Kapitel 30 || Termin

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Vielleicht hätte ich zufrieden sein sollen, ich hatte mich meinem Vater gestellt und gesiegt. Doch ich war es nicht. Zum Einen nagte das Schulbewusstsein an meinem Inneren, wie ein Bieber an einem hölzernen Pfahl, zum Anderen war meine größte Sehnsucht immer noch vorhanden. Oft war ich bei meinem Pferd, machte mit ihm Ausritte oder saß lesend in seiner Box. 

An jenem Tag wurde mir dies jedoch verweigert. Wie jeden Morgen wurde ich von meiner Blondhaarigen Zofe geweckt. Sie zog mir die Bettdecke weg und säuselte, dass ich heute nicht ausreiten könnte, da ich einen Termin habe.  

Seufzend schickte ich die Frau aus meinen Gemächern und begann mich für den kommenden Tag fertig zu machen. Ich hatte keine Lust auf diesen Termin, allerdings würde ich Probleme bekommen, würde ich mich nicht blicken lassen. 

Ich begab mich in den Speisesaal, um das üppige Frühstück in mich hinein zu schaufeln, ohne irgendein Gefühl der Zufriedenheit zu erlangen. Tief in meinem Inneren misste ich das einfache Essen auf dem Land. Es hatte eine Art Verbundenheit zwischen mir und dem Volk geschaffen, eine Sache, die ich noch nie verspürt hatte. 

Während mein Bruder, sein Gemahl und die Königen ausgelassen tratschten, sagte weder Vater noch ich ein Wort. Meine Stille wunderte keinen, ich war seit meiner Ankunft nicht sehr gesprächig. Annabella von Coryia versuchte mehrmals ihren Mann in das Gespräch zu involvieren, doch er wies sie jedes mal erneut mit harschen Worten ab. 

Lange hielt ich es nicht zwischen all diesen fröhlichen Menschen, die sich als meine Familie betitelten, aus. Ich stand auf und lief in meine Räumlichkeiten, in denen ich Silviana vorfand. Diese erkundigte sich mit einem zuckersüßen Lächeln, warum ich nicht in den Zimmern meiner Mutter sei. Genervt zog ich die Schultern hoch. "Vielleicht hättest du mir sagen sollen, wer mich sprechen will." "Oh, Verzeihung, soll ich Sie hin geleiten?" "Nein danke,", lehnte ich ab, "ich denke, ich finde den weg alleine." Die Blondine nickte nur und widmete sich erneut dem Putzen. 

Seufzend ging ich wieder und machte mich daran das halbe Schloss zu durchqueren. Ich klopfte an die Tür, woraufhin eine der Zofen meiner Mutter, eine schlanke, blauäugige Frau, mir diese öffnete. Die Schwarzhaarige schenkte mir ein kleines Lächeln, dann trat sie mit einem Knicks zur Seite und ließ mich herein. 

Zögerlich nahm ich auf einem der drei großen Mahagoni Sessel platz und wartete auf die Ankunft der Königin. Mit einem traurigen Lächeln betrachtete ich die Gemälde, die ordentlich auf ihrem Schreibtisch aneinander gestellt worden waren. Sie alle waren vor der Hecke, vor Manuels Fluch, entstanden. Das Erste zeigte mich und das Königspaar. Ich war noch sehr jung, Maurice noch nicht geboren. Meine Mutter hielt mich in den Armen, Vater blickte sanft auf uns runter, seine Hand ruhte auf Annabelles Schulter. Lächeln tat er nie, ein König musste stärke zeigen und das tat man nicht, in dem man Lachte. Auf dem Zweiten war ich älter, um die sechs Jahre und stand aufrecht und stolz neben meinem Vater. Man sah ihm die vergangenen Jahre deutlich an. Sein braunes Haar war bereits grau meliert und ein paar Falten zierten seine Stirn. Die Königin hielt die Hand meines Bruders, zu diesem Zeitpunkt musste er um die drei Jahre gewesen sein. Seine blonden Locken fielen ihm wild in das Gesicht, so sehr die Zofen es auch versuchten, es war nicht zu bändigen. Die braunen Augen unserer Mutter funkelten glücklich, ihre goldenen Locken trug sie in einer eleganten Hochsteck-Frisur.

Ein leises Quietschen durchschnitt die Stille. Ich drehte meinen Kopf und sah die selbe Frau, um vierzehn Jahre gealtert, hinein treten.

Des Hexers Herz ° KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt