es waren zu dem Zeitpunkt zwar nur ein paar Stunden gewesen, dass Valerie ausgezogen war, aber trotzdem vermisste ich sie schrecklich.

Auch jetzt -am nächsten Tag- fühlte ich mich kein bisschen besser. Zudem kam, dass ich immer noch emtional total aufgewühlt von der Begegnung mit Valerie in der Mensa war.

Sie so nah, aber doch so weit entfernt vor mir zu sehen und zu wissen, dass sie mich nicht sehen wollte, stellte mein Herz auf eine schmerzhafte Zerreißprobe. Es tat so schrecklich weh, ihren Schmerz zu sehen und zu wissen, dass ich selber dafür verantwortlich war. Ich war eine schreckliche Person und ich hatte Valerie nicht verdient, aber trotzdem betete ich dafür, dass sie zu mir zurückkommen würde.

Natürlich würde ich ihr die Zeit geben, die sie brauchte, aber ich wusste jetzt schon, dass mich das Warten verrückt machen würde. Am liebsten würde ich noch heute Abend mit einem negativen Vaterschaftstest vor ihrer Tür stehen und beweisen, dass ich sie niemals betrogen hatte. Aber das waren nur Wunschszenarien, an die ich selber nichtmal glauben konnte, schließlich blockte Jacky, diese hinterhältige Fotze, es immer noch ab, einen freiwilligen Vaterschaftstest zu machen.

Zumindest hatte mein Anwalt einen Gerichtstermin in zwei Wochen erwirkt, aber selbst dauerte mir immer noch viel zu lange. Ich musste irgendetwas tun, ich musste die Dinge selber in die Hand nehmen!

Und so kam es, dass ich eine Dreiviertelstunde später vor dem Plattenbau, in dem Jacky nun wohnte, stand. Es war echt nicht wirklich schwer gewesen, herauszufinden, wo sie zur Zeit untergekommen war.

Sie lebte in einem der heruntergekommenen Randviertel von Philadelphia, in dem jedes Hochhaus sah so aussah, als wäre eine Renovierung seit zehn Jahren überfällig. Auch der kalte, graue Riese, in dem Jacky wohnte, war nicht besser. An den Wänden bröckelte bereits Putz herunter und das ganze Gebilde strahlte Kälte und Abweisung aus. Auf der Straße vor dem Haus lag Müll und man hörte aus einem Fenster wütende Schreie. Definitiv keine Umgebung, in der ein Kind aufwachsen sollte.

The American DreamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt