103. Kapitel

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POV Luisa
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„Wenn du möchtest, kann ich dir Lukas für das Arztgespräch vorbei schicken", er steht langsam auf und streicht unsichtbare Falten von seinem Kittel.
„Nein", ich schüttle langsam mit dem Kopf, „ich denke, dass das keine gute Idee ist".
Er nickt. „Verstehe". Dann verschwindet er wie so oft am Tag hinter der weißen Zimmertür und lässt mich mit der quälenden Stille alleine.

Nach dem Mittagessen klopft es an meine Tür. "Ja?". Herein kommt ein mir unbekannter Arzt. Sein Kittel weht spielend um seine Beine während er wenige Schritte auf mein Bett zu kommt.
"Hallo, Frau Schmidt", begrüßt er mich freundlich mit einem Lächeln und reicht mir seine Hand.
"Hallo".
"Wäre es für Sie in Ordnung, wenn wir für ihr Abschlussgespräch in mein Arztzimmer gehen?".
"Natürlich", ich schlage die Decke von mir und schlüpfe in meine Hausschuhe, die ordentlich vor meinem Bett stehen.
Ich stütze mich mit meinen Händen auf der Matratze ab und komme schwerfällig auf die Beine. "Entschuldigung", sage ich als ich leicht schwanke und mich reflexartig am Arm des Arztes festhalte. Das Bild vor meinen Augen kommt schwankend ins Gleichgewicht.
"Das ist der Kreislauf. Ich war schon etwas länger nicht mehr so richtig auf den Beinen".
"Sie brauchen sich nicht dafür entschuldigen. Das ist vollkommen normal", versucht der Arzt meinen Schwindel wieder ins Lot zu bringen. Ich nicke langsam.
"Okay. Schaffen Sie das über den Flur in mein Arztzimmer?".
Wieder nicke ich zur Antwort.
"Ich habe schon andere Sachen überstanden. Da wäre es doch gelacht, wenn ich nicht die paar Schritte über den Flur laufen könnte", ich lache, weiß aber selbst nicht, woher es kommt.
"Ich wollte damit nur...".
Ich unterbreche ihn.
"Es ist in Ordnung. Danke. Ich schaffe es in ihr Arztzimmer. Sonst sage ich Bescheid".
"Okay", er nickt, "dann los".
Ich nehme meine Hand von seinem Arm und setze langsam einen Fuß vor den anderen. So laufen wir über den langen Flur zu seinem Arztzimmer. Ich werde durch die Tür gelotst und nehme wenige Sekunden gegenüber des Arztes Platz.

"Frau Schmidt, wie geht es ihnen?". "Besser, denke ich", antworte ich zögerlich, während die letzten Tage vor meinem inneren Auge Revue passieren. Noch einmal spüre ich die umschlingende Enge in meiner Brust. "Fühlen sie sich soweit in der Lage, dass wir sie zurück nach Hause entlassen können?".
"Ich hatte nicht vor in nächster Zeit zurück zu kommen".
Er blickt mich herausfordernd an. "Ich bin bereit wieder nach Hause zu gehen", gebe ich ihm seine erwartete Antwort. Der Arzt, kaum älter als ich, nickt. Ich sehe, wie es ihn anstrengt nicht den Faden zu verlieren, wie unangenehm ihm unser Gespräch ist. "Ich würde gerne noch einen Kollegen dazu ziehen".
"Wozu?".
"Frau Schmidt...".
"Ich werde ihm genau das Gleiche sagen, was ich auch ihnen gesagt habe". Er fährt sich nervös mit der Handfläche über das Gesicht und atmet hörbar aus.
"Ich möchte nach Hause. Ich habe schon genug Tage hier verbracht, ohne meine Pflicht erfüllen zu können. Lassen Sie mich bitte gehen". "Sie brauchen Hilfe. Eine Psychologin könnte...".
"Meine Psychologin hat mich gestern wie eine Furie angeschrien und behauptet, dass ich mich umbringen wollte. Es tut mir Leid, aber ich habe momentan genug von aberklugen Gesprächen".
"Verstehe". Ganz langsam schließt er die Akte vor sich, als würde ihm gegenüber ein gefährliches Raubtier sitzen.
"Gut Frau Schmidt. Ich würde sagen, wir belassen es hierbei. Sie wollen nach Hause und sie würden alles dafür tun. Also hat meine Arbeit hier keinen Sinn. Ich wünsche ihnen alles Gute". Ich stehe von meinem Stuhl auf, reiche dem jungen Arzt die Hand zum Abschied.
"Vielen Dank. Auf Wiedersehen".
"Auf Wiedersehen, Frau Schmidt".
Ich drücke die Klinke herunter, verlasse mit bedachten Schritten das Arztzimmer und schließe langsam die Tür hinter mir.

Meine Füße bringen mich nicht zurück in mein Zimmer, sondern Richtung Park.

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