Als ich in dem Kreis aus ordentlich gezeichneten Symbolen in einem der unterirdischen Räume stand, wurde ich doch wieder nervös. Ich sah mich um. Es war kühl, aber die steinernen Wände waren trocken und nicht mit Moos bewachsen. An der rechten Wand hingen mehrere große Spiegel, an der rechten Seite befanden sich Kerzen.
„Ich würde sagen, wir können anfangen." Verion schlug ein Buch auf, dessen Titel in einer mir unbekannten Sprache geschrieben war. Sein konzentrierter Blick dabei erinnerte mich mal wieder daran, dass unter dem scheinbar leichtsinnigen und humorvollen Äußeren auch ein unglaublich intelligenter und ernsthafter Mann steckte.
Ich atmete tief durch und nickte Ian zu. Er krümmte kaum merklich seine Finger. Im nächsten Moment erhob sich ein rotierender Kreis aus Flammen in Sicherheitsabstand um mich und die von Verion gezeichneten Symbole auf dem Boden, in dessen Mitte ich stand. Direkt unter mir war wahrscheinlich dieses „Primärsymbol" gezeichnet, von dem Verion am Vortag gesprochen hatte.
Er fing an, in einer uralten Sprache zu reden. Schon nach wenigen Sekunden fing die Tätowierung auf meinem Rücken zu brennen und jucken an. Es war nicht schmerzhaft, aber recht unangenehm.
Doch irgendwann find mein Körper an, sich ohne mein Zutun zu bewegen. Ich zuckte in einer nicht natürlichen Schnelligkeit, dass meine Bewegungen schon fast zu einem Nebel verschwammen. Im nächsten Moment wurde mein Rücken extrem durchgedrückt, sodass ich auf die Knie fiel. Währenddessen psalmodierte Verion mit unaufhörlich gleichbleibender Stimme weiter.
Ich zuckte wieder. Ich gab den nicht meinem Willen entspringenden Bewegungen einfach nach. Stürme fingen an, in jeder einzelnen meiner Zellen zu pulsieren, bis ich das Gefühl hatte, gleich zu zerspringen. Die Symbole auf meinem Rücken schienen sich förmlich in mich hineinzubrennen. Ich krümmte mich eng nach vorne. Der Druck in mir steigerte sich weiter und weiter, trieb mich fast in den Wahnsinn, bis ich mich ruckartig aufrichtete und türkiser und lila Nebel explosionsartig aus mir hervorschossen. Wie Schlangen aus Nebel glitt er innerhalb des Feuerkreises um mich herum. Ich warf einen Blick in den Spiegel und erkannte, dass mein rechtes Auge lila und mein linkes Auge türkis war. Dann übernahm wieder diese fremde Macht meinen Körper. Der Nebel verschwand innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde wieder in mir, die Kraft der Fesseln an meinem Rücken zersprang und ich brach erschöpft zusammen. Ich blieb so auf dem Boden liegen, wie ich aufgekommen war. Aber diese Farben, es war unglaublich schön gewesen.
Die Flammen erstarben und Ian kniete sich neben mich. Er nahm meinen Oberkörper und legte ihn auf seinem Schoß ab. Unsere Hände verschränkten sich wie von selbst ineinander.
„Ist alles gut?", fragte er.
Ich brachte ein Nicken zustande. „Müde. Ansonsten ja." Ich entspannte mich und lehnte meinen Kopf in seine Ellenbeuge.
Verion schien ein Licht aufzugehen. „Ihr...ihr empfindet füreinander." Fassungslos starrte er uns an. „Gütiger Gott, wisst ihr, was das bedeutet?"
„Ja, ich weiß es. Du musst mich nicht darauf hinweisen." Ians Stimme klang warm, aber bestimmend.
„Wir reden darüber ein anderes Mal." Er schüttelte den Kopf. „Zuerst einmal sollte geklärt werden, warum sie die Schattenaugen von Ceria und Sirion hat."
„Ist das nicht normal?", fragte ich schwach.
„Nein. Die Kinder erben die Fähigkeiten des Vaters. Dementsprechend zeigen sich auch nur die Schattenaugen des Hofs des Vaters.", erklärte Ian.
„Ich weiß es nicht.", murmelte ich. „Aber irgendwie fühlt sich das gerade nicht wichtig an." Schläfrig kippte ich meinen Kopf zur Seite.
„Lass dir was einfallen." Diese Worte Verions waren wieder an Ian gewandt. „Wir sehen uns." Damit ging er.
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Das Zweite Königreich - Kaylie
FantasyAlle Rechte der Geschichte liegen bei mir Das Titelbild und alle weiteren eventuellen Bilder sind lizenzfreie Bilder aus Pexels/Pixabay -------- Einige Teile von Traditionen, den Leben am Königshof usw. habe ich geändert, weil es mir anders besser g...