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"Ich hoffe du konntest dich ein wenig erholen." Doktor Can lächelte mich bei der morgendlichen Visite seelig an.
Es war schon wieder Donnerstag und ich war seit vier Tagen zurück in meinem Krankenhaus Zimmer. Nach Viktoria kam niemand mehr nach, zumindest für den Moment nicht. Weshalb ich meine ewige Ruhe genoss. Ich war es mittlerweile gewohnt hier zu sein, Elian und ich hatten gestern sogar einige Lichterketten und Bilderrähmen aufgehängt, damit ich auch im Krankenhaus die Vorweihnachtszeit genießen konnte.

Kai war wieder voll in den Fußball eingestiegen, mit bestem Willen hatte er sich in den Kader zurück gekämpft und seine Chancen standen sehr gut, um am Samstag auf dem Platz zu stehen, bevor es in der nächsten Woche auch schon weiter in der Champions League ging. Dennoch hatte er es geschafft, mich jeden Tag besuchen zu kommen. Wir lagen einfach nur im Bett und haben unsere Zeit genossen.
Über den Zwischenfall am Wochenende hatten wir nicht mehr geredet, ich wusste nicht ob es Kai unangenehm war, aber mir hatte es zugegeben gefallen, sehr sogar.

Für das Wochenende hatten sich die Jungs, um meinen Bruder, angekündigt. Meine Mutter war auch des öfteren hier und sogar Viktoria wollte mich bald besuchen kommen. Im großen und ganzen war ich im Moment rundum glücklich. Nur, dass ich den Abschlussball vom Tanzen verpassen würde und die Weihnachtstage im Krankenhaus verbringen musste, trübten meine Lage.

"Also Alea, ich komme dann später nochmal, wenn deine Blutwerte ausgewertet wurden" nickte mir die Ärztin zu und verschwand dann aus meinem Zimmer. Mit den Infusionen lief es immer besser, ich war zwar jedes Mal auf's neue erschöpft davon, aber ich musste mich immerhin nicht mehr übergeben.

Kai hatte mir geschrieben, dass er heute nicht kommen konnte, da sein Training erst abends begann und er über den ganzen Tag noch Termine hatte.
Ich nahm ihm das nicht weiter übel und war eher froh, dass er endlich wieder alles im Griff hatte.
Doktor Can hatte von meinem kleinen Ausreißer natürlich erfahren müssen, sie war etwas sauer, weil es mir ja strikt verboten wurde, aber alleine die Tatsache, dass ich putzmunter vor ihr saß besänftigte sie ein wenig. Und die Blutergebnisse bestätigten wenig später, dass alles okay war.

Den Rest des Tages verbrachte ich mit Physiotherapie und einem späteren Uno-Duell gegen den 7-Jährigen Jeremias, der Leukämie hatte.
Ich hatte ihn im Aufenthaltszimmer sitzen sehen, mit einem Buch in der Hand, dabei konnte er noch gar nicht lesen. Aufgelöst hatte er mir erklärt, dass er sich so alleine gefühlt hatte und nicht in seinem Zimmer bleiben wollte.
Ich hatte ihm über den kahlen Kopf gestreichelt und anschließend in meine Arme gezogen. Es hatte mich ziemlich mitgenommen, andere in seinem Alter tobten ausgelassen, gingen in die Schule und er musste seine Kindheit hier verbringen. Er konnte ja nichtmal ansatzweise verstehen was mit ihm los war.
Manchmal spielte das Leben eben richtig scheiße.

Ich hatte Jeremias eine Revanche angekündigt, nachdem er zum dritten Mal gegen mich gewonnen hatte. Er war daraufhin glückselig, von einer Krankenschwester, ins Bett gebracht worden.

Bevor ich schlafen ging, schrieb ich noch mit Kai, der mir von seinem heutigen Tag erzählte, dass sein Training sehr gut verlief und er auch ein weiteres Shooting hinter sich gebracht hatte.

Die kommenden Tage verliefen ganz normal. So normal, wie es bei einer Krebskranken eben läuft. Infusionen, Physio, Bluttests. Das volle Programm. Mit Jeremias hatte ich noch einige Male meine Uno Fähigkeiten gemessen und habe immer wieder verloren, absichtlich natürlich.
Kai stand am Samstag sogar in der Startaufstellung, das Spiel hatte Leverkusen dann auch gewonnen, obwohl Kai noch nicht ganz der Alte war. Das Championsleague Spiel am Mittwoch hatte ich sogar selbst mitverfolgt. Leider ist Kai's Mannschaft rausgeflogen, doch das Team wollte gar nicht lange Trübsal blasen, sondern sich in der Bundesliga reinwerfen. Bevor die wohlverdiente Winterpause anstand. An den Wochenenden bekam ich Kai kaum noch zu Gesicht, aber er nahm sich so viel Zeit wie möglich für mich und schaffte es unter der Woche fast jeden Tag vorbei zu kommen. Nach dem Spiel am Freitag Abend hatte Kai heute frei. Er hatte schon geplant, dass wir heute den ganzen Tag miteinander verbringen werden.

So saß ich nun an der Scheibe und wartete auf ihn. Durch das große Fenster konnte ich über den kleinen Park schauen, es war nicht viel los, kein Wunder bei diesem grauen Samstag. Der Nebel hing in dicken Schwaden über der Stadt, die Kälte kroch in alle Ecken, keine Spur vom Weihnachts Wunderland. Viel zu gerne würde ich jetzt auf dem großen Weihnachtsmarkt sein, einem Glühwein trinken oder eine Bratwurst essen, aber das war mir nunmal nicht möglich.
Das Klopfen an der Tür ließ mich aus meiner Starre erwachen. Ruckartig drehte ich mich um und sah den braunhaarigen in der Tür. Er trug eine schwarze Mütze, die ihm echt gut stand.
Ich lachte auf, als ich den Grund dafür sah. "Zieh die lieber wieder auf." Seine Haare standen in alle Richtungen ab, Kai zog einen Schmollmund, bevor er mich kurz umarmte.

"Und was machen wir jetzt schönes?" fragte ich, als wir uns aufs Bett pflanzten. "Netflix?" Der Leverkusener zuckte mit den Schultern. Kurz stöhnte ich auf "Ich glaube ich habe jetzt dann bald alles durchgeschaut." Kai zeigte grinsend auf eines der Spiele auf dem Tisch. "Monopoly?" fragte ich, er nickte bestätigend. "Oh, du würdest dir wünschen, du hättest mich niemals herausgefordert." gab ich von mir, während wir das Spiel aufbauten und Kai schon damit geprahlt hatte, wie gut er doch bei Monopoly wäre.

-

"So ein scheiß." fluchte ich zum wiederholten Male. Schonwieder fand ich mich in Gefängnis wieder und Kai, der noch kein einziges Mal das Privileg hatte, ins Gefängnis zu wandern, türmte an seiner Seite die Gefängnis-Frei Karten.
Er lachte bloß selbstgefällig und sein Grinsen verbreitete sich, als er mit dem nächste Wurf genau auf der Schlossallee landete.
"Ich warne dich" keifte ich ihn böse an und schaute auf die Parkstraße, die ich gekauft hatte.

"Nehm ich" euphorisch wedelte der Fußballer mit einigen Geldscheinen in der Luft herum.
Ich schenkte ihm einen Todesblick, den er gekonnt abwies.
"Ich hasse dich" murmelte ich und musterte den Größeren, wie er sich, wie ein kleines Kind freute, als er die blaue Karte in den Händen hielt. Kai zog eine Schnute "Tust du das?" mit amüsantem Unterton hielt er mir die Würfel hin.
Ich rollte mit den Augen, gab ein Seufzen von mir und schmiss die Würfel auf das Spielbrett.
"Keine Lust mehr" nuschelte ich und stand auf.
"Alea du Spielverderber. Ich hab dich gewarnt." rief Kai mir hinterher.
Bei solchen Sachen war ich immer recht schnell angepisst, vorallem wenn es zugunsten anderer verlief.

Keine Sekunde später spürte ich einen Arm um meine Hüfte, der mich mit Schwung aufs Bett zog.
Erschrocken quietschte ich auf, landete aber weich.
Halb lag ich auf Kai's Oberkörper und unsere Köpfe waren nur noch einige Zentimeter entfernt. Schnell wand ich meinen Kopf ab und blickte auf die Wand.
"Ist das nicht mein Pulli" kam es aufeinmal von Kai, der auf den blauen Pulli deutete, der über dem Stuhl hängte.
"Möglich" grinste ich und kuschelte mich unter die Decke.
"Und ich dachte schon ich hätte den verloren" lachte der Ältere. Das angenehme vibrieren seiner Brust fühlte sich an, wie Musik in meinen Ohren.

Nach einiger Zeit war Doktor Can vorbeikommen, die Kai freundlich begrüßte. Es war Zeit für meine Infusion. Während mein Zugang neu gelegt wurde, verabschiedete sich Kai kurzerhand. Er hatte gesagt, dass er zuhause noch etwas holen müsse, aber dann wieder kommen würde.
Also blieb ich solange im Bett und wartete auf ihn.
 
-

Ich lebe auch noch.
Wow ich habe schon seit 2 Wochen nichts mehr veröffentlicht, das ist ein negativ Rekord.
Es tut mir echt leid, dass ihr solange warten musstet, aber ich war dem Schulstress total unterlegen. In den letzten 2 Wochen habe ich ganze 6 Arbeiten geschrieben und nächste Woche kommen auch noch 2, aber dann ist es geschafft.☝️

Habt ihr ein bestimmtes Lebensmotto?

Ich versuche immer nach dem Motto 'Leben und leben lassen' zu leben. Solange Leute mich leben lassen, wie ich es will, sollen andere auch so leben, wie sie es wollen.

Schönen dritten Advent noch🎄☃️

See you♡

Dancing with a stranger -Kai Havertz Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt