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Irritiert blickte ich den älteren an.
Grinsend zuckte er mit den Schultern und brachte unsere Teller in die Küche.
Was verheimlichte er mir?

"Schaust du Fußball?" kam er schließlich auf mich zu und führte uns zum Sofa.
Ich schüttelte den Kopf "Ich spiel nur manchmal FIFA mit meinem Bruder und seinen Freunden." Jetzt war er es, der mich überrascht anschaute.

"Also hast du kein Plan von der Bundesliga und so?" fragte er. Ich wusste immernoch nicht, auf was er hinaus wollte.

"Nein. Aber ich war schon mal auf einem Spiel von Köln, weil mein Bruder Fan ist" gab ich stolz von mir. Eine angewiederte Miene überzog Kai's Gesicht.

"Naja, egal. Bereit für die nackte Wahrheit?" ungeduldig nickte ich.

"Ich bin Profifußballer in der Bundesliga und Nationalmannschaft" kam es wie aus der Pistole geschossen.

Ich war auf alles vorbereitet, aber das schockierte mich nun doch ein wenig.
Meine Kinnlade klappte auf und wieder zu, während Kai mich abwartend ansah.
Und aufeinmal musste ich loslachen. Einfach weil ich damit niemals gerechnet hatte.

"Du glaubst mir nicht, oder?" Kai schaute auf den Boden.

"Nein, nein. Das ist es nicht." sagte ich sofort, als ich mich wieder beruhigt hatte.
"Ich hatte aber, um ehrlich zu sein, niemals damit gerechnet. Fußballer sind doch sonst immer so abgehoben, aber du warst mir gleich sympathisch." er ließ die Wörter sacken und auf seinem Gesicht bildete
sich ein Schmunzeln.

"Du mir übrigens auch."

Kai war aufgestanden um nach einem Film zu suchen, den wir anschauen könnten, während ich mein Handy zückte. Ich war mir noch immer nicht sicher, ob er mich nur verarschen wollte, weshalb ich seinen Namen bei Instagram eingab. Etliche Fanpages reihten sich auf, aber hinter einem Namen war ein blauer Haken platziert und tatsächlich fand ich ziemlich viele Bilder auf seinem Account.

Fußballbilder.

Er hatte nicht gelogen. Er war tatsächlich Profifußballer und vorallem bei den Mädchen heiß begehrt.

"Willst du WLAN?" erschrocken zuckte ich zusammen und warf mein Handy auf die Couch.
Kai war hinter mir aufgetaucht.

"Oh mein Gott. Erschreck mich nicht so." Meine Hand griff wieder nach meinem Handy und reichte es ihm, damit er mir das Passwort eingeben konnte.
"Ich freue mich übrigens immer über neue Follower" er gab mir das Smartphone wieder und hauchte mir diese Worte zu. Mein Gesicht lief merklich rot an und ich war mehr aks froh, dass er nicht weiter auf diese Situation einging.

"Und du bist schon mit Zehn Jahren von zu Hause weg?"
Der Film war mittlerweile zur Nebensache geworden, wir waren in ein angeregtes Gespräch verwickelt, in dem es zum Größten Teil um Kai ging. Ich war einfach ziemlich neugierig und Kai beantwortete mir jede Frage.

"Ja. Es war wirklich nicht einfach, aber der erste riesige Sprung in meiner Karriere. Meine Eltern wussten, wie viel mir am Fußballspielen lag und ließen mich ziehen, das war auch keineswegs leicht für sie. Aber jetzt stehe ich hier, spiele im Nationalteam und in der Championsleague, ich lebe den Traum, den viele nicht verwirklichen konnten." anerkennend nickte ich.

"Aber ist das nicht anstregend, jeden zweiten Tag Training zu haben und dann noch zu Auswärtsspielen zu reisen?"

Kai seufzte "Es wäre schön, wenn es nicht so wäre, aber damit muss man als Fußballer leben. Die Anforderungen sind hoch, das Training ist hart, die Plätze sind umkämpft. Alle geben ihr bestes und sogar das ist manchmal nicht genug. Jeder der auf so einem Niveau Fußball spielen möchte muss sich mit den Konsequenzen im klaren sein und das bin ich, ich würde mein letztes Hemd dafür geben, egal wie schwer es wird." Ich stützte meinen Kopf auf meinen Knien ab und schwelgte in meinen Gedanken.

"Man merkt wirklich, wie sehr du für diesen Sport brennst." flüsternd drehte ich mich zu dem braunhaarigen um.
Kai sah mich lächelnd an und nickte leicht, danach konzentrierten wir uns wieder auf den Film.
Zumindest versuchte ich es, doch ich war noch immer damit beschäftigt, zu verarbeiten, was Kai mir gerade erzählt hatte.
Ich war wirklich zutiefst beeindruckt, abgesehen von den Autos die er besaß, war er ziemlich bodenständig geblieben, vorallem Charaktermäßig.
Aber wer würde sich nicht solche Schlitten kaufen, wenn das Geld schok aus den Ohre rauskommt.
Wenn ich so viel auf meinem Sparbuch hätte, würde ich vermutlich dauernd vom einen Kaufrausch in den nächsten fallen.

"Also machen wir's so" ich hielt Kai meinen kleinen Finger hin, damit er es mir versprechen konnte.

"Abgemacht. Ich glaube, das könnte lustig werden." grinste er.

"Ich glaube auch." lachend verabschiedeten wir uns voneinander und ich wünschte Kai viel Glück, bei seinem anstehenden Bundesligaspiel.

Es war schon kurz vor Mitternacht, als ich wieder zu Hause ankam. Meine Mutter schien noch Fernseher zu schauen und auch bei meinem Bruder brannte noch Licht.
Ich hatte gehofft, dass beide schom schlafen würden, da ich keine große Lust verspürte noch mit ihnen reden zu müssen.

"Bin wieder da" rief ich ins Wohnzimmer.

"Wie war's. Hattet ihr Spaß?" Meine Mutter richtete sich auf.
Ich war mir nicht wirklich sicher, ob sie das zweideutig gemeint hatte, weshalb ich kurz auflachte und ihr dann erklärte, wie wir den Abend verbracht hatten und dass wir beide nur auf Freundschaft aus waren.

Als ich gerade weitergehen wollte fiel mir ein, dass ich sie in unseren gradiosen Plan einweihen sollte. Und sie sollte besser gleich wissen, wer Kai war, damit es keine Überraschungen geben würde.
Also setzte ich mich zu ihr und versuchte alles geschickt zu erklären.

"Also fahr ich euch am Dienstag zur Schule?" fragte sie nochmals, was ich bejahte.

"Alea?"
"Hm" murmelte ich.
"Lade den Jungen doch mal zum Essen ein." Irritiert, aber lächelnd nickte ich. "Mach ich."

Auf dem Weg in mein Zimmer schaute ich noch bei Elian vorbei. Sein Zimmer wurde nur durch das flackernde Licht seines Fernshehers erhellt, auf dem natürlich FIFA an war.
"Wo warst du?" er musterte mich, aufgrund meines Outfits.

"Bei Kai" lügen würde keinen Sinn machen, da ich sonst sowieso nie weg war.

"Uuuh" vernahm ich eine Stimme aus einer anderen Ecke des Zimmers.
Paul saß auf Elians Schreibtischstuhl mit einem Controller in der Hand.

"Hast du gefragt ob-" die letzten Worte versanken in dem Geräusch der zugeschlagenen Tür.

Ich verschwand im Bad und checkte mein Handy ab, während ich Zähne putzte.
Auf Instagram hatte ich eine Benachrichtigung bekommen, auf die ich draufklickte.

@kaihavertz29 möchte dir folgen.

Meine Stirn legte sich in Falten. Wie hatte er mich gefunden? Mein Profil war sowieso privat.
Trotzdem nahm ich ihn an und folgte ihm zurück.
Auf meinem Account gab es sowieso nicht viel zu sehen. Ein einsames Bild hatte ich gepostet. Elian hatte es erst vor einigen Wochen geknipst, man konnte nur meine Silhouette sehen, die vor dem wahnsinnig schönen Sonnenuntergang positioniert war.

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Deutschland hat gestern verloren:(
Ich konnte das Spiel leider gar nicht sehen, aber ich hoffe das nächste wird besser.

Am Mittwoch beginnt auch für mich wieder die Schule, ich denke, dass dann die folgende Woche erstmal nichts kommen wird.
Vielleicht schaffe ich heute noch ein zweites Kapitel, bin sowieso in Schreiblaune.

Dancing with a stranger -Kai Havertz Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt