125. Kapitel

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POV Luisa
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"Danke fürs Helfen. Ich hätte vermutlich sonst noch Stunden vor den Kartons gesessen".
Lukas winkt ab. "Freundschaftsdienst".
Ich blicke auf und lächle. Wir sehen uns tief in die Augen und obwohl ich es nicht will, bekomme ich eine Gänsehaut.
"Dann brauchst du mich ja nicht mehr", stellt er lächelnd fest und streicht sich verlegen durch sein Haar.
"Sag einfach Bescheid, wenn ihr noch irgendwie Hilfe braucht. Ich helfe euch wirklich gern", er steht vom Fußboden auf und klopft sich unsichtbaren Staub von der Jeans. "Danke". Ich lasse mich von Lukas auf die Füße ziehen und begleite ihn zur Wohnungstür.
"Tschüss, Luisa", sagt er sanft und dreht sich langsam zum Gehen um.
"Tschüss", sage ich und setze leise "Lukas" hinterher.

Nur wenige Sekunden, nachdem ich die Wohnungstür geschlossen habe, klingelt mein Telefon. Ich Eile zum Wohnzimmertisch und nehme den Anruf an.
"Hey", höre ich die sanfte Stimme von Frederik.
"Hey".
"Und? Ward ihr erfolgreich?".
"Was denkst du denn? Klar. Die letzten Kartons stehen gepackt im Wohnzimmer".
"Wunderbar. Umso schneller habe ich dich bei mir". Ich lächle.
"Ja, ich freu mich".
"Du weißt, dass du morgen einen Kontrolltermin hast?".
"Ja, weiß ich", sage ich lachend.
"Okay, okay", höre ich seine beschwichtigende Stimme.
"Ich wollte es ja nur noch mal sagen". "Du bist dir ganz sicher, dass du heute nicht zu mir kommst?".
Ich nicke und merke erst nach einigen Sekunden der Stille, dass Frederik mein Nicken nicht sehen konnte.
"Ja, ganz sicher. Ich will wirklich nur noch ins Bett".
"Okay, schade. Ein Versuch war es wert".
"Bis Morgen, Frederik".
"Gute Nacht, mein Schatz. Wenn was ist...".
"Melde ich mich. Ich hab dich lieb". "Ich dich auch, Luisa". Ich lege mein Handy neben mich ins Bett. Mit Frederiks Stimme in meinem Kopf finde ich schon nach wenigen Minuten in den Schlaf.

POV Frederik
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Nach einer schlaflosen einsamen Nacht stehe ich nur mühsam aus meinem Bett auf. Die ganze Nacht über bin ich immer wieder aus dem Schlaf geschreckt, habe panisch auf mein Hany geschaut, hatte Angst, dass ich einen Anruf von Luisa verpasse.

In der Klinik angekommen, erwartet mich ein Papierstapel in meinem Arztzimmer. Ich seufze. Den Papierkram habe ich die letzten zwei Tage etwas vernachlässigt, weshalb er mich nun so demonstrativ erwartet. Ich fahre den Computer hoch und fange mit den ersten Briefen an. Klick Klick Klick. In einem unregelmäßigen Rhythmus klickt die Tastatur unter meinen Fingern, dann die Computermaus. Bis Mittag begleitet mich der Papierkram. Dann klopft es gegen die Tür.
"Herein".
"Hey, Frederik. Ich habe hier eine junge Dame, die dich sprechen möchte. Hast du gerade Zeit?", fragt Steffi.
"Wer ist es denn?", frage ich und setze meine Unterschrift unter den Brief, der gerade vor mir liegt.
"Eine Frau Brandt".
"Sophie?". Ich schaue fragend hoch. Nur Steffi steht in der Tür des Arztzimmers.
"Also?", sie schaut mich abwartend an. Ich nicke schnell.
"Ja. Schick sie mir rein".
"Frau Brandt. Kommen Sie. Dr. Seehauser erwartet Sie drinnen". Schritte auf dem Flur. Kurze Zeit später steht Sophie in meinem Arztzimmer.
"Danke", sie dreht sich zu Steffi lächelnd um. Ich nicke ihr zu. Sie geht.
"Setz dich doch", ich weise mit einer Hand auf die Stühle vor meinem Schreibtisch. Sie winkt lächelnd ab. "Ich will gar nicht lange bleiben". "Frederik", fängt sie stockend an, "ich kann nur nochmal sagen, wie leid mir alles tut, aber es ändert sich natürlich nichts dadurch. Ich wünsche Dir alles Gute mit Luisa".
"Danke, Sophie". "Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich sagen soll. Ich glaube ganz fest daran, dass du deinen Weg finden wirst. Alles Gute für dich und dein Baby. Wenn was...".
Sie schüttelt mit dem Kopf.
"Nein, Frederik. Dann werde ich mich nicht melden. Das wäre nicht richtig". Ich nicke verstehend. Vermutlich hat sie Recht.
"Tschüss, Frederik".
"Tschüss, Sophie". Ich sehe, wie sich Sophie langsam umdreht, die Türklinke nach unten drückt und aus dem Arztzimmer geht. Meine erste große Liebe verschwindet mit langsamen Schritten aus meinem Leben. Ich halte sie nicht auf. Sage nichts. Sie muss gehen. Mein Blick schweift über die Uhr über der Zimmertür. 12:34. Nein, nein, nein, denke ich und springe förmlich von meinem Schreibtischstuhl auf und spurte aus meinem Arztzimmer in Richtung Internistische Station.

POV Luisa
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"Hallo, Luisa", begrüßt mich Charlotte lächelnd.
"Hallo", gebe ich lächelnd zurück. "Wie geht es dir?".
"Alles gut".
"Ja?".
Ich nicke und setze mich auf die Behandlungsliege.
"Okay, dann wollen wir mal schauen. Leg dich mal bequem hin".
Ich lasse meinen Oberkörper auf die Liege sinken und ziehe mein Shirt nach oben.
"Es wird gleich kalt, aber das kennst du ja". Charlotte drückt das Kontaktgel auf den Ultraschallkopf. Ein Klopfen an der Tür unterbricht sie in ihrer Handlung.
"Bitte?". Mit einer kurzen Handbewegung stellt sie die Flasche mit dem Kontaktgel zur Seite und schaut gespannt zur Tür.
"Frederik?", sage ich überrascht. "Hey". Er schließt schnell die Tür hinter sich.
"Ich wollte eigentlich pünktlich sein, aber es kam etwas dazwischen", er lächelt mich entschuldigend an.
"Gut, wenn wir dann jetzt vollzählig sind, würde ich anfangen", Charlotte schaut uns beide lächelnd an. Frederik nickt bestätigend und hockt sich neben die Liege, nimmt meine rechte Hand in seine. Der Ultraschallkopf fährt kalt über meine linke Seite. Ich bekomme eine Gänsehaut.
"Du hättest nicht kommen müssen. Das ist doch nur eine Kontrolluntersuchung", ich drehe meinen Kopf zu Frederik.
"Ich weiß", er schaut konzentriert auf das Ultraschallgerät, scheint abgelenkt zu sein.
"Hattest du irgendwann nochmal Schmerzen in dem Bereich?".
Ich drehe mich wieder zu Charlotte. "Nein, nichts". Sie nickt.
"Die Milz sieht gut aus. Fast wie neu", Charlotte lächelt mir aufmunternd zu. Ich nicke erleichtert, auch wenn ich mir das schon gedacht habe. Ein aller letztes Mal fährt sie mit dem Ultraschallkopf über meinen Bauch und nimmt einen Großteil des großzügig verteilten Kontaktgels mit runter.
"Hier", sie reicht mir vier Papiertücher.
Mir fällt ihr fragender Blick auf, der scheinbar Frederik gilt. Ich drehe mich zu ihm um und sehe seine verengten Augen.
"Mach das nochmal". "Was?".
"Die Sono. Mach sie noch einmal". "Frederik, was...". "Jetzt mach!". Charlotte gehorcht und sagt nichts mehr dazu. Noch immer hängt meine Hand, in der ich die Papiertücher halte, in der Luft. Ich lasse sie sinken. "Weiter runter".
Frederiks angespannte Stimme macht mir Angst. Mittlerweile steht er neben der Behandlungsliege, die Hände auf die wenigen freien Zentimeter neben mir gestützt, den Blick konzentriert auf das Ultraschallgerät gerichtet. Die wenigen Sekunden der zweiten Ultraschalluntersuchung fühlen sich an wie etliche Stunden. Das Blut rauscht geräuschvoll in meinen Ohren.
"Stopp! Da!". Frederik zeigt mit seinem Finger auf das flimmernde Ultraschallbild. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich weiß, dass irgendetwas nicht stimmt. Die Stille zwischen den wenigen gesprochenen Worten ist unerträglich. Charlotte und Frederik tauschen miteinander vielsagende Blicke aus. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Frederik fassungslos mit dem Kopf schüttelt. "Ich ruf bei den Kollegen an". "Frederik...", meine erstickte Stimme ist kaum verständlich.
"Kann mir mal jemand erklären, was los ist?", meine Verzweiflung ist nicht zu überhören.
"Wir haben eine Raumforderung an einem deiner Eierstöcke gefunden. Das müssen wir abklären lassen".
"Hi. Ich bin es, Frederik. Sag mal, hast du gerade zufällig Zeit. Ich würde dir gerne Luisa rüber schicken zur Abklärung einer Raumforderung. Ist dein Fachgebiet... Wunderbar, danke. Dann kommen wir gleich".
Er legt auf, nickt Charlotte zu, lächelt mich schmallippig an.
"Ich bring dich zu Frau Dr. Traudtner". Er nimmt mir die Papiertücher aus der Hand und streicht mir mit wenigen Handbewegungen das Gel vom Bauch. Frederik reicht mir seine Hand. Ich nehme sie und lasse mich von ihm hochziehen. Mein Shirt rutscht von selbst zurück auf seinen Platz. Gerade als ich aufstehen möchte, drehe ich mich um, weil Charlotte mich sanft am Arm fasst.
"Mach dir nicht so viele Gedanken. Das muss nicht zwingend etwas schlimmes sein, okay?". "Ich weiß", sage ich leise und stehe von der Liege auf.

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