Der schönste Tag

19 3 0
                                    

Anne

Schwebend vor Glück folge ich Mary durch den wilden Westen zur Achterbahn. Alles hier ist so mühsam und detailtreu gestaltet, ich kann mich gar nicht satt sehen. Selbst wenn man in der Schlange steht wird einem nicht langweilig, auf dem Weg zu dieser Achterbahn zum Beispiel läuft man durch sorgsam nachgebaute Bauernhäuschen im amerikanischen Stil des 19. Jahrhunderts.

Nicht, dass mir überhaupt langweilig werden könnte, in Disneyland und Marys Seite. Ich strahle sie zum bestimmt tausendsten Mal heute überglücklich an. Sie sieht so hübsch aus, mit dem zarten Diadem unter dem ihre goldenen Locken hervor fließen. 

Ich habe die Frisur, die sie sich heute morgen geflochten hat, vorhin beim Anstehen für das Spukhaus aufgemacht, das war meine Bedingung, damit ich mit ihr reingehe. Ich weiß nur zu gut, wie nervig lange Haare sein können, aber sie sind einfach so wunderschön und hier in Disneyland muss sie sie einfach offen tragen, so als echte Prinzessin. Wenn ich ebenso gut flechten könnte wie sie, wäre das etwas anderes, die Flechtfrisur, die sie mir verpasst hat, ist wirklich edel und perfekt dazu geeignet, von einem Diadem abgerundet zu werden, was natürlich ihre Absicht war.

Sie hatte bei ihrem ersten Besuch die echten Diademe erst entdeckt, als sie sich schon eine der Plastikkronen aus den Souvenirshops in der Einkaufsstraße gekauft hatte, und sich fest vorgenommen, das diesmal auszugleichen. Also tragen wir jetzt beide wunderhübsche Diademe, die zudem sogar noch wirklich erschwinglich waren. Ich glaube, ich möchte meins nie wieder absetzten. Und definitiv damit heiraten, ist mir völlig egal, wie kitschig das ist, bei meiner Hochzeit möchte ich eine Prinzessin sein, so wie heute.

Mary hätte mir kein besseres Geschenk machen können, es ist nur viel zu gut, das hier wird niemals irgendjemand toppen können. Einen Tag als Prinzessin an Marys Hand durch Disneyland zu laufen ist besser als jeder wahr gewordene Tagtraum. Selbst im Spukhaus hatte ich Spaß, es ist ja für Kinder und den leichten Grusel, den ich verspürte, machte Mary alle mal wieder wett, indem sie ihren Arm fest um meine Hüfte schlang. In meinen neuen Stiefeln, die ich einfach kaufen musste, nachdem ich sie anprobiert und von Mary ein riesiges Kompliment bekommen hatte, als wir vor zwei Wochen shoppen waren, bin ich fast so groß wie sie. 

Ich muss schon sagen, es ist sehr angenehm, mal mit jemandem herum zu laufen, der nicht eigentlich viel zu groß zum Händchen halten oder Arm um die Hüfte legen ist. Mit Mary geht es sonst auch schon besser als mit Lasse, der einfach riesig ist, aber so ist es perfekt.

***

Wir sind jetzt fast an der Reihe und mein Herz klopft ein bisschen schneller beim Gedanken an die Fahrt, ich bin noch nie Achterbahn gefahren.

Ich drehe mich zu Mary, lehne mich dicht an sie und flüstere ihr ins Ohr, dass ich ein bisschen Angst habe. Dabei hilft mir eigentlich schon der Körperkontakt, den ich dabei aufbaue. Mary legt beide Arme um mich und zieht mich an sich. „ Keine Sorge Prinzessin, uns passiert schon nichts, das wird toll." Es kribbelt in meinem Bauch und ich bin mir nicht ganz sicher, ob das daran liegt, dass wir jetzt als nächstes an der Reihe sind, oder weil sie mich grade so liebevoll Prinzessin genannt hat.

Ich drücke mich an sie und bin fast enttäuscht, als sie mich gleich wieder loslässt, doch wir müssen in den Wagen einsteigen und ihr aufmunterndes Lächeln und zärtlicher Händedruck entschädigen mich.

„Ehrlich, ich dachte früher auch, dass ich keine Achterbahnen mag, aber die sind richtig cool, danach wirst du immer wieder fahren wollen."

Ich antworte nicht, da sich in diesem Moment die Bügel schließen. Ich kralle mich vorsorglich schon mal daran fest und mein sowieso schon sehr besorgtes Gesicht erstarrt vollends, als ein Mitarbeiter auch noch rumgeht und an jedem Bügel ruckelt, um zu testen, ob er auch fest sitzt.

Und dann kamst duWo Geschichten leben. Entdecke jetzt