„Aufstehen, Mylady.", weckte mich eine fröhliche Stimme.
Ich wollte nicht aufstehen. Ich wollte nicht am Königshof sein. Ich wollte nach Hause. Aggressiv brummend vergrub ich meinen Kopf in einem Kissen.
„Mylady." Die Stimme wechselte zu vorwurfsvoll. „In einer dreiviertel Stunde gibt es Frühstück. König Aran würde es nicht gutheißen, wenn Sie gleich am ersten Tag zu spät sind."
Ich zwang mich, meine Augen zu öffnen. Am Fußende meines Bettes stand eine braunhaarige Frau mit heller Haut. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt.
„Sie sprechen die Sprache des Zweiten Königreichs.", murmelte ich verschlafen.
„Ja, ich bin eine Begleiterin König Ians. Und duzen Sie mich, Mylady. Ich bin Amber."
„Nur, wenn du mich auch duzt. Kaylie.", stellte ich mich vor.
„Sehr schön, Kaylie. Und jetzt steh auf. Wir sind spät dran." Ihre Augen funkelten vergnügt.
Ich wälzte mich aus dem Bett und tat wie geheißen. Amber half mir in ein dunkelblaues Kleid, das meine Figur betonte. Danach machte sie sich an meinen Haaren zu schaffen, die sie in binnen kürzester Zeit zu einer komplizierten, halboffenen Flechtfrisur geflochten hatte. Sie wählte dezente Lidschattentöne, die meine Augen besser zur Geltung brachten. Währenddessen redete sie ununterbrochen. Über die Reise, das Wetter, Eduras, Musik, einige Kleider, die Bedienstete hier und vieles mehr.
„Ich will mich ja nicht selbst loben, aber ich denke, ich habe mich mal wieder selbst übertroffen." Sie lachte und strich mit ihren Fingern durch meine Haare.
„Ja, das hast du.", bestätigte ich.
„Du solltest dich beeilen. In zehn Minuten müssen wir im Speisesaal sein.", drängte mich Amber und zog den Stuhl zurück, damit ich aufstehen konnte.
Ich eilte mit gesenktem Kopf dem Boten hinterher, der mich bereits gestern zu Aran gebracht hatte. An einer großen, schweren, hölzernen Tür angekommen, klopfte er, dann ließ er mich eintreten.
Ich hob meinen Kopf ein wenig, den Blick weiterhin gesenkt. Die Fliesen glänzten und waren in schwarz-weiß Tönen gehalten. Ich erkannte, dass Aran, ich und ein weiterer Mann die einzigen Personen hier im Raum waren. Aran saß links neben dem Kopfende, der andere Mann rechts davon. Urplötzlich überkam mich Angst. Ich hatte nie das Verhalten am Hof gelernt. Ich wusste nicht, wie ich mich zu verhalten hatte. Was war, wenn ich einen von beiden versehentlich mit der Art, mein Besteck zu halten, beleidigte?
Ich neigte meinen Kopf erst vor Aran, dann vor dem anderen Mann, bei dem es sich höchstwahrscheinlich um König Ian handelte.
Aran bedeutete mir mit einer Handbewegung, auf dem Stuhl am Kopfende Platz zu nehmen. Ich wollte seiner Aufforderung schon Folge leisten, als unerwartet Ian aufstand und mir den Stuhl zurückzog. Mit einem Lächeln nickte er mir zu.
Als ich merkte, dass meine Hände zitterten, verschränkte ich sie ineinander und setzte mich. Ian schob den Stuhl nach vorne und setzte sich wieder hin.
„Danke, eure Majestät.", flüsterte ich. Da ich nicht wusste, welche Anrede ich verwenden sollte, nahm ich die gleiche, wie der Bote gestern.
„Bitte lass die Anrede weg. Da fühle ich mich nicht so wohl.", erwiderte König Ian schmunzelnd. „Wie geht es dir?"
Ich hielt überrascht die Luft an. Seine erste Frage galt nicht König Aran.
„Was sagt er?", wollte Aran wissen.
„Er bedankt sich bei Ihnen für Eure Gastfreundschaft.", log ich.
„Sag ihm, dass ich hoffe, dass er eine angenehme Reise hatte." Aran lehnte sich zurück.
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Das Zweite Königreich - Kaylie
FantasíaAlle Rechte der Geschichte liegen bei mir Das Titelbild und alle weiteren eventuellen Bilder sind lizenzfreie Bilder aus Pexels/Pixabay -------- Einige Teile von Traditionen, den Leben am Königshof usw. habe ich geändert, weil es mir anders besser g...