Ich legte alle meine Studien und Briefe bei Seite und widmete meine ganze Zeit Grace. Sie lernte jeden Tag neue Dinge und mir graute davor, welche Prozesse ich verpassen werde. Grace winkte vom Schiff zu mir herunter und ich erwiderte stockend ihren Gruß. Ich gab mir Mühe, mir jedes Details ihres Gesichtes einzuprägen, aber sie verschwand bereits nach wenigen Augenblicken im Inneren des Schiffes. Zum Glück konnte sie das Ganze als Abenteuer wahrnehmen.
Liebevoll strich ich über meinen Bauch. Wahrscheinlich wird sie zwei neue Geschwisterchen haben, wenn sie nachhause kam. Der Arzt führte gestern eine seiner Routineuntersuchungen durch und berichtete mir, dass er zwei Herzen schlagen hörte. Ich konnte nicht glaube, dass zwei kleine, wundervolle Geschöpfe die Hölle in Malheur überlebt haben. Aber wir haben es alle drei geschafft. Deshalb werden wir auch die nächsten Monate ohne Paget durchstehen.
Ich erblickte ihm am anderen Ende des Schiffes und ging zögerlich auf ihn zu. Er ließ seinen Blick über das Schloss und den Beginn der Gärten schweifen. Dieser Anblick raubte mir selbst noch nach mehr als einem Jahr den Atem. „Verabschiedest du dich?", fragte ich und Paget zog mich näher zu sich. Die Flagge unserer Familie wehte am Fahnenmast hin und her. Ich spürte ihn tief durchatmen. Er verabschiedete sich gerade nicht ausschließlich von seinem Zuhause. „Ich wünschte, ich hätte dich glücklich machen können" – „Das hast du, gelegentlich" Ich spürte seine Brust unter seinem Lachen beben. Vielleicht war es gerade das, dass unsere Ehe gerade brauchte. Eine lange Pause.
„Kannst du mir ein letztes Geschenk machen?", fragte er und ich hob verwundert den Kopf. Ich nickte. Gott, ich habe diesem Mann mein Herz geschenkt und er hat es nach und nach auseinandergenommen. „Schenk mir deine Tränen", forderte er, und ich war versucht aufzulachen. Doch sein ernster Gesichtsausdruck hielt mich davon ab. „Ich möchte, dass du glücklich wirst, Lavinia" – „Du wirst nicht zurückkommen" Ich vergrub meinen Kopf an seiner Brust. Er berührte mich nicht. Mein Mann hatte mich losgelassen, während ich meine ganze Hoffnungen auf ihn gestützt hatte. „Ich wäre dir selbst in die Hölle gefolgt" – „Du bist mir in die Hölle gefolgt und ich bete für dich, dass du wieder hinausfindest" Er starrte auf meine Lippen. Seine Hände, die sich plötzlich an meine Wangen schmiegten. In dieses Gefühl hatte ich mich verliebt. Beschützt von ihm zu sein.
„Seit ich dich das erste Mal gesehen habe, bin ich dir verfallen. Aber dieses Leben ist nichts für mich" – „Du wirst also in ein fremdes Land gehen. Mit Grace und ein neues Mädchen finden?" Ich schaffte es gerade noch, dass meine Stimme nicht brach. Wie konnte ich diesen Mann bloß je lieben? Wie hatte ich je einem Wort vertrauen geschenkt, dass aus seinem Mund kam? „Ich werde Kenneth jagen", zischte er und hob mein Kinn an. „Und wissen, dass ich dir damit den Thron rette", gestand er und ließ mich Kinn los. Es tat so weh. Nicht der Thron brauchte gerettet zu werden, sondern mein Herz.
„Du wirst jetzt diesen Hügel hinaufgehen und wenn du oben bist und dich umdrehst, werde ich immer noch hier stehen. Als ein kleiner Punkt. Genau als dieser Punkt werde ich hier in deinem Herzen bleiben. Erzähl den Prinzen, ich sei gestorben bei dem Versuch Kenneth zu ermorden oder eine andere Geschichte die mich heldenhafter erscheinen lässt, als ich es jemals sein werde. Ich liebe dich, Darling", flüsterte er und strich mir eine Strähne hinter mein Ohr, „daran sollst du jedes Mal denken, wenn du unsere Kinder ansiehst" Ich schmiegte mich an ihn, unfähig etwas zu sagen. Seit dem Tag, als er durch die Tür in Lord Hawkins Anwesen gekommen ist, hatte ich meine Zukunft auf ihn gebaut. Das wusste er und trotzdem schaffte er es nicht, bei mir zu bleiben. Ich trat langsam einen Schritt zurück.
„Geh, Lavinia, und finde endlich das Glück, dass du verdient hast"
Ich drehte mich um, ohne ihn noch einmal anzusehen. Er hatte es nicht verdient zu wissen, dass ich zwei seiner Kinder unter dem Herzen trug. Meine Schritte wurden immer schneller und ich versuchte gegen das Schluchzen das in mir aufstieg anzukämpfen.
Was bei Gott sollte ich jetzt tun?
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Erzherzogin Lavinia - das Mädchen unter vielen
Historical Fiction»Lavinia. Ich ließ genauestens überwachen, ob du den Strapazen einer Geburt gewachsen sein würdest. Dieser Entschluss war lange diskutiert worden« versuchte Paget sich heraus zureden. Mein Mann hatte also von Beginn an nicht geglaubt, dass ich seine...