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Mit klopfendem Herzen drückte ich die Türe auf, die in das Treppenhaus führte. Gezielt steuerte ich auf den Aufzug zu und ließ mich dort seufzend gegen die Wand fallen. Ich versuchte mir die passenden Worte zu überlegen, doch immer wieder verwarf ich diese.
Die Zeit bis sich die Türen öffneten fühlte sich schier endlos an. Die Last die auf mir lag war kaum ertragbar. Und als der Aufzug stehen blieb war ich drauf und dran wieder umzukehren. Aber das musste ich jetzt durchstehen, ich wollte es ihm erklären, ich wollte ihn wieder als meinen Freund haben.

Vor seiner Wohnung blieb ich stehen, lauschte an der Tür, doch nichts regte sich. Schnell betätigte ich die Klingel, damit ich's mir gar nicht anders hätte überlegen können.
Wie in Zeitlupe nahm ich ein Poltern von innen wahr, hielt den Atem an. Eine Unmenge an ausgedachten Situationen spielte sich in meinem Kopf ab. Mein ganzer Körper zitterte, als sich der Schlüssel im Schloss umdrehte und die Tür aufflog.

Sekunden vergingen, bis ich Kai's Statur erkennen konnte. Schwer atmend beobachtete ich seine Gesichtszüge, die ihm Sekunde um Sekunde mehr entglitten. Seine Haare hingen strähnig in das Gesicht und unter den Augen trohnten tiefe Augenringe.
Er war erschrocken ein Stück zurück gewichen.
"Alea" hauchte er.

Ich wollte anfangen zu erzählen. Ich wollte ihm alles erzählen, aber nichtmal ein Wort fand den Weg aus meinem Mund. Vielmehr begann ich zu schluchzen, taumelte einen Schritt nach vorne und suchte halt am Türrahmen.
Die Tränen nahmen mir die Sicht, es fiel mir immer schwerer zu atmen und mein Herz schlug prägnant gegen meine Brust. Nur etwas mehr als eine Woche hatte ich Kai nicht gesehen, doch es fühlte sich an wie eine Ewigkeit und ihn so plötzlich wieder zu sehen überwältigte mich.

Ich war darauf gefasst, dass er jeden Moment die Türe zu schlagen würde, er hatte jedes Recht dazu, weshalb ich einen Schritt zurück ging. "Es tut mir leid" stotterte ich, ich war nichtmal sicher ob er es hören konnte, als ich mich im nächste Moment an die Wand nebenan sacken ließ. Die Krücken schepperten zu Boden und kraftlos rutschte ich an der Tapete hinunter.
Ein lautloses Weinen überkam mich. Ich hatte endgültig alles zerstört.  Meine Lider wurden schwer, meine Arme hingen schlaff an der Seite. Ich hätte zuhause bleiben müssen, Doktor Can sagt das nicht ohne Grund. Jetzt ist es zu spät.

"Hey-" jemand klopfte an meine Backe "Hey, Hey. Alea. Mach mir keine Angst" schrill erklang eine Stimme. Ich konnte sie nicht zuordnen. Ich hatte keine Ahnung wie viel Zeit verstrichen war. Angestrengt schaffte ich es meine Augen kurz zu öffnen. Verschwommen erkannte ich den Blondschopf, der eindeutig zu Julian gehörte.
"Alea. Gottseidank. Geht's dir gut?" besorgt musterte er mich. Benommen nickte ich, bevor meine Augen wieder zu klappten.
Wenig später spürte ich eine Hand an meinem Rücken und an den Beinen, die mich, mit einem Ruck, hoch hob.
"Was ist nur los mit euch?" hörte ich Julian murmeln, nachdem das Klingeln von Kai's Tür ertönt war.
Ich nahm nicht mehr viel wahr, doch ich hörte Kai's Stimme. Ein leises "Oh mein Gott" war ihm entwichen.

-

"Sie hat Krebs, Kai. Verdammt nochmal, sie hat Krebs-" durch lautes Gebrüllt schreckte ich nach oben. Ich lag auf Kai's Couch, eingewickelt in eine flauschige Decke. Draußen war es dunkel. Ich fühlte mich emotional kein Stück besser, aber mein Körper war ausgeruhter. Leider Gottes konnte ich mich noch genau daran erinnern, was passiert war. Und eigentlich wollte ich gar nicht mehr hier sein.

"Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, wie das hätte enden können, wenn ich verdammt nochmal nicht vorbei gekommen wäre" Julian war wütend. "Ich dachte doch sie wäre wieder gegangen" gab Kai leise von sich. Sie waren in seinem Schlafzimmer, vermutete ich.
"Du hättest doch hören müssen, wie die Krücken auf den Boden fallen, der Aufzug ankommt, irgendwas-" begann Julian "Erschreckend, wie wenig sie dir bedeutet" es war kaum eine Aussage, klang mehr nach einer Frage. Es blieb kurze Zeit still. Meine Augen brannten. Ich sollte ihnen nicht zuhören.

"Scheiße Julian, sie bedeutet mir vielleicht mehr, als sie sogar sollte und ich war einfach verletzt von allem, ich war verwirrt, als sie aufeinmal in der Tür stand. Ich habe gar nichts mehr mitbekommen.  Ich war so hilflos, ihr Zustand hat mir zugesetzt. Ich konnte nichts mehr tun" brach es aus Kai hervor.
"Fuck" schrie er, kurz darauf fiel etwas zu Boden.

Jämmerlich zog ich meine Beine an mich, versuchte meinen Atem zu kontrollieren. Nie wollte ich, dass es so außer Kontrolle gerät. Eigentlich wollte ich die Wohnung verlassen, während die beiden noch beschäftigt waren, doch mein Plan erledigte sich von selbst, als Julian plötzlich vor mir stand. Seine Augen musterten mich besorgt.
Ich konzentrierte mich jedoch gar nicht erst auf ihn, sondern reckte meinen Kopf nach oben, um Kai zu suchen. Er stand einige Meter entfernt, total verschreckt, mit aufgerissenen Augen.
"Alea-" setzte Julian an, wurde jedoch durch Kai's schneidende Stimme unterbrochen. "Hast du uns gerade zugehört?" Mein Blick richtete sich zu ihm, die Ader an seiner Stirn war hervorgetreten. "W-was?" stotterte ich.
Er schluckte "Ob du gehört hast, über was wir geredet haben" wiederholte er langsam und ließ mich dabei nicht aus den Augen. Seine Augen funkelten gefährlich.
Schließlich nickte ich leicht.
Trotzdem konnte er es sehen.
"Scheiße" flüsterte er. Mit den Händen raufte Kai sich die Haare.
Er drehte sich weg und keine Sekunde später war er verschwunden. "Fuck man" schrie er, nachdem die Tür in beachtlicher Lautstärke ins Schloss fiel.

Mein Mund klappte auf und wieder zu. Ich schluckte schwer. Hilfesuchend wandte ich mich zu Julian, der mindestens genauso perplex da saß.
"Hast du wirklich gehört, was er gesagt hat?" fragte Julian nach einer Weile, in der ich versuchte meine Gedanken zu ordnen.
"Das war doch auch unüberhörbar, so wie ihr gebrüllt habt" rutschte es mir eine Spur lauter, als gewollt heraus. Ich konnte es nicht deuten, was Kai gesagt hatte. Fühlte er mehr für mich? Konnten wir nicht mehr befreundet sein?
Mit der Zeit hatte ich mein Kopf in der Armbeuge versteckt, trocknete vereinzelte Tränen, beruhigte mich selbst und dachte nach.

"Kannst du mich fahren? Ich denke ich weiß, wo er ist" meine Gedanken waren über diesen Ort gestolpert und es musste der einzige Platz sein, wo er jetzt sein könnte.
Kai's blonder bester Freund schreckte auf.
"A-aber, sicher das du raus willst. Ich meine du-" stotterte Julian deutlich verunsichert.
"Es ist wirklich nett, dass du dir Sorgen machst, aber es geht hier gerade um etwas echt wichtiges." gab ich müde lächelnd von mir. Der Fußballer war noch immer nicht überzeugt "Wichtiger als dein Leben?" fragte er. Ich zuckte bloß mit den Schultern. Er wusste, dass ich nicht nachgeben würde, weshalb Julian aufgestanden war. "Nimmst du wenigstens die Decke mit?" seufzte er.

Wir rasten geradezu über die dunklen Straßen, die Angst, dass Kai etwas dummes anstellen könnte wurde immer größer.
Ich dirigierte Julian, mit zitterndem Körper, bis zu dem schmalen Schotter Weg.
"Da" rief er und zeigte auf den weißen Sportwagen, dessen Umrisse sich deutlich in der Dunkelheit abzeichneten.
Ein Stein fiel mir vom Herzen, als auch ich Kai's Wagen ausmachen konnte. Ich lag richtig. Er war natürlich an der Ruine.

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Ich habe keine Ahnung, wann ich es geschafft habe dieses Kapitel zu schreiben, weil ich eigentlich gar keine Zeit hatte. Aber ich hoffe euch gefällt es.💓

Es kann nie genug Drama geben. Hehe.

In diesem Sinne, schönen Abend noch.

See you♡

Dancing with a stranger -Kai Havertz Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt