35. Gute und schlechte Nachrichten

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Ich hingegen blieb nun wie angewurzelt stehen und versuchte die Nachrichten zu verarbeiten, doch mein Gehirn schien durch diesem Ausnahmezustand nicht mehr in der Lage zu sein, irgendwelche rationalen Überlegungen anzustellen. Das Einzige, was ich wusste, war, dass Dylans Leben in diesem Moment am seidenen Faden hing...

Die nächsten Minuten schienen sich endlos lang hinzuziehen. Ace hatte mich in seinen Arm genommen und ich hatte mein Gesicht in seinen Hoodie gepresst. Doch es kamen keine Tränen aus meinen Augen, dafür stand ich viel zu sehr unter Schock. Ich fühlte mich wie gelähmt und würde Ace mich nicht halten, würde ich wahrscheinlich einfach umkippen.

"Sie werden Dylan retten, mach dir keine Sorgen", vernahm ich Ace Stimme leise an meinem Ohr, doch sie klang alles andere als überzeugt, sondern eher zitterig und schwach.

Wie gebannt starrten wir beide auf die geschlossene Tür, ohne zu wissen, was sich dahinter abspielte. War Dylans Lage gerade dabei sich zu stabilisieren oder verloren die Ärzte ihn gerade? Wir wussten es nicht und dieses Gefühl der Ungewissheit brachte mich beinahe um.

Dylan durfte nicht sterben, das ging einfach nicht! Er war viel zu jung dafür, er hatte sein ganzes Leben noch vor sich!

In diesem Moment wurde die Tür wieder aufgestoßen und einer der Ärzte trat heraus. Er wirkte erschöpft, aber auf seinen Lippen hatte sich ein zufriedenes Lächeln gebildet.

"Der Patient ist stabil", sagte er zu der Krankenschwester, die vor der Tür gewartete hatte und aufgepasst hatte, dass Ace und ich die Ärzte nicht störten. "Er hat die Wiederbelebungsmaßnahme gut überstanden und ist aufgewacht. Doktor Sawyer und Doktor Lester machen noch die nötigen Untersuchungen, aber es sieht gut für ihn aus."

Auch wenn diese Worte noch gar nicht für unsere Ohren bestimmt waren, sog ich sie wie eine Verdurstende in mir auf. Dylan lebte! Er lebte und er war aufgewacht!

All die Angst und Anspannung von eben fielen mit einem Mal von mir ab und ich fühlte mich, als würde ich von einer Welle der Euphorie davongerissen werden. Freundentränen rannen mir aus den Augen und ich fühlte mich, als könnte ich die ganze Welt umarmen können, so glücklich und erleichtert war ich.

"Habe ich es dir nicht gesagt, Dylan ist ein Kämpfer!", flüsterte Ace. Seine Augen glänzenten feucht und es spiegelte sich eine unfassbare Erleichterung in ihnen wieder. Dann drückte er mich noch einmal kurz an sich. Auch er schien vollkommen von seinen Emotionen überwältigt zu sein.

Jetzt kam der Arzt zu uns, durch den wir eben schon die frohe Botschaft erfahren hatten. "Wie ich sehe, haben Sie bereits mitgehört", meinte er und guckte uns durch seine runde Brille freundlich an. "Der Patient ist stabil und Doktor Sawyer wird Sie gleich informieren, ob er schon bereit dazu ist, Besuch zu empfangen. Ich wünsche Ihnen alles Gute."

Mit diesen Worten steckte er sich sein Klemmbrett unter den Arm und ging weiter. Ich blicke ihm noch kurz nach, dann richtete ich meinen verschwommen Blick wieder auf Dylans Zimmertür. Gleich würde ich ihn endlich wieder in meinen Arm nehmen können und mit ihm reden können. Denn da gab es noch so viel, worüber wir sprechen mussten...

Eine gewisse Nervosität begann sich in mein euphorisches Hochgefühl zu mischen, bei dem Gedanken daran, was für ein Gespräch mir gleich bevor stehen würde. Vor meinem inneren Auge tauchte wieder Dylans verletzter Blick auf, als er Milans und meinen Kuss gesehen hatte. Sein Herz war in diesem Moment zerbrochen und das würde sich nicht mit einer einfachen Entschuldigung flicken lassen.

Auch wenn ich nie mehr für Milan verspürte hatte, als Freundschaft, war ich unfassbar naiv gewesen, ihn überhaupt so nahe an mich heranzulassen. Somit trug ich Mitschuld an dem Kuss. Und Mitschuld an dem Unfall.

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